Fatale Selbsteinschätzung

Stress gilt als Statussymbol

22.10.2009 von Meridith Levinson und Andrea König
Unser ständiges gestresst sein macht krank. Ein amerikanischer Wissenschaftler fand nun heraus, dass sozialer und beruflicher Rang unseren Stress-Level beeinflussen.

Robert Sapolsky ist Neurobiologe an der kalifornischen Universität Stanford. 30 Jahre lang hat er Stress und Krankheiten bei Pavianen untersucht, um mehr über den Menschen zu lernen. Alles was uns Stress bereitet wie Stau, Arbeit, Streit, ist sozial konstruiert. Das ist bei den Pavianen genauso.

Einmal im Stress kommen wir nur schwerlich wieder zur Ruhe.
Foto: MEV Verlag GmbH

Bei Meridith Levinson von unserer amerikanischen Schwesterpublikation CIO.com schrillen die Alarmglocken, wenn sie sich mit Sapolskys Forschungen beschäftigt. Viel zu viele von uns nehmen das ständige gestresst sein einfach so hin. Nicht wir kontrollieren den Stress, der Stress kontrolliert uns: unser Verhalten, unsere Gefühle, unsere Gesundheit.

Es gibt sogar Menschen, die den Stress wie eine Medaille begreifen. Sie denken, dass ihr Stress-Level gleichzeitig zeigt, wie wichtig und unentbehrlich sie am Arbeitsplatz sind.

Weil wir den chronischen Stress als ganz normal akzeptieren, ignorieren wir die Warnsignale unseres Körpers. Levinson zählt nur einige der gefährlichen Nebenwirkungen von chronischem Stress auf: Konzentrationsschwierigkeiten, ein geschwächtes Immunsystem und ein erhöhtes Herzinfarktrisiko. An Kopfschmerzen, Rückenschmerzen, Schlafstörungen und Impotenz kann man auch wegen Stress leiden.

Wie der Rang den Stress bestimmt

Der Neurobiologe Sapolsky hat herausgefunden, dass wir - einmal gestresst - selten zur Ruhe kommen. Ist eine Deadline erreicht, finden wir etwas Neues, für das wir unsere Stresshormone ausschütten.

Der Wissenschaftler hat außerdem herausgefunden, dass unser sozialer und beruflicher Rang unseren Stress-Level mitbestimmen. Diese Folgerung leitet er vom Verhalten der Paviane ab. Er entdeckte, dass die Paviane der unteren Hierarchieebene gestresster waren als die der oberen. Sapolsky führt das darauf zurück, dass die Höherstehenden mehr Freizeit haben. Einen Teil ihrer freien Zeit verbringen die Paviane der oberen Hierarchieebene damit, die der unteren zu pisacken. Ein Grund für deren hohen Stress-Level.

In den Kommentaren zum Artikel berichten CIO-Leser von ihrem persönlichen Stress und davon, wie sie ihn in den Griff bekommen. Die Ratschläge eines Lesers: Sich selbst immer sich an die erste Stelle setzen und endlich lernen, "Nein" zu sagen. Bei ihm habe es Wunder gewirkt.