Reaktion auf Post-Interview

Streit um E-Brief geht weiter

06.09.2010 von Johannes Klostermeier
Wettbewerber wie Itella und Regify hatten den E-Postbrief kritisiert. Die Deutsche Post reagierte und legte im Interview die ihrer Ansicht nach entscheidenden Unterschiede ihres Produkts dar. Jetzt haben sich wiederum die Wettbewerber zu Wort gemeldet.

„Ohne jetzt einen Kleinkrieg anzetteln zu wollen, habe ich noch einmal ein paar Punkte, die in der Darstellung von Herrn Rau falsch sind", teilte uns eine PR-Agentur ungefragt mit. Auf Interviews von Wettbewerbern des E-Postbriefs der Deutschen Post hatte wiederum der Projektleiter des E-Postbriefs, Georg Rau, in einem Gespräch mit unserer Schwesterpublikation CIO.de reagiert. Jetzt antworten wieder die Mitbewerber, weil sie sich von der Post falsch dargestellt sehen.

Raimund Schlotmann, Geschäftsführer von Itella Information: "Unser Angebot ist rechtssicher."

Raimund Schlotmann, Geschäftsführer des Dokumenten- und Informationslogistik-Dienstleisters Itella Information GmbH, betont: „Das Angebot von Itella umfasst eine vollständig elektronische Kommunikation, die wegen der Signatur rechtssicher ist. Der Versender und Empfänger muss nach dem Signaturgesetz identifiziert werden und kann sich darauf verlassen, dass die Meldung nicht verändert wurde. Der Unterschied ist in der Tat das Post-Identverfahren und die TAN."

Itella sagt: „Der Versender weiß bei uns, wer er ist und authentifiziert sich über die Signatur. Der Empfänger weiß im Business, was er bekommen darf und kann die Meldung verifizieren. Warum brauche ich also kompliziert Post-Ident, PIN und TAN?" Das würde nur einen Sinn ergeben, wenn zwei unbekannte Partner Briefe austauschen - im B2C- oder C2C-Bereich. Und weiter heißt es: „Im B2B kann ich keinen großen Mehrwert zur Signatur sehen. Vor allem nicht bei 55 Cent."

Kurt Kammerer, CEO der Regify AG: "Wir zielen ebenfalls auf den Massenmarkt."

Und auch Kurt Kammerer, CEO der Regify AG hat sich noch einmal bei uns gemeldet: „Es ist nützlich für den Nachfrager, dass die Deutsche Post sich öffentlich mit Alternativen auseinandersetzen muss. Warum Herr Rau aber einerseits vorgibt, Regify zu kennen, andererseits aber Unwahrheiten verbreitet, weiß ich nicht. Im CIO-Interview sind ihm einige gravierende Fehler unterlaufen. Denn wir und unsere Dienstleister zielen haargenau auf den Massenmarkt, den auch der E-Postbrief bedienen will. Und wir haben alle dazu erforderlichen Funktionen in einer dem E-Postbrief überlegenen Form."

Die acht Kritikpunkte

Aus Sicht von Kurt Kammerer sind folgende Dinge in Wirklichkeit anders, als im Interview dargestellt:

"Fehler (1): Unser Service ist nicht nur vertraulich sondern auch verbindlich durch Bestätigung des Empfangs und durch ein lückenloses, auditierbares Transaktionsregister.

Fehler (2): Wir unterstützen alternativ eine Reihe von Verfahren zur Authentifizierung und zur Sicherung der Identität, unter anderen auch PostIdent.

Fehler (3): Bei uns muss der Nutzer nichts herunterladen (wie behauptet) sondern kann rein web-basiert arbeiten. Der Nutzer entscheidet, was ihm lieber ist.

Zudem: (4) Natürlich funktioniert unser Service mit den bestehenden E-Mail Adressen, weil man keine neue braucht und der Kunde auch keine neue will.

(5) Wir sind offen. Während der E-Postbrief nur von der Deutsche Post angeboten werden kann, wird unser Service als Multi-Provider-Dienst von einer Reihe von Dienstleistern angeboten.

(6) Beim E-Postbrief hat die Deutsche Post die Adressdaten, bei unserem Service haben die Dienstleister diese Daten und damit die wertvollen Kundenbeziehungen.

(7) Ausserhalb Deutschlands können Produkte wie DE-Mail oder der E-Postbrief aus vielen Gründen nicht platziert werden. Bei uns ist das anders, zum Beispiel bietet der Provider Würth Itensis (eine IT-Tochter des Würth-Konzerns) Regify seit Juli in der Schweiz an. Der Würth-Konzern nutzt regify national und international.

(8) Wenn Sie jetzt noch Preise vergleichen, wird klar, warum der Deutsche Post Angebote wie unseres missfallen - ganz im Gegensatz zum Postnutzer, der solche Alternativen liebt."

Auch andere Unternehmen freuen sich über die große Werbekampagne der Deutschen Post.

Aber auch andere Unternehmen mischen im elektronischen Mailgeschäft mit. Der B2B-Internet-Service-Provider http.net aus Berlin feiert passend dazu das vierjährige Jubiläum seines Onlinebrief-Portals „E-Poststelle" unter der Marke „Confidence Post". Hier können nach eigenen Angaben des Anbieters Unternehmen und Privatkunden elektronische Rechnungen und Dokumente in einem sicheren E-Postfach empfangen, prüfen, weiterleiten und archivieren. Bis heute zähle die „E-Poststelle" mehr als 300.000 elektronisch versandte Dokumente.

"Inselpost ohne Zukunft"

Die http.net freut sich öffentlich über das Marketing von Online- und Hybridbrief durch die Deutsche Post AG, macht sich aber gleichzeitig über die Deutsche Post lustig: „Aus der früheren Behörde könne kein erfolgreicher Dienstleister für die elektronische Kommunikation von Unternehmen und Privatkunden werden", meint der Vorstand der http.net AG, Harald Buchner. Er bezeichnet den E-Postbrief als „Inselpost ohne Zukunft".

Buchner: „So wie man sich in der Fußball-Bundesliga keinen Titel erkaufen kann, so kann man sich im Internet keine Produktakzeptanz erkaufen. Aus unserer Sicht bewegt sich die Gelbe Post zunehmend in eine evolutionäre Sackgasse. Dabei besteht die große Gefahr, dass die Post am Ende ausstirbt. Vielleicht ist das ja ihr Ziel. Abgebaute Briefkästen, abgeschaffte Postämter und ein ausgezehrter Zustelldienst lassen leider darauf schließen."

Buchner erinnert in seiner Stellungnahme mit etwas Schadenfreude an den ersten Versuch der Deutschen Post, "E-Post.de" als E-Maildienst zu platzieren. Nach anfänglichem Gratisangebot und dem Versprechen einer lebenslangen Adresse stellte der Bonner Konzern den Dienst Anfang 2005 mangels Erfolg ein. Kunden von E-Post.de wurden an Lycos Europe vermittelt, mussten archivierte E-Mails jedoch händisch übertragen. Der von Bertelsmann und dem US-Unternehmen Lycos gegründete Internetdienst wurde Ende 2008 aus wirtschaftlichen Gründen geschlossen. Lycos Mail und dessen Nachfolger „Jubii Mail" Anfang 2009 abgeschaltet.

Buchner: „Ein intuitiv nutzbares Briefportal, das einfache Hochladen von Dokumenten und der zuverlässige Eingang in der kostenlosen E-Poststelle sowie die Zustellung durch bekannte Postdienstleister erleichtern Unternehmen und Privatnutzern die Arbeit. Der entscheidende Punkt für den Onlinebrief ist das Vereinfachen von Prozessen und damit das Einsparen wertvoller Personalressourcen. Der Briefkasten der Zukunft ist das Briefportal im Internet, das wir seit vier Jahren erfolgreich betreiben."

Das Unternehmen Unisys wiederum weist daraufhin, dass es von ihm schon seit 1999 die Lösung „Secure Document Delivery" gibt. Mit ihr könnten E-Mails mit einer qualifizierten Signatur und einigen weiteren technischen Kennzeichen, die den Absender eindeutig identifiziert, an jedes beliebige Empfänger-Postfach versendet werden. Die Akzeptanz dieser Lösung sei bereits „millionenfach im Einsatz bewiesen" und deshalb so groß, weil sie „für Endverbraucher äußerst einfach zu bedienen" ist und keine Notwendigkeit einer Neuregistrierung bestehe.

Keine neue Mail-Adresse notwendig

Verschlüsselungsmöglichkeiten mit bis zu 265bit AES für E-Mail-Anhänge bürgten zudem für die Datensicherheit. Dazu gäbe es weitere Funktionen wie die direkte Möglichkeit der Rechnungsbegleichung aus dem sicheren E-Mail-Anhang heraus. Endverbraucher müssten sich kein weiteres neues Passwort merken, sondern könnten die Post mittels eines sogenannten „Shared Secret" öffnen kann. Die Kosten für den sicheren E-Mail-Versand lägen je nach Betreibermodell bei wenigen Cent pro E-Mail.

Die Deutsche Post wollte sich zu den neuen Anwürfen der Wettbewerber nicht äußern. Das Schlusswort hat deswegen Kurt Kammerer von Regify: „Das Konvergenzthema physische/digitale Mail birgt enormes Potenzial für die B2B2C-Kommunikation der Zukunft und wird die Leserschaft kontinuierlich beschäftigen."