CIO-Circle Jahrestagung

Torwart CIO

31.10.2006 von Rolf Roewekamp
Jens Lehmann erhielt der Vorzug vor Oliver Kahn, weil er sich mehr ins Spiel einschaltet. Auch CIOs müssen das Business stärker mitgestalten, wenn sie erfolgreich sein wollen. Der klassische technische IT-Leiter ist nicht mehr gefragt.

Ein Torwart ist auch nicht mehr das, was er einmal war. Nur hinten auf der Linie stehen und Schüsse abwehren reicht nicht. Er muss rauskommen, mitspielen, mitdenken, durch kluge Abschläge Angriffe einleiten und in den letzten Spielminuten auch schon mal mit im gegnerischen Strafraum stürmen. Im Zeichen der Fußballweltmeisterschaft verglichen Teilnehmer auf der Jahrestagung des CIO-Circle den IT-Manager mit einem Tormann: Die alte Rolle als Beherrscher der Technik reicht nicht mehr aus.

Management und Mitarbeiter setzen den störungsfreien technischen Betrieb der Informationstechnologie voraus. Damit gewinnt heute kein IT-Verantwortlicher mehr ein Spiel. Stattdessen muss der CIO immer stärker das Unternehmen als Ganzes betrachten, die Geschäftsprozesse optimal unterstützen und gelegentlich auch mal dem Management neue Innovationspotenziale der IT für das Business aufzeigen.

Knapp 70 IT-Manager diskutierten Ende April zwei Tage lang in Heidelberg in offener Atmosphäre über die "Zukunft des CIO". Wie immer waren keine Berater, keine IT-Hersteller und keine IT-Dienstleister anwesend - nur CIOs. Ziel des nicht-kommerziellen CIO-Circle (www.cio-circle.de) ist es, CIOs ein Forum zum offenen und vertrauensvollen Informationsaustausch zu bieten. Inzwischen sind über 490 IT-Verantwortliche Mitglied im Netzwerk.

Ohne IT-Wissen kommt ein CIO auch künftig nicht aus: Denn welches Unternehmen würde einen Finanzchef einstellen, der auf die Frage nach "Cashflow" antwortet: "Davon habe ich schon mal gehört." Über die Technik hinaus müssen sich CIOs aber in Vertragsrecht auskennen, Beziehungen zu Dienstleistern pflegen, die Beschaffung optimieren und sich so zum Kaufmann und Spitzeneinkäufer entwickeln. Das sind alles Gebiete, in denen sich CIOs mit technischem Hintergrund noch nicht so richtig wohl und heimisch fühlen.

CIOs müssen Konflikte suchen

Um die neuen Anforderungen auszufüllen, müssen IT-Manager besser kommunizieren. Sie sollten in der Sprache des Managements argumentieren und mit Fakten überzeugen, um so die Fähigkeiten der IT für das Business darzustellen. Dabei dürfe der CIO nicht konfliktscheu sein, sondern müsse im Gegenteil bewusst die Auseinandersetzung suchen. Denn Konflikte entstehen spätestens dann, wenn sich der CIO in die Prozessgestaltung der Fachabteilungen einschaltet. Gerade die Funktion als Prozessberater und als Bindeglied zwischen Business und IT sahen die Teilnehmer als wichtige Aufgabe. Denn in die Prozessgestaltung spielen immer stärker IT-Aspekte hinein.

Die Rolle als Prozessgestalter zieht eine weitere zentrale Aufgabe nach sich: IT-Manager müssen mit vielen Teams zusammenarbeiten. Erschwerend kommt hinzu, dass sie in Bezug auf viele Teams über keine disziplinarische Macht verfügen. Kernaufgabe des CIO werde es, sich zum Multi-Projekt- und Multi-Teamleiter zu entwickeln. Organisations-, Moderations- und Führungsqualitäten werden also die entscheidenden Qualitäten eines erfolgreichen CIOs.

Auf den CIO als Torwart kommt eine Menge neue Aufgaben zu. Er muss sich künftig stärker in die Offensive einschalten, um so das Spiel mitzugestalten. Sonst wird er ausgewechselt.