Qualitätsmanagement-Methode

Six Sigma steigert Marge um 19 Prozent

05.02.2010 von Christiane Pütter
Wer Six Sigma, Lean und andere Qualitätsmanagement-Methoden einsetzt, kann die Marge um ein knappes Fünftel steigern. Voraussetzung sind standardisierte Abläufe und die Zustimmung des Top-Managements. Nicht selten haben Unternehmen Schwierigkeiten, die richtigen Daten zusammenzukriegen.

Vor rund zwanzig Jahren wurde die Qualitätsmanagement-Methode Six Sigma erfunden - wer den Begriff heute googelt, kommt auf fast fünf Millionen Treffer. Jenseits dieses Hypes wollte der US-Marktforscher Aberdeen wissen, mit welchen Verbesserungen Unternehmen beim Einsatz von Six Sigma und anderen Methoden rechnen dürfen. Eines der Ergebnisse: Six Sigma kann die Marge um 19 Prozent steigern - wenn die Methode richtig angewendet wird.

Die Analysten haben sich rund 600 Unternehmen angesehen, die Folgendes einsetzen: Six Sigma, Lean, Operational Excellence-Programme, Total Quality Management (TQM) und kontinuierliche Verbesserung. Bei Six Sigma hat Aberdeen noch einmal unterschieden: 43 Prozent der Unternehmen halten sich streng an den Zyklus DMAIC. Das Kürzel steht für Definieren (Define), Messen (Measure), Analysieren (Analyze), Verbessern (Improve) und Überwachen (Control). Sie gelten als Anwender von "True Six Sigma".

Die Autoren der Studie teilen die Unternehmen in drei Kategorien ein. Kriterien waren Veränderung der Marge, der Qualität und der Zyklus-Dauer innerhalb der ersten zwei Jahre des Methoden-Einsatzes. Die 20 Prozent am oberen Ende der Skala dürfen sich "Best in Class" (BiC) nennen. Laut Aberdeen finden sich unter ihnen überproportional viele True Six Sigma-Anwender. Die BiCs steigerten die Marge um 19 Prozent, die Qualität um 43 Prozent und optimierten Zyklen um 24 Prozent.

Die 30 Prozent am unteren Ende der Skala gelten als "Laggards" (Trödler). Sie steigerten die Marge immerhin um ein Prozent und erreichten Qualitätsverbesserungen von acht Prozent. Sie verbesserten Durchlaufzeiten um zehn Prozent.

Die übrigen 50 Prozent gelten als Durchschnitts-Unternehmen. Ihre Ergebnisse: Fünf Prozent mehr Marge, 14 Prozent Qualitätssteigerung und dreizehn Prozent Verbesserung bei den Zyklusdauern.

Die Analysten weisen auf den engen Zusammenhang zwischen Six Sigma und Lean hin. Meist würden beide Methoden miteinander kombiniert. 25 Prozent der Anwender erklären, beide Methoden auch zusammen eingeführt zu haben. 42 Prozent hatten zunächst Six Sigma implementiert, 33 Prozent zuerst Lean.

Unabhängig von Methoden-Wahl und Teilnehmer-Kategorie haben die Analysten nach den Treibern für Verbesserungs-Initiativen gefragt. 59 Prozent sprechen vom Druck, "sofort" Kosten senken zu müssen. Als Wettbewerbsvorteil sehen den Einsatz nur 29 Prozent.

Prozesse standardisieren

Aberdeen hat sich angesehen, was "Best in Class"-Unternehmen anders machen als die übrigen Studienteilnehmer. Dabei zeigten sich vor allem organisatorische Unterschiede. So standardisiert jeder zweite Klassenbeste firmenweit Arbeitsprozesse. Unter den Durchschnittsunternehmen sind es 36 Prozent, bei den Laggards 32 Prozent.

57 Prozent der BiCs erklären, bei ihnen gäbe es eine "rigorose Vereinbarung", wonach die Ergebnisse von Qualitätsmanagement-Methoden quantifizierbar sein müssen. Dem stimmen 31 Prozent der Durchschnittsfirmen und 21 Prozent der Trödler zu. Gleichzeitig informieren 54 Prozent der BiCs alle Stakeholder über die finanziellen Ergebnisse ihres Methoden-Einsatzes - unter den Durchschnittsfirmen sind es 32 Prozent und bei den Laggards nur sieben Prozent.

59 Prozent der Klassenbesten lassen die finanziellen Resultate ihrer Methoden-Initiativen von einem Financial Officer überprüfen. Von den Firmen im Mittelfeld gilt das nur für 35 Prozent, bei den Laggards für 20 Prozent.

Six Sigma braucht Veränderungsbereitschaft

Die Analysten wollten wissen, was den Einsatz von Qualitätsmanagement-Methoden erschwert. Alle Teilnehmer berichten davon, dass für den erfolgreichen Einsatz zunächst einmal ein "signifikanter Change" in der Firmenkultur nötig wäre. Dieser Punkt erreicht auf einer Skala von Null bis vier den Wert 3,8. Nicht weit dahinter rangieren mit 3,0 denn auch Klagen über den Widerstand von Knowledge Workern und mittlerem Management. Zudem sei es schwierig, die Begeisterung des Top Managements über eine Initialzündung hinaus zu bewahren (Wert 2,9).

Auf technischer Seite kämpfen die Unternehmen mit Schwierigkeiten beim Sammeln der Daten (Wert 3,0). Sie verlieren Zeit, weil sie wegen mangelnder Integration zwischen verschiedenen Systemen hin- und herspringen und weil sie Daten reinigen müssen (Wert 2,9). Die vorhandenen IT-Lösungen bieten nach Auskunft der Studienteilnehmer wenig Hilfe (Wert 2,8).

Aberdeen drängt trotz der geschilderten Probleme auf den Einsatz von Qualitätsmanagement-Methoden. Dazu liefern die Studienautoren ein paar eindrucksvolle Zahlen zu dem Begriff "Qualität". Quelle ist das Buch "Lean Transformation: How to change your business into a lean enterprise" von Bruce A. Henderson und Jorge L. Larco. Viele Entscheider seien mit 99,9 Prozent zufrieden - laut Henderson/Larco hieße das für die USA: Knapp eine Stunde pro Monat gibt es keinen elektrischen Strom. Pro Jahr werden 20.000 mal falsche Medikamente verschrieben und 500 mal pro Woche fehlerhafte Operationen durchgeführt.

Aberdeen hat für die Studie "Taking Lean Six Sigma beyond manufacturing - the journey to business improvement" Entscheider aus rund 600 Unternehmen verschiedener Branchen befragt.