Norddeutsche Affinerie

Strategisch anbinden

06.07.2005 von Rolf Roewekamp
Die Norddeutsche Affinerie konsolidierte und standardisierte SAP-Systeme und Infrastruktur des Konzerns. Bei der Anbindung der Tochtergesellschaften richtete sich die IT der Unternehmensstrategie aus.

Konkurrenten können überall in der Welt Kupfer produzieren und verarbeiten – und zwar billig. Die Globalisierung zwang die Norddeutsche Affinerie (NA) umzudenken. Die IT sollte ihre Kosten um 20 Prozent bis Ende 2005 senken, sprich 1,2 Millionen Euro. Angesichts der bislang autonomen Arbeitsweise der 25 Konzern-Gesellschaften ein schwieriges Unterfangen.

Als erstes machte der Vorstandsvorsitzende Werner Marnette die IT zur Chefsache: Die IT-Leiter Marit Conrath und Jörg Meyer berichten direkt an ihn. Früher drangen die IT-Verantwortlichen nur bis zum Finanzbereichsleiter vor. In der gleichberechtigten Doppelspitze ist Conrath für den ERP-Bereich zuständig, Meyer leitet die Infrastruktur.

Im August 2003 startete das IT-Duo mit eine sechswöchigen Bestandsaufnahme: Es durchleuchtete Geschäftsprozesse der einzelnen Gesellschaften und fertigte Ablaufskizzen an, um darauf eine Applikationsstrategie zu entwickeln. Der Fokus lag auf den internen IT-Prozessen: Change-Requests, internes Management und Kommunikation waren die wichtigsten Punkte.

Bei Migrationen und Konsolidierung von Gesellschaften richteten Conrath und Meyer sich an der Unternehmensstrategie aus: Je näher eine Gesellschaft der NA liegt, desto stärker bindet sie der Hamburger Konzern an.

Für die Tochter Hüttenwerke Kayser (Lünen in Westfalen) bedeute diese Strategie eine Komplett-Migration der IT: Kayser produziert wie die NA Kupfer und besitzt deshalb eine hohe strategische Bedeutung für den Konzern. So wie die Hüttenwerke geschäftlich zu 100 mit der NA verschmolzen, so wuchsen auch die ERP-Systeme zusammen. Im ersten Schritt verlagerte Conrath im Juli 2004 für rund 100 Anwender die Module wie Finanzbuchhaltung, Controlling und Materialeinkauf. Die alte Eigenentwicklung der Hüttenwerke für die Metallverarbeitung soll im Juli 2005 auf die NA-Lösung übergehen.

Weniger eng am Kerngeschäft der NA liegen das Kupfer-Recycling-Unternehmen Cablo (Fehrbellin in Brandenburg) und des Kupferverarbeiters Prymetall (Stolberg bei Aachen). Deswegen blieben beide Unternehmen im Gegensatz zu den Hüttenwerken Kayser rechtlich eigenständig und besitzen eigene IT-Verantwortliche.

Conrath konsolidierte die ERP-Abläufe von Cablo mit denen der NA im laufenden Betrieb. Seit Juni 2004 laufen die Prozesse der früheren Cablo-Eigenentwicklung auf dem SAP-Mandanten mit zwei unterschiedlichen Buchungskreisen bei der NA. Bei Prymetall nahm Conrath das SAP-System als eine Mandantenkopie auf das NA-System. Damit sparte sie neben den Lizenzkosten auch das vorherige Outsourcing des Prymetall-Systems ein.

In der Infrastruktur konsolidierte und standardisierte IT-Leiter Meyer. Eine VPN-Lösung für fast alle Konzerntöchter löste teure Standleitungen ab, die Sicherheit ging komplett auf die NA über, die Zahl der Netzwerk-Betriebssysteme fuhr Meyer von vier auf zwei herunter, Open-Source-Betriebssysteme und -Anwendungen setzt die NA so viel wie möglich ein, Hardware und Software für Server und PCs wurden vereinheitlicht.

Gerade bei der Standardisierung und der Verrechnung mit den Fachabteilungen und Werken kam es zu vielen Diskussionen. "Statt Konzern-Solidaritätspreise zahlen jetzt alle faire realistische Preise“, sagt Meyer. Als Nebeneffekt machte die Einzelverrechung die IT noch transparenter, wodurch sich die Kommunikation und Argumentation enorm verbesserte.

Das Umkrempeln von IT und Organisation hat sich ausgezahlt. Die gesetzten Sparziele werden erreicht – und die Wettbewerbsfähigkeit des Konzerns ist sicher.