Nuance Conversations 2009

Spracherkennung: Praxiserfahrung entscheidet

10.12.2009 von Hartmut  Wiehr
Wie wird die Einführung von Spracherkennung im Krankenhaus ein Erfolgsprojekt? Bei den Nuance Conversations 2009 in München diskutierte darüber eine Expertenrunde aus Anwendern und Herstellern. Das Fazit: Den Nutzen erntet nur, wer seine Prozesse kennt, wer mit den Herstellern der Informationssysteme in Kontakt ist und wer sich zumindest ein bisschen auf die Technologie einlässt.

Außer dem gastgebenden Unternehmen Nuance Healthcare waren die Unternehmen Siemens Healthcare Services, DFC-Systems und 4voice auf dem Podium vertreten. Für die Anwenderseite standen Vertreter der Krankenhäuser Augusta-Krankenanstalt Bochum und Radiologie Oberland am Krankenhaus Agatharied.

Über Spracherkennung ist schon viel geredet worden. Über den Erfolg in der täglichen Praxis entscheidet die Umsetzung der Erfahrungen.

Dass die Einführung von Spracherkennung im Krankenhaus mit großen Effizienzgewinnen einhergehen kann, ist viel beschrieben. Große radiologische Abteilungen können mit jährlichen Einsparungen im sechsstelligen Bereich kalkulieren. Die Dokumenten-Turnover-Zeiten verändern sich zum Teil dramatisch. Dauert es ohne Spracherkennung vielerorts Tage, zum Teil Wochen, bis ein Befund oder Brief im jeweiligen System ist, berichten Kliniken, die Spracherkennung nutzen, praktisch ausnahmslos von mehr oder weniger sofortiger Verfügbarkeit. Trotzdem ist die Einführung von Spracherkennung kein Selbstläufer.

Eine wichtige Botschaft der Münchener Runde war, dass Spracherkennung keine Software wie jede andere ist. Installieren, aufrufen, loslegen, das funktioniert nicht bei einer Lösung, die auf der individuellen Interaktion zwischen Mensch und Maschine beruht. Schulungen sind unverzichtbar. Und auch beim Sprechen kann der Diktierende nicht völlig ignorieren, dass er es mit einem Digital-Gegenüber zu tun hat. Das heißt nicht, dass stakkato- oder gar roboterartig gesprochen werden müsste. Eine natürliche Sprache ist in aller Regel die beste Strategie. Nur: Wer so diktiert, dass die Sekretärin früher schon Schwierigkeiten hatte, ein Diktat fehlerfrei zu transkribieren, der wird auch von einer Maschine nicht besser verstanden.

Der Faktor Mensch ist also einer der Schlüssel zum Erfolg bei der Umsetzung von Spracherkennung. Eine sinnvolle Integration in die Prozesse der Dokumentenerstellung ist ein weiterer Punkt. Hier spielt auch die Frage hinein, ob Spracherkennung „online" oder „offline" eingesetzt werden sollte, ob also der Arzt sein Diktat sofort auf dem Bildschirm sieht und korrigiert oder ob eine Schreibkraft zwischengeschaltet wird, die den von der Spracherkennung gelieferten Text in Form bringt.

Spracherkennung online und offline

Die Diskutanten in München plädierten mehrheitlich für die Online-Spracherkennung. Das wundert nicht, wird doch nur hier die Unmittelbarkeit der Dokumentenerstellung mit allen damit verknüpften Vorteilen der sofort verfügbaren Information voll umgesetzt. Klar wurde in München aber auch, dass es je nach individueller Situation im Krankenhaus durchaus Szenarien geben kann, in denen die Offline-Spracherkennung Vorteile bietet.

Zum einen kann sie den Einstieg in die Spracherkennung erleichtern, gewissermaßen als eine Phase der Gewöhnung an das System. Sie kann aber auch hilfreich sein, wenn der Arzt einmal sehr wenig Zeit hat. Ein denkbares Szenario ist deswegen, beides anzubieten, damit der Diktierende flexibel entscheiden kann, ob er Brief oder Befund selbst fertigstellt oder lieber die Hilfe eines Sekretariats in Anspruch nimmt.

Der dritte Schlüssel zum Erfolg eines Spracherkennungsprojekts ist schließlich die Integration in das jeweilige Informationssystem. Hier sind nicht nur die Anbieter von Spracherkennung, sondern auch die IT-Unternehmen gefordert. Wie groß die Spielräume sind, zeigt sich daran, dass die Integration der Spracherkennung ins RIS (Radiologie-Informationssystem) oft sehr viel befriedigender gelöst ist als die ins KIS (Krankenhaus-Informationssystem).

Hier sahen auch die in München anwesenden Anwender noch deutlichen Verbesserungsbedarf. Sie haben es allerdings auch in der Hand, Druck auf ihre KIS-Hersteller auszuüben. Wer seine Macht als Kunde ausspielt, kann einiges erreichen – zumal wenn er regelmäßig Lizenzgebühren entrichtet...

Quelle: HealthTech Wire