Entory soll als eigenständige Gesellschaft bestehen bleiben

Softlab kauft IT-Dienstleister der Deutschen Börse

07.07.2005 von Thomas Zeller
Die Deutsche Börse hat ihren IT-Dienstleister Entory an Softlab verkauft. Die Transaktion solle bis zum Herbst dieses Jahres abgeschlossen sein, teilte das Unternehmen mit. Offiziell wurde über den Kaufpreis Stillschweigen vereinbart. In Marktkreisen wird jedoch über eine Summe von über 30 Millionen Euro gesprochen.

Die Deutsche Börse hatte die Entory AG Ende 2001 übernommen. Nach der Neuausrichtung und Diversifizierung des IT-Dienstleisters liegen wesentliche Geschäftsaktivitäten und Kunden von Entory heute außerhalb des Kerngeschäfts der Deutschen Börse. Dadurch wurde ein Verkauf notwendig.

"Entory ist ein reiner Systemintegrator, der im Finanzdienstleistungssektor agiert“, sagt Tobias Ortwein vom Marktforschungs- und Beratungsunternehmen PAC. Durch die Übernahme stärke Softlab sein bisher noch schwaches Geschäft in dieser Branche. Das Volumen für Project Services im Finanzmarkt in Deutschland beträgt 2005 nach PAC-Angaben rund 2,2 Milliarden Euro. Entory erwirtschaftet in diesem Bereich einen Umsatz von 65 Millionen Euro.

Die BMW-Tochter Softlab stärke durch den Kauf ihre eigene Position, ist sich Ortwein sicher. Nennenswerte Marktanteile hält das Unternehmen zurzeit nur im Projektgeschäft in den Branchen Automobil und Telekommunikation. Mit dem Finanzbereich komme nun eine weitere Säule hinzu.

Softlab erwirbt neben Entory auch die Silverstroke AG, die Projects IT-Projektbörse GmbH, sowie alle ausländischen Töchter der Firma. Nach Angaben von Entory-Marketingleiter Jochen Herrmann erwirtschaften die Firmen rund 80 Prozent ihres Umsatzes mit externen Kunden. Zu ihnen gehören unter anderem auch die großen Autobanken in Deutschland.

Weitere Zukäufe erwartet

Softlab will mit diesem Zukauf seine bisherige aggressive Akquisitionsstrategie fortsetzen. Zuletzt hatte sich die BMW-Tochter vor allem lokal und themenbezogen erweitert. Die Übernahmen von Axentiv, Nexolab und Anite Austria waren kleine Zukäufe in Märkten, in denen Softlab bisher noch nicht vertreten war.

Der IT-Dienstleister führt die neuen Töchter zunächst als eigene Marken weiter und integriert sie nur punktuell. Das erlaubt dem Unternehmen eine expansive Wachstumsstrategie, die jedoch mit erheblichen Risiken behaftet ist. Nach dem Zukauf von Entory kündigte das Unternehmen bereits weitere Übernahmen an. Ziel sei es in diesem Jahr in die Top Ten der größten europäischen Beratungsunternehmen aufzurücken, heißt es bei Softlab.

Dieses Vorhaben erscheint jedoch nur auf dem deutschen Markt für Projektgeschäft erreichbar. Bisher erzielte Softlab weltweit gerade einmal einen Umsatz in Höhe von 165 Millionen Euro (ohne Entory) und ist damit weit von den eigenen Zielvorgaben entfernt.

Auch eine Expansion von Softlab in den stark wachsenden Outsourcing-Bereich hält PAC-Berater Ortwein für unwahrscheinlich. "Realistisch sind eher Zukäufe bei Systemintegratoren, wo das Portfolio weiter regional, branchen- oder themenbezogen ausgebaut wird“. Fraglich ist auch die Finanzierungsstrategie von Softlab. Während kleinere Zukäufe noch aus dem Eigengeschäft bezahlt werden können, war bei der Übernahme von Entory möglicherweise ein Griff in die Brieftasche des Mutterkonzerns BMW notwendig.