Forrester und Saugatuck zur Cloud-Ökonomie

Versteckte Kosten in der Wolke

17.07.2013 von Werner Kurzlechner
Der Teufel steckt auch beim Cloud Computing im Detail. Um finanziell zu profitieren, müssen Anwender aufmerksam bei den versteckten Kosten sein. Analysten verraten, worauf es dabei ankommt – und was die Cloud-Ökonomie mit Milchschaum zu tun hat.
Wer die Kosten in der Wolke im Griff behalten will, muss bei den versteckten Kosten aufmerksam sein.
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Eine verführerische Milchschaumkrone, ein Koffeinkick für zwischendurch, ein unwiderstehliches Aroma: Klar, ein Latte Macchiato oder ein Cappuccino muss schon gelegentlich sein – auch wenn das Heißgetränk bei der global-urbanen Röstereikette um die 3 Euro kostet. Oder ist der gelegentliche Genuss am Ende ein tägliches Muss, um unfallfrei durch einen Arbeitstag zu kommen? Dann würde der läppisch erscheinende Spaß jährlich und ganz grob auf 230 Arbeitstage gerechnet fast 700 Euro kosten. Zu viel, zu wenig oder gerade angemessen für den Kaffee zwischendurch?

Ein ähnliches Exempel rechnet Forrester-Analyst James Staten vor, um auf die versteckten Kosten in der Public Cloud aufmerksam zu machen. Denn die Ökonomie des Cloud Computings weist nach Einschätzung des Analysten einige Parallelen zu jener des Kaffeegenusses auf. Dass die Anwender hilfreiche Gedanken zum Kostenkalkül in der Wolke gut gebrauchen können, liegt nahe. Denn in der Theorie – und eigentlich auch in der Praxis – ist Cloud Computing schnell, einfach und vor allem auch günstig. Dennoch misslingt es immer noch vielen Firmen, die erhofften Spareffekte auszuschöpfen. Der Grund dafür ist denkbar trivial: Häufig kosten IT-Services aus der Wolke zwar deutlich weniger als die Nutzung klassischer hauseigener IT-Ressourcen; aber manchmal ist es eben auch umgekehrt. Darum sollten Anwender die ökonomischen Gesetze in der Cloud beachten, auf die neben Forrester auch die Analysten von Saugatuck Technologies hinweisen.

Cloud-Ökonomie ist speziell

Staten will mit dem Latte Macchiato-Beispiel zeigen, dass „günstig" oder „teuer" häufig genug eine Frage des Blickwinkels ist. Beim Cloud Computing seien die Preismodell aber nicht nur eine Sache der Optik, sondern des sinnvollen Kaufverhaltens. „Der Schlüssel zur Cloud-Ökonomie liegt darin, den Cloud-Service nicht genauso zu behandeln wie die traditionelle IT", erläutert der Forrester-Analyst. Um Vorteile aus Cloud-Angeboten ziehen zu können, dürfe man als Anwender nicht einfach nur statisch konsumieren. „Nutzen Sie nur das, was sie benötigen – und zwar dann, wenn sie es benötigen", rät Staten. Das bedeutet auch, immer aufmerksam und handlungsbereit zu sein und den Verbrauch wirklich einzustellen, wenn das möglich ist.

Der Analyst nennt insgesamt sechs versteckte Kostentreiber, bei denen Vorsicht geboten ist – jeweils drei für die Bereiche Software-as-a-Service (SaaS) und Cloud Platforms. Im SaaS-Segment ist Customization das erste Problemfeld. Je stärker man SaaS-Lösungen so einsetzt, wie sie von der Stange kommen, umso günstiger sind sie – im Umkehrschluss wirkt sich jede Anpassung negativ aus. „Anpassungen können schnell zu Entwicklungs- und Wartungskosten führen, die man nicht antizipiert hat", warnt Staten. „Das ist der Fehler, der Firmen am häufigsten unterläuft." Zumeist sei es kostengünstiger, den Mitarbeitern die Nutzung der Cloud-Lösung so wie sie ist beizubringen, als an der Anwendung herumzuschrauben. „Nicht immer ist das möglich", so Staten. „Aber als Faustregel sollte man das im Hinterkopf haben."

Versteckte SaaS-Kosten gibt es laut Forrester auch bei der Integration. Das Andocken von SaaS-Services an interne Applikationen und Datenbanken sowie andere zugekaufte Dienste sei unvermeidlich. Unumgänglich sind damit aber Arbeiten an Architektur, Management und Wartung verbunden. Best Practice sei es, eine klare Integrationsarchitektur mit möglichst geringen Mitteln zu entwerfen.

Drittens ist nach Beobachtung Statens besonders darauf zu achten, dass der SaaS-Einsatz nicht ausufert. Möglicherweise habe man ein echtes Schnäppchen gemacht, als man ursprünglich eine App für 15 Mitarbeiter anschaffte. Wenn aber plötzlich 1.500 Mitarbeiter auf die Lösung zugreifen, fährt man mit 99 US-Dollar an Kosten pro Nutzer vielleicht nicht mehr günstiger als mit einer In-House-Lösung. Darum gilt: Zurückhaltung bei der Freigabe von Zugängen.

Auf Workload achten

Cloud-Plattformen wiederum haben den unschlagbaren Vorzug, mit einem Pay-per-Use-Modell äußerst geringe Einstiegskosten und elastische Skalierung zu bieten. In ihrer Begeisterung darüber verlieren manche Firmen offenbar aus den Augen, dass Apps manchmal auch nicht mehr eingesetzt werden oder der Workload sinkt. „Hier lässt sich enorm Geld sparen, indem man nicht mehr benötigte Ressourcen einfach abschaltet", so Staten.
Überdies hat der Storage-Bedarf einen Hang zum Wachsen – von selber schrumpft er jedenfalls nicht. Nach Einschätzung von Forrester Research lässt sich hier gegensteuern, indem man nicht permanent benötigte Daten auf günstigere Service-Angebote verlagert, Caching möglichst weit ausbaut und überflüssige Files und ihre Kopien auch wirklich löscht.

Ferner gilt es Grundlegendes über Cloud Economics zu beachten. Apps sind dann für Pay-per-Use-Plattformen geeignet, wenn sie elastisch skalierbar sind und/oder eine schwankende Nutzung aufweisen. Der Ressourcenverbrauch sollte also mit der Einsatzhäufigkeit korrelieren. Zudem sind Apps für diese Art der Cloud geeignet, wenn sie nicht andauernd genutzt werden – wenn es also saisonale oder zyklische Spitzen gibt oder nur gelegentlich höchste Performance benötigt wird. Demgegenüber ist laut Staten eine App dann besser intern aufgehoben, wenn sie fortlaufend auf gleichem Niveau Ressourcen benötigt.

Saugatuck kommt in einer eigenen Studie zu ähnlichen Empfehlungen. Unternehmen mit langandauernden, aber unregelmäßigen Peaks hätten beispielsweise bei einer On-Demand-Preisstruktur für die Public Cloud mit relativ hohen Kosten zu rechnen. Bei unregelmäßigen, aber kurzen Spitzen sei demgegenüber mit dem größten Spareffekt in der Public Cloud zu rechnen.

Kleinteilige Evaluierung

Überhaupt seien Umfang und Art des Workload ganz entscheidende Faktoren dafür, ob und welche Art von Cloud Computing sich rechnet. Grundsätzlich lässt sich laut Saugatuck jeder Workload einer von fünf Kategorien zuordnen: Web Services, Datenbank-Dienste, Services für Netzwerk und Datenübertragung, Application Services und Support fürs Systemmangement. Anwender sollten für jeden dieser fünf Blöcke separat kalkulieren, ob sich ein Outsourcing in die Wolke rechnet. Zu bedenken seien dabei grundsätzliche Erfahrungswerte. Web Services etwa seien in der Regel gut für die Public Cloud geeignet, während sich Datenbank-Services erfahrungsgemäß eher für die Hybrid Cloud respektive Private Cloud anbieten.

Je schwächer die Ausnützung, umso rentabler wird nach Beobachtung von Saugatuck die Flucht in die Wolke. Und bei geringerem Effizienzgrad der IT ist die Public Cloud – in Abhängigkeit von den Angeboten der Provider – möglicherweise bei kleinem Workload schon attraktiv, selbst wenn die eigenen Ressourcen fast voll genutzt werden.