Aufgemotzte ERP-Anwendungen taugen nicht als SOA-Toolset

SOA: Wer auf der Schmalspur fährt, zahlt drauf

08.11.2006 von Christiane Pütter
Dass man mit SOA Geld sparen kann, ist mittlerweile auch bei den Betriebswirten in der Chef-Etage angekommen. Also wollen sie von ihrem CIO Resultate sehen. Wenn der aber meint, es reiche, die vorhandenen ERP-Anwendungen SOA-fähig upzugraden, täuscht er sich. Das behauptet zumindest der Marktforscher Aberdeen.

Es hat sich eine Menge getan an der SOA-Front, erklären die Analysten in einer aktuellen Studie. Zwei Drittel der Teilnehmer erkennen Web-Services, XML und Open Middleware als die gängigen service-orientierten Technologien an, mit denen die Integration von Unternehmensanwendungen verbessert werden kann. Das geschieht konkret auf zwei Wegen: Entweder werden SOA-fähige Anwendungen wie etwa Enterprise-Ressource-Planning-Systeme von unabhängigen Anbietern zugekauft oder ein standard-basiertes SOA-Toolset genutzt, das aus freier oder proprietärer Software eine flexible "SOA-Fabrik" baut.

Bis jetzt stecken die Anwendungen in vielen Firmen allerdings immer noch in großen, starren Silos fest, die nie entwickelt worden sind, um miteinander zu kommunizieren. Der CIO muss Einblick in die Prozesse bekommen, will er den geforderten Mehrwert aus der IT generieren. Aktuell aber gibt über die Hälfte der Befragten an, die Investitionen in die Unternehmensanwendungen rentierten sich nicht. Wer es besser macht, kann nach den Zahlen von Aberdeen bis zu elf Prozent Kosten senken.

Als wesentliche Treiber für die technologische Aufrüstung gilt – neben der Kostensenkung – die Verbesserung des Kundenservices. Als größte Herausforderung gilt das Re-Design der Geschäftsprozesse.

Jeder Dritte findet die Integration zu schwierig

Doch es geht nicht nur ums Geld. 45 Prozent der Befragten sind mit dem Zeitaufwand unzufrieden, den die Integration von Unternehmensanwendungen bisher von anderen Projekten abzieht. Und offenbar soll dieser Bereich im Haus bleiben: 40 Prozent bezeichnen es als Problem, dass sie externe Hilfe gebraucht haben. Jeder Dritte schließlich gibt offen zu, die Integration sei zu schwierig.

Nach den Worten der Analysten gilt eine Faustregel: Je größer das Unternehmen, desto geringer seine Schwierigkeiten im Umstellen auf neue Technologien. Das bezieht sich nicht nur auf finanzielle, sondern auch auf fachliche Fragen.

Ein genauer Blick auf die Antworten macht Widersprüche deutlich: Trotz der offenkundig bekannten Probleme mit dem Ist-Zustand geben 42 Prozent der Befragten an, der Kauf neuer Features scheitere am Geld.

Daher ist es nicht erstaunlich, dass mancher CIO glaubt, ihm sei mit dem Upgrade der bisherigen ERP-Systeme geholfen. Die könne er ja dann als SOA-Toolset verwenden. Die Analysten halten das für einen Trugschluss: "Die Tools einzelner unabhängiger Anbieter sind ausschließlich für die speziellen Anwendungen und Architekturen entwickelt worden", so die Autoren der Studie.

Der Traum von der Infrastruktur, die auf alles passt

Gleichzeitig geben sie zu, dass es derzeit keine Alternative zu Unternehmens-Anwendungen unabhängiger Anbieter gibt. Und dass diese SOA-fähige Versionen anbieten, sei ein erster Schritt in Richtung service-orientierte Architekturen. Dennoch: Die meisten Anbieter können nicht garantieren, dass ihre Produkte mit einer Technologie ausgestattet sind, die mit jeder Art von B2B- und E-Commerce-Aktivitäten oder mit anderen Applikationen des Unternehmens zusammenpasst. Genau das wollen aber die CIOs. Nach den Worten der Analysten haben viele Befragte die Vorstellung, dass eine SOA-Infrastruktur alle Schlüssel-Anwendungen des Unternehmens miteinander verbindet.

Die Analysten haben nach den Prioritäten der Unternehmen im Hinblick auf Integrations-Technologien gefragt. Demnach liegen Web Services mit 76 Prozent vorn, dahinter kommen freie Middleware-Produkte und XML-Standards mit jeweils 66 Prozent.

Letztlich hängen die Ziele, die jedes Unternehmen mit der technologischen Aufrüstung verbindet, immer stark von der Branche ab. So zählen 58 Prozent der Befragten aus der Prozess-Industrie das Senken der operativen Kosten zu den Top-Treibern, in der Konsumgüterbranche sind es nur 41 Prozent. Umgekehrt wollen 35 Prozent der Studienteilnehmer aus der Konsumgüterbranche den Kunden-Service verbessern, in der Prozessindustrie geben das nur 17 Prozent an.

Wie auch immer der Weg hin zu service-orientierten Architekturen aussieht: Die Analysten proklamieren, dass jeder CIO früher oder später seine Richtung finden muss – schon, um Reibereien mit dem Controlling zu umgehen.

Aberdeen hat für die Studie mit mehr als 400 CEOs und CIOs gesprochen.