TPI-Outsourcing-Index

Schwacher Outsourcing-Markt in Deutschland

30.10.2012 von Werner Kurzlechner
In Deutschland gab es im bisherigen Jahresverlauf ein Minus von 40 Prozent bei BPO und IT-Outsourcing. Das ist europaweit der schlechteste Wert.

Insbesondere in Deutschland kommt der Outsourcing-Markt in diesem Jahr nicht in die Gänge. Während anderswo ein regelrechter Outsourcing-Boom eingesetzt hat, drückt insgesamt die Region EMEA die Werte nach unten. Welt- und europaweit hat vor allen Dingen das Business Process Outsourcing (BPO) Fahrt aufgenommen. Für das IT-Outsourcing gilt das nicht unbedingt, partiell ist eher das Gegenteil der Fall. So lässt sich der Global TPI Index zusammenfassen und interpretieren, den das US-Beratungshaus Information Services Group (ISG) jetzt für das dritte Quartal aktualisiert hat.

Die britischen Inseln top, Deutschland flop: So entwickelt sich in diesem Jahr der Outsourcing-Markt im EMEA-Vergleich.
Foto: ISG

Seit über einem Jahrzehnt ist der seit Jahresbeginn unter dem ISG-Dach firmierende TPI-Index eine der verlässlichsten Auswertungen zum weltweiten Outsourcing-Markt. Doch so renommiert die Studie auch ist, so wirft sie stets in besonderem Maße Probleme auf. Erfasst werden möglichst alle größeren Deals mit einem bestimmten Vertragsvolumen. Die Schwierigkeit bei der Interpretation der Ergebnisse liegt in den sprunghaften Bewegungen, die Outsourcing-Deals von anderen Märkten unterscheidet. Es schleichen sich schnell Verzerrungen ein – je nachdem, ob gerade ein besonders hoch dotierter Mega-Deal unterzeichnet wurde oder nicht.

Wer den TPI-Index seit längerem verfolgt, muss wissen, dass ISG auf das Problem jetzt mit einer methodischen Umstellung reagiert hat. Primär herangezogen wird jetzt nicht mehr der Gesamtvertragswert (Total Contract Value=TCV), sondern der jährliche Vertragswert (Annual Contract Value=ACV). Auf diese Weise werden die zum Teil sagenhaften Sprünge von Quartal zu Quartal etwas geglättet.

Traditionell schlechtestes Quartal

Die Problematik lässt sich gut am weltweiten Outsourcing-Gesamtmarkt im dritten Quartal festmachen. Global sorgten 187 Abschlüsse für einen ACV von 3,8 Milliarden Euro alleine für den Zeitraum von Juli bis September. Im Vergleich zum zweiten Quartal des Jahres ist das ein Minus von 10 Prozent. Allerdings ist laut ISG das dritte Vierteljahr traditionell jenes mit den wenigsten Abschlüssen, so dass dieser Wert eigentlich besser ist, als es zunächst erscheint. Sie 2003 gab es lediglich in einem dritten Quartal ein höheres ACV-Volumen.

Nämlich im vergangenen Jahr mit 4,1 Milliarden Euro. Deshalb konstatiert ISG im Vergleich mit dem Vorjahreszeitraum ein weiteres Minus von 6 Prozent. Allerdings muss man diesen Befund sogleich relativieren. Ins Jahr 2011 fiel nämlich der Mega-Deal zwischen Atos und Siemens. Nähme man diesen aus der Wertung, wäre das gerade zu Ende gegangene Vierteljahr ein Rekordquartal für die Sommerperiode - mit einem Plus von 18 Prozent.

Tiefstwert bei den Abschlüssen

Dabei ist die Zahl der Abschlüsse die geringste in den vergangenen vier Jahren. Es gibt also weniger Vertragsabschlüsse, dafür haben diese ein relativ hohes Durchschnittsvolumen. Die insgesamt positive Entwicklung des weltweiten Outsourcing-Marktes wird noch anschaulicher, wenn man auf das ACV für die ersten neun Monate des Jahres schaut. Mit 11,88 Milliarden Euro ACV ist laut ISG hier ein Plus von 3,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen. Der Wert liegt in etwa auf dem Niveau des Rekordjahres 2010.

„Diese Ergebnisse bestätigen unsere Erwartung, dass in der zweiten Hälfte von 2012 gegenüber dem ersten Halbjahr eine Verbesserung eintritt“, sagt ISG-Analyst John Keppel. „Der Weltmarkt gewinnt in den Schlüsselsegmenten weiter an Momentum.“

Asien boomt

Offensichtlich ist dabei, woher die Dynamik kommt. Im regionalen Vergleich vor allem aus den neuen Märkten. In Asien-Pazifik gab es im laufenden Jahr bisher einen Anstieg um sagenhafte 72 Prozent auf einen ACV von 1,9 Milliarden Euro. Während es in Amerika für die ersten neun Monate immerhin noch ein Plus von 2 Prozent zu verbuchen gibt, erweisen sich Europa, der Nahe Osten und Afrika als Wachstumsbremse.

Bisher 5,5 Milliarden Euro sind 8 Prozent weniger als in den ersten neun Monaten 2011. Immerhin gab es im Quartalsvergleich mit dem zweiten Vierteljahr im Sommer einen Aufwärtstrend von 14 Prozent. Der ACV für das dritte Quartal lag in EMEA laut TPI-Index bei 2 Milliarden Euro.

Neben China, Indien und Südostasien ist BPO der zweite Träger des globalen Booms. Ein ACV von 4,5 Milliarden Euro im laufenden Jahr bedeutet zugleich einen Zuwachs von 17 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2011. Das weltweite IT-Outsourcing schrumpfte demgegenüber um 3 Prozent auf ein ACV von 7,3 Milliarden Euro zwischen Januar und September. Ein Minus kennzeichnet auch den Quartalsvergleich mit dem Vorjahr; immerhin gab es beim globalen IT-Outsourcing gegenüber dem zweiten Quartal des Jahres ein Wachstum von 8 Prozent.

Minus 40 Prozent in Deutschland

IT-Outsourcing und EMEA ist vor diesem Hintergrund zwangsläufig keine ideale Verbindung. Im laufenden Jahr liegt hier der ACV etwas über 3 Milliarden Euro. In den vergangenen fünf Jahren war das Niveau nur 2009 ähnlich niedrig und befindet sich nur unwesentlich über den Tiefstwerten aus den Jahren 2006 und 2007. Im Vergleich mit dem Vorjahr ist der ACV für die ersten neun Monate um ein Fünftel rückläufig.

Möglicherweise ist die Talsohle aber bereits durchschritten. Schaut man alleine auf das dritte Quartal, bedeutet der ACV von 1,4 Milliarden den zweitbesten Wert seit 2003 und einen Anstieg um zwei Fünftel gegenüber dem zweiten Quartal – das allerdings äußerst mau ausfiel.

In Deutschland gab es im bisherigen Jahresverlauf ein Minus von 40 Prozent, wenn man BPO und IT-Outsourcing zusammennimmt. Der ACV von 1,05 Milliarden Euro liegt deutlich unter dem Durchschnitt hierzulande für diesen Jahreszeitpunkt. Eine derartige Verschlechterung gab es sonst EMEA-weit nirgends, wenngleich die Entwicklung auch in Skandinavien und Frankreich deutlich negativ ist und fast nirgends berauschend ausfällt. Die Ausnahme sind Großbritannien und Irland. Dort lag der ACV 2011 in etwa auf deutschem Niveau und ist inzwischen mehr als doppelt so hoch.

Größere Deals in der Pipeline

„Wir gehen von einer Verbesserung im vierten Quartal aus, weil einige größere Deals kurz vor dem Abschluss stehen“, prognostiziert ISG-Analyst Keppel für den globalen Markt. „Auf das ganze Jahr bezogen sollte der Markt seine Performance aus 2011 mit einem ACV von fast 20 Milliarden US-Dollar erreichen oder sogar übertreffen.“ Die Studie „The TPI Index“ ist bei ISG erhältlich.