Rating-Agenturen treiben das Geschäft an

Versicherer investieren in Risko-Management

11.01.2007 von Tanja Wolff
Der Druck auf die Versicherungswirtschaft, ein angemessenes Risiko-Management zu betreiben, nimmt weltweit zu. Bei 60 Prozent der Versicherer fallen die Entscheidungen zum Enterprise Risk Management (ERM) mittlerweile auf höchster Ebene. Das ist das Ergebnis einer Studie des Beratungsunternehmens Tillinghast.

78 Prozent der Befragten betreiben ihr derzeitiges Risiko-Management, weil es einfach zum Geschäft dazugehört. Ignorieren darf man allerdings nicht, dass auch äußere Einflüsse wichtige Treiber der Entwicklung sind. So nehmen Rating-Agenturen immer mehr das Risiko-Management einer Firma unter die Lupe.

"Wer sich gute Noten hinsichtlich seiner Finanzstärke erarbeiten will, muss spätestens jetzt die Implementierung eines Enterprise Risk Management vorweisen", sagt Markus Stricker, Berater bei Tillinghast. Besonders Versicherer aus Nordamerika würden auf die Anforderungen der Rating-Agenturen reagieren. Für Europäer spiele eher das zukünftige Regelwerk Solvency II eine wichtige Rolle.

Das Economic Capital ist für zwei Drittel der Befragten zur wichtigsten Methode bei der Risikomessung geworden. Dabei untersucht mehr als die Hälfte der Unternehmen aus mindestens drei Sichten die Situation: 56 Prozent aus lokaler Rechnungslegungssicht, 42 Prozent aus ökonomischer Sicht und 38 Prozent aus internationaler Rechnungslegungssicht (Gaap oder IAS).

Dadurch, dass ein umfassendes ERM-System immer wichtiger wird, wächst auch die Bedeutung der Position des Chief Risk Officers (CRO). Mittlerweile haben 43 Prozent der Versicherer einen CRO. 2004 waren es nur 39 und 2002 lediglich 19 Prozent gewesen.

Risiko für die Unternehmensführung

Laut der Untersuchung wird Risiko-Management mit steigender Intensität immer mehr zu einem Vorstandsthema. ERM gewinnt sogar in den Aufsichtsräten an Gewicht. 92 Prozent der ERM-Verantwortlichen haben im vergangenen Jahr mindestens einmal jährlich an den Aufsichtsrat berichtet. 53 Prozent informieren das Board sogar vierteljährlich.

Die europäischen Versicherungen rechnen damit, dass besonders der Start von Solvency II dazu führen wird, dass das Risiko-Management verbessert werden muss. Dennoch beurteilen die Befragten in Kontinentaleuropa und Großbritannien die Anforderungen in ganz unterschiedlicher Weise. Das ist vor allem auf das in England geltende ICAS-System zurückzuführen. Dieses schafft bereits heute Solvency II ähnliche Anforderungen.

ERM hat bei vielen Versicherern große Fortschritte gemacht, allerdings geben 77 Prozent der Firmen an, dass sie noch an der Verbesserung ihrer Risikomessung und -quantifizierung arbeiten. Insgesamt sind sie mit ihren bisherigen ERM-Fähigkeiten nicht zufrieden.

Der Analyse zufolge kann in den kommenden Jahren mit einer stetigen Verbesserung von Risikomodellierung und -management gerechnet werden. Der Grund: Versicherer erkennen immer mehr den potenziellen Einfluss eines einzigen unvorhersagbaren Ereignisses auf ihr operatives Geschäft ebenso wie auf ihre finanzielle Situation. Insgesamt wird die erhöhte ERM-Fähigkeit die Firmen flexibler machen.

Für die Studie "Risk Management. Risk Opportunity" befragte Tillinghast rund 200 Versicherer aus der ganzen Welt. Etwa 80 kamen aus Europa.