Technology Business Management

So wird der CIO zum Unternehmer

30.11.2015 von Dirk Eichberg und Benjamin Sirker
Technology Business Management (TBM) gibt CIOs neue Möglichkeiten, das Business in Investitionsentscheidungen einzubeziehen. Denn dank TBM sind sie in der Lage, die Kosten und die Performance ihrer Services in der Sprache der Finanz- und Fachabteilungen darzustellen.

Geeignete Mitstreiter an Bord zu holen und die bestehenden Reporting- und Governance-Prozesse neu auszurichten, erfordert einen längeren Atem. Vor allem US-amerikanische TBM-Pioniere haben gezeigt: Verbinden CIOs die Transformation mit klaren Business-Zielen, macht sich die Aufbauarbeit bereits nach wenigen Monaten bezahlt.

Mit TBM entsteht eine vollwertige Management-Disziplin, im Rahmen derer sich die IT wie ein ganz normales Business planen und steuern lässt. Doch bevor es soweit ist, steht eine Reihe von Grundlagenarbeiten an. TBM setzt ein einheit­liches IT-Kostenmodell, einen durchgängigen IT-Service-Katalog und ein IT-Performance-Framework voraus, welches das Leistungsverhalten der Services auf jene Geschäftsprozesse herunterbricht, die durch IT-Lösungen unterstützt werden.
Doch damit nicht genug. Um aktuelle Handlungsbedarfe ableiten zu können, ist zusätzlich auch ein geeignetes Benchmarking-System zu integrieren, anhand dessen ein Unternehmen seine aktuelle Performance mit den Leistungen von relevanten Mitbewerbern vergleichen kann.

Technology Business Management (TBM) sollte mit klaren Business-Zielen verknüpft werden.
Foto: Peshkova - shutterstock.com

Alles in allem ein durchaus ambitioniertes Vorhaben also. Und auch wenn viele Unternehmen in Teilbereichen bereits deutliche Reife zeigen, hält kaum jemand alle Werkzeuge voll funktionsfähig und vor allen Dingen voll integriert in der Hand. Vielerorts fehlt es noch an der erforderlichen Konsequenz, die verfügbaren Mittel funktions- und organisationsübergreifend zu institutionalisieren.

Vergleichs­weise gut aufgestellt ist einmal mehr die Finanzwirtschaft sowie jüngere Unter­nehmen, die sich mit einer geordneten IT-Strategie entwickelt haben und keine Altlasten mit sich herumtragen. Ganz anders sieht es jedoch in vielen multinatio­nalen Großunternehmen aus, deren Divisionen eine große Bandbreite an unter­schiedlichen Sichtweisen pflegen, wie Kosten, Performance und geschäftlicher Nutzen von IT-Services zu bemessen sind. Den größten Standardisierungsbedarf haben vor allem solche Unternehmen, die stark über Zukäufe wachsen und den unterschiedlichen IT-Verantwortlichen kaum Zeit zum Angleichen ihrer jeweils gewohnten Vorgehensweisen lassen.

Interdisziplinäre Mannschaft

In der Praxis der meisten Unternehmen entsteht das TBM Office im unmittel­baren Umfeld des CIO. Doch um als Bindeglied zwischen IT Operations und Business von allen Verantwortlichen ernst genommen zu werden, darf das Office zu keiner reinen Unterabteilung der IT-Division werden. TBM bringt nur dann die gewünschten Antworten, wenn Strategie, Finanzabteilung und Fachbereiche aktiv in den Aufbau und die operative Arbeit dieses Office mit eingebunden sind. Denn nur das Business kann die aus betriebswirtschaftlicher Sicht erforderlichen Fragen stellen und valide einschätzen, wo die begrenzten IT-Mittel den größten kaufmännischen Mehrwert bringen. Hierzu legt TBM alle relevanten Kosten- und Performance-Daten zeitnah auf den Tisch. Wie sie ausgewertet werden, hängt jedoch allein von den Inputs des Business ab.

PAC-Trendstudie "Zusammenarbeit virtueller Teams in deutschen Unternehmen"

Trendforscher Sven Gábor Jánszky von 2b ahead ThinkTank aus Leipzig.

Chefredakteur Heinrich Vaske, Herausgeber Horst Ellermann, Trendforscher Sven Gábor Jánszky, Alexander Neff von Dell Software und CIO Matthias Mehrtens von Kärcher (v.l.n.r.).

CIO Manfred Klunk von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (li.) und CIO Günter Weinrauch vom ADAC.

CIO Eugen Berchthold von der Baywa, Ministerialrat und Leiter des EDV-Referats Wolfgang Kühnert vom Bayerischen Landtag, Alexander Neff von Dell Software und CIO Jürgen Renfer von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern/Bayerische Landesunfallkasse (v.l.n.r.).

Chefredakteur Heinrich Vaske, CIO Matthias Mehrtens von Kärcher, Verlagsleiter der IDG Business Media GmbH Michael Beilfuß und CIO Helmut Schlegel vom Klinikum Nürnberg (v.l.n.r.).

Blick vom Roof Top über München

Vice President Information Technology Gerhard Hiegemann von der Swiss Re Europa (Mitte), Geschäftsführerin Hanna Hennig von der EON Business Services GmbH (rechts) mit Ehemann (links)

Blick von der Panorama-Lounge auf den Eisbach. Der Eisbach gehört zum Bachsystem im Englischen Garten, Surfer üben sich auf einer etwa halbmeterhohen stehenden Welle.

CIO Günter Weinrauch vom ADAC und Gilbert Riegel von Siemens (rechts)

CIO Thomas Zimmerer von Hoffmann GmbH Qualitätswerkzeuge, Ministerialrat und Leiter des EDV-Referats Wolfgang Kühnert Bayerischen Landtag (rechts mit Glas)

CIO Gregor Pickert vom Klinikum rechts der Isar, Ehefrau von Helmut Schlegel, CIO Helmut Schlegel vom Klinikum Nürnberg, und CIO Jürgen Renfer von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern/Bayerische Landesunfallkasse (v.l.n.r.)

Gilbert Riegel von Siemens, Thomas Herrmann von Dell Software und Roland Lochner von der Siemens AG.

CIO Matthias Mehrtens von Kärcher, Barbara Ammer, Christian Ammer von Siemens Real Estate und Director Content Events Regina Böckle von IDG (v.l.n.r.).

CIO Günter Weinrauch vom ADAC (links) und CIO Jürgen Renfer von der Kommunalen Unfallversicherung Bayern/Bayerische Landesunfallkasse

Rund 30 IT-Verantwortliche kamen zum 15. Geburtstag der Medienmarke CIO.

Vice President Strategy & Cloud Technology Office Michael Schüttler von T-Systems, Chefredakteur Heinrich Vaske und der Verlagsleiter der IDG Business Media GmbH, Michael Beilfuß (v.l.n.r.)

Am Büffet über den Dächern von München.

Vice President Strategy & Cloud Technology Office Michael Schüttler von T-Systems, CIO Andreas Petrongari von Smartrac, stellv. Chefredakteur Rolf Röwekamp (v.l.n.r.)

Trendforscher Sven Gábor Jánszky von 2b ahead ThinkTank aus Leipzig.

Herausgeber Horst Ellermann, Trendforscher Sven Gábor Jánszky von 2b ahead ThinkTank, Alexander Neff von Dell Software und CIO Matthias Mehrtens von Kärcher (v.l.n.r.).

Vor dem Hintergrund einer jahrzehntealten Diskussion um den "Value of IT" müssen TBM-Pioniere allerdings einiges an Überzeugungsarbeit leisten, um ihre Business-Kollegen zur Mitarbeit zu überzeugen. Am besten gelingt ihnen dies, wenn sie den Aufbau des TBM Office mit Pilotprojekten verbinden, denen bereits ein belastbares Ziel innewohnt.
Beispielsweise kann es in einem Krankenhaus­verbund darum gehen, sich Klarheit darüber zu verschaffen, welche Kliniken wie stark das zentrale Helpdesk der IT nutzen. TBM liefert dann eine Entscheidungs­vorlage, um die Kostenverteilung verbrauchsabhängig umzulegen, statt wie vielerorts üblich rein mitarbeiterbezogen vorzugehen.

TBM Office

Ein funktionierendes TBM Office hat daher mindestens zwei Ebenen. Zum einen eine strategische Ebene, auf welcher der CIO mit den leitenden Kollegen aus Strategie, Finanzen und Fachbereichen regelmäßig zusammentrifft, um relevante Fragestellungen zu entwickeln und die bereits erhobenen Daten zu bewerten.
Zum anderen eine operative Ebene, welche die Pflege der TBM-Grundlagen - vor allem Kostenmodell, Servicekatalog, Performance Framework und Benchmarking - übernimmt und auf dieser Grundlage Entscheidungsvorlagen für die strategische Ebene des TBM Office erarbeitet.

Auf der strategischen Ebene ist es von großem Vorteil, auch die Leiter aller IT-Tower mit einzubinden. Ohne deren Mitarbeit läuft TBM zwangsläufig ins Leere, da die Aussagekraft der Entscheidungsvorlagen von der Zulieferung der aktu­ellen Performance-Daten abhängt.
Doch wollen auch tatsächlich alle Tower-Verantwortlichen, dass sich ihre Leistungen für jeden im Unternehmen geschäftsprozessbezogen bewerten lassen? Um möglichen Vorbehalten frühestmöglich den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist es sinnvoll, die Tower mit an den Strategietisch des TBM zu holen. Im unmittelbaren Austausch mit ihren Business-Kollegen erhalten sie belastbare Informationen und Aussagen dazu, wo sich gerade auch in ihrem Zuständigkeitsbereich die Investition in Zukunftstechnologien lohnt. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Motivations­faktor ist der Respekt gegenüber der Arbeit des Towers, der sich dadurch ausdrückt, dass die Tower regelmäßig an den Strategiesitzungen teilnehmen.

Predictive Analytics

Das analytische Rückgrat des TBM bildet das IT-Performance-Framework. Es erstellt ein End-to-End-Abbild der IT-Wertschöpfungskette, ermittelt die Kosten der darin eingebundenen Systeme und Services und bemisst ihre aktuelle Leistung.
Zu diesem Zweck unterteilt das Framework die IT in funktionale Tower, wie etwa Server, Storage, Anwendungsentwicklung oder Servicemanagement. Jeder dieser Tower umfasst ein vollständiges Set an Prozessen und Teilprozes­sen, wie zum Beispiel Engineering, Betrieb, Wartung und Support. Um die Perfor­mance aller Teilprozesse zu erfassen, definiert das TBM Office geeignete Mess­punkte und ein Standard-KPI-Repository.

Sobald das Framework modelliert ist, lassen sich die in den Towern genutzten Hard- und Softwaresysteme prozessbezogen auswerten. Dies kann durch den Einsatz einer spezialisierten TBM-Software erfolgen, welche die unterschiedlichsten Systemdaten auslesen und in die Sprache des übergeordneten Performance-Modells übersetzen kann. Unter den gut 800 Unternehmen, die bereits ein TBM Office betreiben, hat die TBM-Software Apptio derzeit den größten Marktanteil, gefolgt von den Produkten von VMware, BMC und Service Now.

Business-Bezug herstellen

Ist das Performance-Framework im Zusammenspiel mit dem einheitlichen IT-Kostenmodell lauffähig, muss das TBM Office die Performance-Daten nun noch unmittelbar auf das Business beziehen. Hierzu nutzt TBM die bereits vorhande­nen Geschäftsprozessmodelle, die Domänenmodelle enthalten, welche die Applikationen der einzelnen Domänen beschreiben - wie etwa Bestandsverwal­tungen im Versicherungswesen oder Shop-Floor-Systeme im Automobilbau. Um das Performance-Framework business-bezogen abzubilden, ordnet man die im Framework enthaltenen Services den Applikationen der Domänen zu.

Somit ergibt sich eine durchgängige Verbindung vom Framework zum Geschäfts­prozessmodell. Über diese Verknüpfung lässt sich nun für jeden Schritt der Wertschöpfungskette ausweisen, wie hoch der Wertbeitrag und die Kosten der unterstützenden IT sind. Beispielsweise kann TBM dann die eingangs erwähnte Nutzung des Krankenhaus-Helpdesks auf einzelne Standorte oder auch auf deren Abteilungen herunterbrechen. Auf dieser Grundlage kann die strategische Runde des TBM Office valide entscheiden, ob sie den Status quo beibehalten, das Helpdesk ausbauen oder auch nur den Schlüssel der Kostenzuordnung verändern will. Auf diese Weise liefert TBM eine ganzheitliche Betrachtung, um IT-Ressourcen rein businessbezogen zuzuteilen. Wie Unternehmen diese Transparenz zur Optimierung ihrer Investitionsentscheidungen nutzen, wird der abschließende Teil 3 dieser TBM-Serie genauer zeigen.