BMW, Daimler, Volkswagen

Spracherkennung verbessert die Customer Experience

28.02.2019 von Ramin Assadollahi
BMW Intelligent Personal Assistant, Mercedes me, der VW Golf Chatbot, die Hybrid-Sprachbedienung im neuen Audi A8: Spracherkennung ist bei den Automobilherstellern angekommen - sei es als Schnittstelle für die Fahrer-Fahrzeug-Interaktion oder als Chatbot im Kundenservice. Der Weg zu einer selbstlernenden KI-Wissensdatenbank ist für die Autobauer aber noch weit.

Chatbots sind ein effizienter Kanal zur Kundenkommunikation. Sie können heute schon direkt mit Kunden kommunizieren und etwa Fragen zu Verfügbarkeiten, Ausstattungen und technischen Problemen beantworten. Oder Kundenberatern einen schnellen und effizienten Zugang zu verfügbarem Wissen eröffnen. Meist antworten dabei regel- und textbasierte Systeme auf die Fragen.

Solange, bis die vorgegebenen Wissensgrenzen erreicht sind. In dem Fall übergibt der Chatbot an einen menschlichen Kollegen. Die Voice-Systeme im Fahrzeug sind dank fortgeschrittener Technologie heute endlich in der Lage, das gesprochene Wort des Fahrers sehr gut zu erkennen. Über den sprachlichen Austausch fühlt sich der Umgang mit dem Fahrzeug nicht nur natürlicher für den Nutzer an. Dank der Analyse gewonnener Spracheingaben lassen sich für Hersteller zudem wertvolle Rückschlüsse ziehen, die die Usability und das Qualitätsmanagement nachhaltig verbessern und zukünftige Bedürfnisse vorhersagen können.

Mit einer KI-gestützten Wissensdatenbank können Automobilhersteller die Schnittstelle zum Kunden attraktiver gestalten.
Foto: Who is Danny - shutterstock.com

Sprachverarbeitung trifft Sprachverständnis

Bei der Spracherkennung ist die größte Herausforderung im Zusammenspiel zwischen Sprachverarbeitung und Sprachverständnis der Aufbau einer Wissensdatenbank, auf die der Chatbot zurückgreift: Wie komme ich auf richtige Antworten auf Kundenanfragen im Fahrzeug oder im Support-Channel? Wie komme ich im Umkehrschluss auf die Fragen, die potenziell gestellt werden können? Wie gehe ich mit sprachlichen Doppeldeutigkeiten und persönlichen Sprachstilen der Nutzer um?

Um Chatbot-Systeme aufzubauen und zu pflegen, setzt die Industrie heute überwiegend noch auf menschliche Intelligenz: Redakteure versuchen, eine Vielzahl an Themengebieten und Eventualitäten und deren Wechselwirkungen zueinander abzudecken. Der große Nachteil: Solche Systeme haben einen sehr geringen Grad an Automatisierung, sie sind nur bedingt selbstlernend und sehr statisch in Punkto Qualitätsverbesserung.

Um die Akzeptanz von Voice-Systemen und Chatbots mittel- und langfristig zu fördern, ist aber gerade eine stetige oder gar exponentielle Verbesserung ihrer Service-Qualität notwendig. Dies kann gelingen, wenn Textanalysemechanismen einen direkteren Zugang zu verfügbarem Wissen bekommen und daraus weitgehend automatisiert eine umfassende Wissensdatenbank aufbauen können, die stetig mit ihren Anforderungen wächst.

KI-gestützte Datenhaltung

Ein möglicher Ansatz besteht darin, Chat-Texthistorien zu analysieren, um daraus Vorschlagsszenarien zu entwickeln oder inhaltliche Verbesserungspotentiale zu erkennen. Helfen können dabei moderne Technologien wie künstliche Intelligenz, die den Redaktionsprozess erheblich beschleunigen und verbessern. Der menschliche Redakteur ist in seiner Lese-, Verarbeitungs- und Schreibgeschwindigkeit natürlich begrenzt. KI-gestützte Analysewerkzeuge hingegen können maschinell Wort- oder Satzähnlichkeiten erkennen und zu sinnvollen Fragen- oder Antwortwahrscheinlichkeiten zusammenfassen.

Das Lernverhalten ist um ein Vielfaches effizienter als bei starren, regelbasierten Datenbanken, die von menschlichen Redakteuren aufgebaut werden. Die Analyse der Texthistorie legt den Grundstein für ein System, das sich dann Antworten auf Basis der Wissensdatenbank selbst generiert. Es muss dabei nicht auf einen klassischen Antwortbaum zurückgreifen, sondern entwickelt passende Relationen zum sprachlichen Input selbstständig und berücksichtigt dabei auch Eventualitäten.

Ein Beispiel: Ein Chatbot-System eines großen Automobilkonzerns ist bereits im Einsatz und wird von menschlichen Redakteuren gepflegt. Allerdings ist der redaktionelle Aufwand, das System zu pflegen und zu erweitern sehr hoch und eine globale Skalierung personell nicht abbildbar. Hier kommen KI-Lösungen ins Spiel, die relevante Daten in Chatbot-Systeme einfließen lassen und mit den Chat-Daten, die bereits vorliegen (bestehende Prozesse, gestellte Anfragen oder auch Fälle, die nicht beantwortet werden konnten), verknüpft.

Diese relevanten Daten, die mit Redaktionsinformationen verknüpft werden, können aus den unterschiedlichsten Quellen stammen: Consumer-Artikel, Fachartikel, Forenbeiträge, Marketing-Daten, Newsgroup-Foren - sämtliche Informationen werden durch KI-gestützte Analysewerkzeuge in einem Corpus vereint. KI-Systeme analysieren diese Informationen und vergleichen sie dahingehend miteinander, welche Daten in Kontext zueinanderstehen.

Ein Motorblock ist unter dem Motorraum zu finden, die Motorhaube befindet sich immer darüber. Die Motorhaube befindet sich meist an der Vorderseite des Autos. Versteht ein Chatbot-System solche trivialen Zusammenhänge, ist es ihm möglich, korrekte Rückschlüsse bei neuen Fragen zu ziehen. Darüber hinaus reift das Verständnis, in welchen Bereichen noch nicht genügend Kontext vorhanden ist, was für eine rasante Verbesserung der Chatbot-Qualität sorgt.

Vom Silo zur zentralen Wissensdatenbank

Bei diesem Schritt zeigt sich auch eine wesentliche Herausforderung auf Seiten der Hersteller bei der Integration von KI-Systemen zur Spracherkennung: Meist sind die für den Aufbau einer Wissensdatenbank notwendigen Daten zwar grundsätzlich vorhanden - zum Beispiel Benutzer- oder Service-Handbücher, Produkt- und Marketingdatenblätter, Werkstatt- und Wartungsprotokolle, Fahrzeugdaten, Fehlerberichte oder ganz generelle Daten wie die maschinenverständliche Definition des Begriffs "Auto".

Allerdings sind sie meist an verschiedenen Stellen im Unternehmen verteilt und liegen in unterschiedlichen, unstrukturierten sowie strukturierten Formaten vor. In dieser extremen Heterogenität lassen sich die Daten kaum oder nur sehr schwer in eine Wissensdatenbank integrieren. Oftmals fehlt es auch an einer unternehmensinternen Instanz oder Abteilung, die den kompletten Datenbestand überblickt. Nur so lassen sich aber alle Informationen aus ihren Silos in einer zentralen Wissensdatenbank zusammenführen.

KI-Plattform als Lösung

Dabei müssen solche Silos nicht nur innerhalb des Unternehmens liegen - wie beschrieben sind auch Informationen aus Foren, Websites, Marketing-Daten etc. für den Aufbau einer zentralen Wissensdatenbank essentiell. Und auch weil in großen Automobilkonzernen inzwischen viele KI-Initiativen - nicht nur im Bereich Chatbots - parallel laufen, wurde mittlerweile die Wichtigkeit von zentral gespeichertem Wissen, auf das man jederzeit Zugriff hat, erkannt. Damit eine "Verstehmaschine" an dieses Wissen andocken und es etwa für Chatbots nutzbar machen kann, bedarf es Plattformlösungen.

Anstatt fertig trainierte KI-Systeme in verschiedenen Anwendungsszenarien im Bereich Spracherkennung zu implementieren, ist es mittlerweile möglich, spezifische KI-Werkzeuge zu entwickeln, die sich auf individuelle Daten je nach Anforderungen anwenden lassen. Solche KI-Plattformen erlauben es, Daten - nachdem sie bereinigt und der Plattform zugänglich gemacht wurden - zu clustern, in Relation zueinander zu setzen und sie vor allem zentralisiert verfügbar zu machen.

Dadurch lässt sich eine Wissensdatenbank aus einer Hand aufbauen, ohne dass man sich damit beschäftigen muss, welche individuelle Technik man zur Erkennung oder Analyse verschiedener Daten benötigt. So entsteht die Grundlage für eine flexibel nutzbare Verstehmaschine, aber auch der Ausgangspunkt für Chatbot-Systeme, die in der Lage sind, eigenständig Lösungen zu finden und sich dadurch selbst zu helfen.