Prognose bis 2030

Strategie gegen Fachkräftemangel verschlafen

14.01.2019 von Christiane Pütter
Im Jahr 2030 erwartet der Headhunter Korn Ferry für Deutschland einen Mangel von zweieinhalb Millionen Fachkräften. Die meisten Unternehmen in Deutschland glauben nicht, mehr als die Hälfte der Mitarbeiter weiterqualifizieren zu können.
  • Korn Ferry beziffert den Mangel für das Jahr 2030 weltweit auf gut 85 Millionen Fachkräfte
  • Knapp drei von vier Befragten (74 Prozent) geben an, 2030 habe Technologie den Menschen als wichtigsten Faktor der Wertschöpfung im Unternehmen überholt
  • 55 Prozent erklären, sie hätten sich von den "Versprechungen transformativer Technologie" ablenken lassen und es versäumt, eine Strategie in Sachen Mitarbeiter zu entwickeln

Weltweit spüren Entscheider, dass es schwerer wird, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. Der Headhunter Korn Ferry beziffert den Mangel für das Jahr 2030 auf gut 85 Millionen Fachkräfte. Dennoch glaubt rund jeder Dritte nicht, dass der Fachkräftemangel die Profitabilität seines Unternehmens gefährdet. Das belegt die Studie "Future of work - the talent shift" von Korn Ferry.

Während nur 14 Prozent der Deutschen glauben, 2030 einen Überschuss an Fachkräften vorzufinden, sind es in Indien 37 Prozent.
Foto: Korn Ferry

Korn Ferry hat 1.550 Entscheider aus 19 Ländern befragt, die nach Angaben des Headhunters arbeiten diese für die größten Konzerne der Welt. Die Befragten verkennen das Problem, schreibt Korn Ferry. Sie halten es für ein vorübergehendes Phänomen des normalen Wirtschaftszyklus. Der Headhunter spricht dagegen von einem permanenten strukturellen Wandel. Weiter bescheinigt Korn Ferry den Befragten ein zu optimistisches Vertrauen, eigene Lücken mit ausländischen Arbeitnehmern füllen zu können. 86 Prozent der Studienteilnehmer nennen dies als Option, die Studienautoren sprechen von einem "Blinden Fleck".

Dabei fehlen nicht so sehr Arbeitskräfte an sich, sondern Arbeitskräfte mit den nötigen Fähigkeiten, präzisiert Korn Ferry. Unternehmen müssen identifizieren, welche Mitarbeiter in ihrer Belegschaft sich zur Weiterqualifizierung eignen. Acht von zehn Studienteilnehmern selbst sprechen davon, vorhandene Mitarbeiter "umgruppieren" oder "neu einsetzen" (englisch: to redeploy) zu wollen.

Fokus liegt zu wenig auf den Menschen

Dabei fokussieren sich viele Unternehmen jedoch zu stark auf die Technologie und zu wenig auf den Menschen, konstatiert Korn Ferry. Das liege vermutlich auch an den vielen Unwägbarkeiten rund um dieses Thema. Knapp drei von vier Befragten (74 Prozent) geben an, 2030 habe Technologie den Menschen als wichtigsten Faktor der Wertschöpfung im Unternehmen überholt.

Was IT-Fachkräfte 2018/2019 verdienen
IT-Gehälter 2018/2019
12.225 Datensätze analysierten die Hamburger Vergütungsspezialisten von Compensation Partner für die große Gehaltsstudie für IT-Fach- und Führungskräfte.
Security-Experten bleiben die Gewinner
Unter den IT-Fachkräften ohne Personalverantwortung verdienen die Security-Profis mit einem durchschnittlichen Jahresbruttogehalt von 75.600 Euro am meisten.
Gut bezahlte IT-Projektleiter
Nach den Security-Experten sind die Projektleiter mit durchschnittlich 73.200 Euro im Jahr die am besten bezahlten IT-Fachkräfte.
SAP-Wissen ist immer noch ein Garant ...
... für eine hohe Nachfrage und damit auch eine dementsprechend hohe Vergütung. SAP-Berater gehören mit einem durchschnittlichen Bruttojahresgehalt von 72.900 Euro zu den Top-Verdienern.
IT-Berater ...
... erzielen mit 72.400 Euro brutto im Jahr auch ein überdurchschnittliches Gehalt für IT-Fachkräfte ohne Personalverantwortung.
Entwicklergehälter
Am besten verdienen SAP-Entwickler mit 65.600 Euro im Jahr, gefolgt von Softwareentwickler im Backend ( 61.700 Euro) und Experten für User Experience ( 58.200 Euro).
Aber auch Entwickler, ...
... die im Mobile-Bereich unterwegs sind und Apps programmieren, sind mit durchschnittlich 59.800 Euro brutto im Jahr gut dabei.
Netzwerk- und Systemadmins ...
... müssen dagegen mit einem niedrigeren Bruttogehalt auskommen: 49.300 Euro im Jahr.
Support-Mitarbeiter ...
... werden noch schlechter bezahlt: 44.700 Euro brutto im Jahr.
Ein Studium zahlt sich aus
Am besten honoriert werden eine Promotion (79.000 Euro) und ein Universitätsdiplom (76.500 Euro), gefolgt vom FH-Diplom 70.700 Euro). Der Master (65.600 Euro) hat noch nicht das Niveau des Diploms erreicht, was an dem niedrigeren Alter der Master-Inhaber liegt. Bei den Zahlen handelt es sich um Einkommen, die im Schnitt mit dem jeweiligen Abschluss zu erreichen sind.
Mit einem Bachelor-Abschluss ...
... kommen Young Professionals auf durchschnittlich 55.200 Euro im Jahr.
Mit zunehmender Berufserfahrung ...
... steigt auch das Gehalt: In den ersten drei Jahren nach dem Berufseinstieg können IT-Fachkräfte mit 44.500 Euro rechnen, nach sieben Jahren sind es 56.400 Euro und nach mehr als zehn Jahren 68.000 Euro.
Grosse Unternehmen bieten bessere Verdienstchancen
Während Firmen mit mehr als 1000 Beschäftigten ihre IT-Fachkräfte mit durchschnittlich 78.148 Euro vergüten, können IT-Experten in Betrieben mit weniger als 100 Beschäftigten nur 52.700 Euro erwarten.
Wo IT-Berater am besten verdienen
Die Branche macht den Unterschied, wie viel IT-Berater verdienen. Die 3 Top-Branchen sind Chemie (95.160 Euro), Medizintechnik (93.400 Euro) und Pharma (93.130 Euro).
Auch der Maschinen- und Anlagebau ...
... entlohnt IT-Berater mit 91.600 Euro überdurchschnittlich.
Die Touristikindustrie und die Hotellerie......
... dagegen zahlen auch begehrten IT-Beratern mit 60.700 beziehungsweise 58.700 Euro keine üppigen Gehälter.
Forschungsinstitute ...
... nehmen mit einer Vergütung von 57.500 Euro für den IT-Berater den letzten Platz im Branchenranking ein. Das liegt daran, dass sie in den meisten Fällen ihre Mitarbeiter nach öffentlich-rechtlichen Tarifen bezahlen.
In München ...
... verdienen IT-Profis 20,5 Prozent besser als im Bundesdurchschnitt, der in Hamburg erzielt wird. Hoch sind hier aber auch Mieten und andere Lebenshaltungskosten.
Frankfurt am Main ...
... bietet IT-Profis mit einem Plus von 19 Prozent zum Bundesdurchschnitt ebenso hohe Verdienstchancen.
In Dresden ...
... und anderen Hauptständten der neuen Bundesländer müssen sich IT-Experten dagegen mit Löhnen bescheiden, die 15 Prozent und mehr unter dem Bundesdurchschnitt liegen.
Benefit Firmenwagen
Nur 9 Prozent der IT-Fachkräfte haben einen Firmenwagen, bei den IT-Führungskräften sind es 59 Prozent. Der Neupreis des Wagens liegt bei Fachkräften bei durchschnittlich 39.2500 Euro. Die Autos der IT-Führungskräfte sind mit durchschnittlich 52.000 Euro deutlich teurer.

Ein Blick auf die einzelnen Nationen zeigt massive Unterschiede. Zu den pessimistischsten Befragten zählen die deutschen. Lediglich 14 Prozent erwarten, 2030 einen Überschuss an gut qualifizierten Mitarbeitern vorzufinden. Zum Vergleich: in Indien sagen das 37 Prozent der Befragten, in den Vereinigten Arabischen Emiraten 36 Prozent und in Südafrika 34 Prozent.

Prognose: Fachkräftemangel im Jahr 2030

Für Deutschland weist die Prognose 2030 einen Mangel an 2,5 Millionen Fachkräften aus, für Indien von Null. Noch pessimistischer als deutsche Manager zeigen sich ihre Kollegen aus den USA, Singapur und Saudi-Arabien. Hier liegt der Anteil derer, die mit einem Überschuss an qualifizierten Mitarbeitern rechnen, zwischen zwölf und zehn Prozent. Auch in puncto Weiterqualifikation scheint "German Angst" zu herrschen: Noch nicht einmal jeder Fünfte (18 Prozent) glaubt, mehr als die Hälfte der Belegschaft weiterqualifizieren zu können.

Besonders hohe Erwartungen in die Technologie setzen US-Amerikaner. Unter ihnen glaubt jeder Zweite, die Technik werde menschliche Mitarbeiter "in weiten Teilen" irrelevant machen. Unter den Chinesen unterschreibt nur jeder vierte diese Einschätzung, global sind es 39 Prozent.

Wachstumsstarke Firmen legen mehr Wert auf den Faktor Mensch

Insgesamt scheint den Befragten eine Diskrepanz zwischen Handlungsbedarf und eigener Aktivität bewusst zu sein. 55 Prozent erklären, sie hätten sich von den "Versprechungen transformativer Technologie" ablenken lassen und es versäumt, eine Strategie in Sachen Mitarbeiter zu entwickeln. Als wichtigste Bausteine der Geschäftsstrategie gelten Technologie (31 Prozent), gefolgt von Forschung und Entwicklung (17 Prozent). Mitarbeiter an sich ("people in general") nennen nur dreizehn Prozent.

Allerdings, so fügt Korn Ferry an, zeigen sich bei diesem Thema Unterschiede zwischen den Firmen. Manager aus besonders erfolgreichen Unternehmen (als Kriterium dafür gilt das Wachstum) legen mehr Wert auf den Faktor Mensch als solche aus mittelmäßigen Firmen.