Gutachten beauftragt

Streitfall - E-Rechnung ohne digitale Signatur

21.11.2011 von Johannes Klostermeier
Anbieter alternativer Versandlösungen spüren große Verunsicherung bei Kunden. Regify hat jetzt einen Wirtschaftsprüfer mit einem Positivgutachten beauftragt.

In den Artikel „Elektronische Rechnungen - Digitale Signatur ist nicht mehr Pflicht“ berichtete unsere Schwesterpublikation CIO.de über die Empfehlungen der Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft DHPG, die vor zu „schnellen Schlüssen“ von Unternehmen warnte. Trotz der neuen Möglichkeiten sollten Firmen „nicht übereilt auf elektronische Rechnungen setzen“, sagte dort der Steuerberater Gert Klöttschen.

Kurt Kammerer, CIO von Regify: Interessenten wollen aus Unsicherheit lieber noch abwarten.

Kurt Kammerer, CEO der Regify-Gruppe, die den Versand elektronischer Rechnungen per E-Mail propagiert und mit dem Produkt "regibill" eine Lösung für den vereinfachten elektronischen Rechnungsverkehr entwickelt hat, kommentiert diese Stellungnahme kritisch. „Der Beitrag macht deutlich, dass noch Unsicherheit im Markt ist. Der im Beitrag interviewte Steuerberater könnte auch der Steuerberater eines Regibill-Empfängers sein. Diesen gilt es davon zu überzeugen, das sein Mandant die elektronische Rechnung risikofrei und damit guten Gewissens akzeptieren kann.“

Denn im Artikel wird der Steuerberater folgendermaßen zitiert: „Es reicht nicht aus, die Rechnung mit der E-Mail abzuspeichern. Ebenso wenig akzeptiert der Fiskus, wenn ein Papierausdruck der elektronischen Rechnung abgelegt wird. Die Archivierung und Aufbewahrung muss auf einem Datenträger erfolgen, der keine Änderungen mehr zulässt, etwa einmal beschreibbare CDs oder DVDs."

Unsicherheit aus dem Markt nehmen

Weil es bei Regify Interessenten gab, die nun sagten, dass sie aus Unsicherheit lieber erst einmal abwarten wollen, hat sich Kammerer nun dazu entschlossen, von einer renommierten Wirtschaftsprüfungsgesellschaft ein eigenes Gutachten über seine E-Mail-Lösung anfertigen zu lassen. „Wir wollen damit die Unsicherheit aus dem Markt nehmen“, sagte er.

Kammerer schimpft im gleichen Atemzug über die Lobby bestimmter Hersteller. Er hat dazu eine klare Meinung: „Die Digitale-Signatur-Branche sieht ihre Felle wegschwimmen und setzt ihre Lobby ein, um Angst zu schüren“.

"Gleiches Ergebnis mit viel weniger Aufwand"

Kammerer macht gleichzeitig Reklame für seine E-Mail-Lösung regibill: "Das Schöne an unserem Verfahren ist, daß wir auch das immer wieder bemühte Archivierungsproblem gelöst haben. Im Artikel steht diese Passage, die im regibill-Fall nicht greift: `E-Mail: Häufig werden Rechnungen als E-Mail-Anhang versendet, überwiegend im PDF-Format. Es reicht nicht aus, die Rechnung mit der E-Mail abzuspeichern. Ebenso wenig akzeptiert der Fiskus, wenn ein Papierausdruck der elektronischen Rechnung abgelegt wird. Die Archivierung und Aufbewahrung muss auf einem Datenträger erfolgen, der keine Änderungen mehr zulässt, etwa einmal beschreibbare CDs oder DVDs.`

Kammerer wirbt für seine E-Mail-Versand-Lösung, die von De-Mail unabhängig ist - und die ohne digitale Signatur auskommt.
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Im Falle von regibill reiche es, so Kammerer, nämlich aus, die Rechnung mit der E-Mail zu speichern, denn würde sich an der Rechnung etwas ändern, dann wäre auch der digitale Fingerabdruck, der bei der Registrierung der regibill durch den regibill-Clearing-Service gespeichert werde, nicht mehr identisch mit demjenigen, der bei der ad hoc Überprüfung der Rechnung genommen wird. Der regibill-Validierungs-Service komme in diesem Fall zum Ergebnis der Nichtübereinstimmung und dokumentiere dies im Validation-Report, der on-demand erstellt und per E-Mail zugeschickt werde.

Ebenso würde im Regelfall die Übereinstimmung zwischen registrierter Ursprungsrechnung (Fingerabdruck) und der zur Überprüfung vorgelegten Rechnung (ad hoc ermittelter Fingerabdruck durch Upload der fraglichen Rechnung) dem Anfrager bestätigt.

Kammerer: "Das heißt der freundliche Finanzbeamte schleicht dann unverrichteter Dinge wieder von dannen, der regibill-Empfägner freut sich ob des einfachen Verfahrens, das ihm zudem auch die von IT-Herstellern dringend empfohlene besondere Archivierung erspart, so er will. Im Endergebnis erzielen wir mit unserem Verfahren genau die mit der digitalen Signatur beabsichtigen Ergebnisse, allerdings mit sehr viel weniger Aufwand."

Nur mit derartigen Vereinfachungen sei es möglich, die heute noch zu mehr als 90 Prozent Papier-Rechnungen zu digitalen zu machen, wie es der Gesetzgeber gewollt hat. Kammerer: „Letztendlich leistet sich der Staat mit dem Steuervereinfachungsgesetz nichts weniger als den Offenbarungseid hinsichtlich des Irrglaubens, früher oder später würden alle die digitale Signatur einsetzen.“ Nach 15 Jahren würde diese „als Nischenprodukt“ sicher weiter existieren, nun aber sei der Weg frei "für Besseres", so Kammerer.

Symptomatisch für den Markt generell sei es laut Kammerer aber immer noch, dass oft die Zweifler stärker zu Wort kämen als die Problemlöser. „Den Trend, erst einmal gegen alles Neue zu sein, gebe es aber nicht nur in Deutschland. Nirgendwo hätten es die „Bewahrer“ aber leichter „sich als Gutmenschen feiern zu lassen.“ Kammerer selbst sieht sich dabei als "Innovator" - dies sind in seinen Augen hingegen nicht die Anbieter digitaler Signaturlösungen.

Die Gefahr, dass sich E-Invoicing weiter verzögere, sei hoch

Neues durchzusetzen ist schwierig - das gilt auch für den Versand elektronischer Rechnungen.
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Die Gefahr, dass das E-Invoicing sich weiter verzögere, sei laut Kammerer hoch - trotz des neuen und sehr guten Gesetzes. Kammerer meint: „Etwas zu ändern (wenn auch zum besseren) ist erst einmal anstrengender als alles beim Alten zu belassen.“ Bewahrer, die es zu Tausenden gebe, wie auch der Steuerberater aus dem CIO.de-Artikel - verunsicherten den Rechnungssender - und noch mehr die Empfänger.

Kammerer empört sich: „Sie haben Gewicht, auch wenn sie keine stichhaltigen Argumente haben. Sie kommen zu Wort mit ihren Bedenken - und der Anbieter einer innovativen Lösung erscheint erst einmal als gewinnsüchtiger Hasardeur.“ Selbst das oftmals von Unternehmen so gefürchtete Finanzministerium sei inzwischen kundenfreundlicher als so mancher Steuerberater, so Kammerers bitteres Fazit.