Edeka-Pilotprojekt

Unbezahlte Mehrarbeit vs. Überstundenkonto

20.12.2012 von Andrea König
Mit Mehrarbeit schieben laut Haller Wirtschaftsforschern oft Hochqualifizierte ihre Karriere an. Edeka plant nun ein Modell, Überstunden langfristig anzulegen.
Besonders bei Hochqualifizierten und Führungskräften häufen sich die Überstunden.
Foto: MEV Verlag

Im Durchschnitt leistete ein Arbeitnehmer im Jahr 2010 insgesamt 12,3 Überstunden pro Monat. 6,9 dieser Stunden wurden durch Freizeit ausgeglichen oder bezahlt. 3,2 Stunden wurden nicht kompensiert, bei den übrigen verhielt es sich teils/teils. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle.

Mit dem beruflichen Status steigt die Zahl der Überstunden - sowohl vergüteter als auch nicht vergüteter. Gerade Angestellte mit Personalverantwortung leisten mit mehr als 19 unbezahlten Überstunden pro Monat besonders viel Mehrarbeit.

Ein Grund für die unbezahlte Mehrarbeit ist nach Meinung der Studieninitiatoren ihr Investitionscharakter. Denn sie könne die Karrierechancen verbessern und damit ein höheres zukünftiges Gehalt erwarten lassen. Ein Indiz dafür sei, dass gerade Hochqualifizierte die meisten Überstunden leisten.

Anfang des Jahres haben wir auf CIO.de Zahlen des Statistischen Bundesamtes für das Jahr 2010 vorgestellt, nach denen auch die flexiblen Arbeitszeiten eine maßgebliche Ursache für Überstunden darstellen. Der Vergleich zeigt deutlich: Nur 15,1 Prozent der Arbeitnehmer mit strikt geregelten Zeiten und Vollzeitstelle arbeiten pro Woche länger als 40 Stunden. Wer seine Zeit aber völlig frei einteilen kann, hat zu 57,1 Prozent deutlich mehr als eine 40-Stunden-Woche.

Arbeitszeiten und der Umgang mit Überstunden sind ein großes Thema, auch auf der Arbeitgeberseite. Nach einem Bericht der Lebensmittelzeitung plant man bei Lunar, der IT-Tochter von Edeka, zu Anfang kommenden Jahres ein neues Arbeitszeitmodell. Dafür sollen Langzeitkonten eingerichtet werden, auf denen Überstunden auch über Jahre hinweg gesammelt werden können.

Neues Arbeitszeitmodell bei Edekas IT-Tochter

In Absprache mit dem Arbeitgeber, so die Lebensmittelzeitung, soll es möglich werden, diese Überstunden für Urlaub, Sabbatical oder vorzeitige Rente zu nutzen. Darüber hinaus sollen Mitarbeiter zukünftig die Möglichkeit erhalten, einen Tag pro Woche im Home-Office zu arbeiten. Eine Edeka-Sprecherin sagte auf Anfrage von CIO.de, dass man sich vor 2013 nicht weiter äußern könne, da man sich noch in den Vorbereitungen zum neuen Arbeitszeitmodell befinde.

Zurück zur Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle: Die Studienverfasser kreiden beim Thema unbezahlte Überstunden an, dass diese Messungen verzerren, zum Beispiel zur Arbeitsproduktivität. Denn in Statistiken zum gesamtwirtschaftlichen Arbeitsvolumen - etwa beim Institut für Arbeitsmarkt und Berufsforschung - tauchen sie nicht auf.

Die Studie des Instituts für Wirtschaftsforschung Halle ist unter dem Titel "Unbezahlte Überstunden in Deutschland" in Wirtschaft im Wandel erschienen. Verfasser sind Hans-Ulrich Brautzsch, Katja Drechsel und Birgit Schultz. Die Studie basiert auf Befragungsdaten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP).