Platz 12 auf Top 500-Liste

Stuttgart hat schnellsten Rechner Europas

27.12.2011 von Johannes Klostermeier
Die Kosten von 22,5 Millionen Euro für die Hardware des ersten Installationsschrittes und die Betriebskosten von etwa zwei Millionen Euro pro Jahr werden durch Investitionen für eine energieeffiziente Infrastruktur flankiert.

Auf der neuen Top 500-Liste der weltschnellsten Supercomputer hat das Rechensystem HERMIT (auf deutsch: der Einsiedler) am Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart (HLRS) den 12. Platz in der Gesamtwertung erreicht und ist damit der schnellste Rechner in Deutschland sowie der schnellste zivil genutzte Rechner Europas. Das teilte voller Stolz die Universität Stuttgart mit.

Das durch den Experten für Höchstleistungsrechnen Professor Hans Meuer initiierte, halbjährlich erscheinende Ranking zeigt die Rechnergeschwindigkeit auf der Basis eines Programms zum Lösen von Gleichungssystemen auf. Der sogenannte „High Performance LINPACK Benchmark", läuft dabei auf dem gesamtem System über mehrere Stunden.

Das System basiert auf der Cray XE6 Supercomputer-Technologie.
Foto: Cray

Deutschlands schnellster Superrechner trat seinen Dienst am Höchstleistungsrechenzentrum Stuttgart nach intensiven technischen Vorbereitungen am 31. Oktober dieses Jahres an. Die Maschine arbeitet unter dem Namen HERMIT schneller als alle anderen Systeme in Deutschland Rechenzyklen aus Forschungsbereichen wie Automobil, Energie, Umwelt und Gesundheit ab.

„Mit der neuen Infrastruktur und dem Petaflopsrechner des HLRS auf der einen Seite und den drei neuen Forschungsgebäuden für das Visualisierungsinstitut VISUS, das Exzellenzcluster SimTech für Simulationstechnologien und das HLRS auf der anderen Seite wird die Universität Stuttgart zum mit Abstand führenden Wissenschaftszentrum für Simulation Technology in Deutschland und nimmt auch in Europa eine Spitzenstellung ein", sagte Professor Wolfram Ressel, der Rektor der Uni Stuttgart.

„Wir sind stolz und froh, dass unsere gemeinsame Planung mit der Herstellerfirma Cray sich so exakt halten ließ", sagt Professor Michael Resch, Direktor des HLRS. „Mit diesem System sind wir auch der internationalen Konkurrenz einen Schritt voraus."

Simulationen für Produktentwicklung und Erforschung neuer Verfahren

Die Bedeutung der Computer-Simulation für die Produktentwicklung und die Erforschung neuer Verfahren und Methoden nimmt ständig zu. Die Verfügbarkeit und die Fähigkeit zur effizienten Nutzung von sehr großen Rechensystemen hat sich daher nicht nur in der Wissenschaft, sondern ebenso in der Industrie zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor entwickelt.

Das System basiert im ersten Installationsschritt auf der Cray XE6 Supercomputer-Technologie sowie als erstes System in Europa auf dem AMD Interlagos-Prozessor und verfügt über eine Spitzenleistung von mehr als einem Petaflop/s (eine Billiarde Rechenoperationen pro Sekunde).

Durch einen weiteren Ausbauschritt im Jahr 2013 soll die Leistung um weitere vier bis fünf Petaflop/s steigen. Die Besonderheit des Systems liegt in seinem speziellen, auf Linux basierten Betriebssystem und der Software-Infrastruktur in einem für hochskalierbare Anwendungen optimiertem Kommunikationsnetz, sowie im Betriebsmodell.

Die enorme Rechenleistung des Systems soll nicht nur Wissenschaftlern zur Verfügung stehen, sondern wird auch zur industriellen Nutzung angeboten. Neben Großunternehmen können den Rechner nach einem Pay-per-use Modell auch kleine und mittlere Unternehmen nutzen. Das HLRS bietet dieses Service-Modell für Höchstleistungsrechnen schon seit einiger Zeit mit Erfolg an.

Die Kosten von 22,5 Millionen Euro für die Hardware des ersten Installationsschrittes und die Betriebskosten von etwa zwei Millionen Euro pro Jahr werden durch Investitionen für eine energieeffiziente Infrastruktur flankiert. Die neue Infrastruktur setzt auf Wasserkühlung der Rechnerkomponenten und ermöglicht bei Außentemperaturen von bis zu 18 Grad, die Wärme durch teilweise Abgabe an die Außenluft kostengünstig zu kühlen.

22,5 Millionen Euro für die Hardware des ersten Installationsschrittes

Stuttgart wird zum mit Abstand führenden Wissenschaftszentrum für Simulation Technology in Deutschland.
Foto: Fotolia.com/Juergen Effner

Finanziert wird HERMIT im Rahmen des Projekt „PetaGCS" mit Unterstützung des Bundesbildungsministeriums und dem Ministerium für Wissenschaft und Kunst Baden-Württemberg. Im Zuge des Projekts sollen die drei Standorte des Gauss Centre für Supercomputing (GCS) Garching, Jülich und Stuttgart innerhalb von sechs Jahren mit Petascale-Systemen ausgestattet werden.

Die Vergabe von Rechenzeit für europäische Projekte wird über die Partnership for Advanced Computing in Europe (PRACE) und für nationale Großprojekte in Abstimmung der Lenkungsgremien der anderen beiden nationalen Zentren, dem Leibniz-Rechenzentrum der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (LRZ) in Garching bei München und dem Forschungszentrum Jülich (JSC), innerhalb des Gauss Centre für Supercomputing (GCS) organisiert.

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.