E-Mails im Urlaub

Viele CIOs arbeiten in den Ferien

05.08.2013 von Andrea König
Wer nicht völlig abschaltet, verlernt das und brennt langsam aus, sagt Digital-Therapeutin Anitra Eggler. Wie gehen IT-Verantwortliche im Urlaub mit der Erreichbarkeit um? Vier CIOs berichten, ob und wie sie in den Ferien ihre E-Mails lesen und bearbeiten.

Reporter der TV-Sendung "Hart aber fair" befragten Urlauber am Flughafen, ob sie im Urlaub arbeiten werden. Viele präsentierten Smartphones und Laptops, die sich nicht zum Vergnügen im Reisegepäck befanden. Aktuelle Zahlen verdeutlichen, wie wenig Arbeitnehmer scheinbar in den Ferien abschalten. Eine Regus-Umfrage kam zum Ergebnis, dass knapp ein Drittel der deutschen Berufstätigen im Urlaub ein bis drei Stunden am Tag arbeitet.

Sieben Prozent sollen täglich sogar mehr als drei Stunden opfern, und 14 Prozent sind im Urlaub fast genauso viel im Einsatz wie sonst. Eine von Teamviewer initiierte Umfrage kommt zu folgenden Ergebnissen: Fast jeder zweite Beschäftigte werde im Urlaub per E-Mail oder telefonisch in Kontakt mit Arbeitgeber, Kollegen oder Kunden bleiben. Komplett isoliert vom Job ist eine Minderheit von 23 Prozent.

Immer erreichbar: Auch im Urlaub können viele Manager nicht ganz abschalten.
Foto: Subbotina Anna - Fotolia.com

Doch wie ist es bei Managern? Kann man es sich in einer Führungsposition überhaupt leisten, nicht erreichbar zu sein? In einer Diskussionsrunde des Karrierezentrums der Computerwoche auf der diesjährigen CeBIT sagte EMC-Chefin Sabine Bendiek, dass verantwortungsvolle Führungsaufgaben viel Engagement und Zeit erfordern: "Wer viel Verantwortung hat, kann sein Handy nicht ganz abschalten." Einen "always-on-Schalter" gebe es durchaus. Mit einem halben Ohr seien Führungskräfte immer in der Firma, sagte Bendiek.

Anitra Eggler sieht das anders. Die Autorin und Rednerin hat unter anderem das Buch E-Mail macht dumm, krank und arm verfasst und bezeichnet sich selbst als Digital-Therapeutin. Abschalten sollte ihrer Meinung nach auch bei Managern im Urlaub selbstverständlich sein: "Ein guter Manager kann beruhigt im Urlaub abschalten - und mit abschalten meine ich alle Geräte und Büro-Standleitungen - weil er, wenn er seinen Job gut gemacht hat, sicher sein kann, dass während seiner zwei oder drei Urlaubswochen alles auch ohne ihn fabelhaft läuft", sagt Eggler. Gerade für Manager, für ihre Worklife-Balance und ihren Familienfrieden sei es in unseren überkommunizierten Turbo-Zeiten extrem wichtig, im Urlaub komplett zu defragmentieren. Wer nicht völlig abschalte, verlerne das und brenne sich langsam, aber sicher aus.

Wie handhaben CIOs es mit den E-Mails und der Erreichbarkeit in den Ferien? Vier IT-Verantwortliche haben uns das verraten.

Der Laptop oder das Smartphone reist mit
Viele Manager sind auch im Urlaub online. Wir haben CIOs befragt, wie sie in den Ferien mit ihren E-Mails umgehen.
Klaus Glatz, CIO beim österreichischen Anlagenbauer Andritz ...
... liest auch im Urlaub regelmäßig seine E-Mails.
Seine Strategie:
Er sieht nicht jeden Tag in die E-Mails und ist sehr selektiv, welche E-Mails er bearbeitet und auf welche er antwortet.
Wolfgang Heizmann, CIO bei der Tognum AG ...
... liest im Urlaub etwa einmal am Tag seine E-Mails.
Seine Strategie:
Er hat eine permanente Vorselektion eingestellt, die alle cc-Eingänge ausfiltert.
Till Rausch, CIO von Thales Deutschland ...
... prüft während des Urlaubs alle paar Tage seine E-Mails.
Vorbereitung auf Abwesenheit
Vor dem Urlaub nimmt er in seine Signatur einen Vermerk "geplante Abwesenheit von/bis" auf, rot markiert. Ansprechpartner haben dadurch die Gelegenheit, Terminsachen noch mit ihm gemeinsam zu erledigen und werden nicht von einer Abwesenheitsnotiz überrascht.
Seine Strategie:
Er leitet weiter, was sich zur Weiterleitung eignet, löscht, was gelöscht werden kann und legt den Rest in einem "Erledigen"-Ordner ab. So bleibt nichts im Posteingang und muss kein zweites Mal gelesen werden.
Christian Würger, Director IT Europe bei Fossil ...
... liest in den Ferien konsequent keine E-Mails.
Seine Strategie:
Mehrmals im Jahr kürzere Ferien von einer Woche bis zehn Tagen. Außerdem legt er Wert darauf, ein kompetentes IT-Führungsteam aufzubauen und während seiner Abwesenheit als Stellvertretung einzusetzen. In dringenden Fällen kontaktiert die Stellvertretung ihn per SMS oder telefonisch.
Letzter Urlaubstag
Am letzten Ferientag arbeitet Würger meistens die aufgelaufenen Mails ab, damit er den ersten Arbeitstag nach dem Urlaub nicht ausschließlich vor dem Bildschirm verbringen muss.

Klaus Glatz, CIO beim österreichischen Anlagenbauer Andritz

Klaus Glatz schaut sich seine Mails auch im Urlaub an, aber sehr selektiv.
Foto: Andritz AG

Klaus Glatz, CIO beim österreichischen Anlagenbauer Andritz, antwortet - aus seinem Urlaub. "Ich schaue mir regelmäßig meine Mails auch im Urlaub an, bin aber sehr selektiv, welche Mails ich bearbeite und auf welche ich antworte. Normalerweise nehme ich mir morgens und abends Zeit, mich auf die wesentlichen Themen zu konzentrieren - mache das aber nicht jeden Tag. Sollte wirklich etwas Dringendes sein, schickt mir meine Assistentin eine SMS, auf die ich dann antworte", schreibt Glatz. Ein Abwesenheitsassistent enthält die Kontaktdaten seiner Assistentin und eines Stellvertreters für wichtige Anliegen.

Wolfgang Heizmann, CIO der Tognum AG

Auch Wolfgang Heizmann geht im Urlaub nicht komplett offline.
Foto: Tognum AG

Auch Wolfgang Heizmann, CIO bei der Tognum AG, geht im Urlaub nicht komplett offline. Er schreibt: "Unvernünftigerweise und entgegen dem Rat meiner Frau lese ich auch im Urlaub meine E-Mails etwa einmal am Tag." Dabei liest Heizmann mit System: Er hat eine permanente Vorselektion eingestellt, die alle cc-Eingänge ausfiltert. Einen Abwesenheitsassistenten richtet er ein, wenn er länger als ein paar Tage nicht im Büro ist.

Till Rausch, CIO von Thales Deutschland

Till Rausch prüft seine Mails im Urlaub mit System.
Foto: Thales

Till Rausch, CIO von Thales Deutschland, bereitet Kontakte auf seine Abwesenheit vor: "Vor meinem Urlaub nehme ich in meine Signatur einen Vermerk ‚geplante Abwesenheit von/bis‘ auf, rot markiert. Viele meiner Ansprechpartner haben dadurch die Gelegenheit, noch vor meinem Urlaub Terminsachen mit mir gemeinsam zu erledigen und werden nicht von einer Abwesenheitsnotiz überrascht", erläutert Rausch. Wichtige Kontakte kennen seine Handynummer und können ihn in dringenden Fällen anrufen. Alle paar Tage prüft er während des Urlaubs seine Mails. Dabei geht Rausch systematisch vor: Er leitet weiter, was sich zur Weiterleitung eignet, löscht, was gelöscht werden kann und legt den Rest in einem "Erledigen"-Ordner ab. "Keinesfalls lasse ich etwas im Posteingang stehen, so vermeide ich ineffizientes wiederholtes Lesen", so Rausch.

Christian Würger, Director IT Europe bei Fossil

Christian Würger liest während seiner Ferien konsequent keine E-Mails.
Foto: Christian Würger

Nur einer der von uns befragten CIOs schaltet im Urlaub komplett ab. Christian Würger, Director IT Europe bei Fossil, schreibt: "Nein, ich lese konsequent keine Mails in den Ferien. Ich finde der Erholungseffekt ist dahin, wenn ich vier- bis fünfmal am Tag die Inbox durchschauen und Mails beantworten muss. Hinzu kämen ja noch zig Telefonanrufe zwecks Rückfragen, Follow-up, Delegation ans Team etc." So generiere man eine Erwartungshaltung bei den Absendern, wenn man erst einmal anfange, E-Mails in den Ferien zu beantworten.

"Ich finde, jeder muss ersetzbar sein", schreibt Würger und spricht damit sicher auch Autorin Anitra Eggler aus der Seele. Damit das funktioniert, macht Würger mehrmals im Jahr kürzere Ferien von einer Woche bis zehn Tagen. Außerdem legt er Wert darauf, ein kompetentes IT-Führungsteam aufzubauen und während seiner Abwesenheit als Stellvertretung einzusetzen. Diese Stellvertretung kontaktiert den CIO per SMS oder telefonisch, wenn etwas wirklich dringend/wichtig ist. Am letzten Ferientag geht der IT-Verantwortliche dann wieder online: "Die aufgelaufenen Mails der Ferien arbeite ich meist am letzten Ferientag auf, damit ich den ersten Arbeitstag nach den Ferien nicht ausschließlich vor dem Bildschirm verbringen muss", so Würger.

Neun Tipps für einen entspannten Urlaub
9 Tipps für einen entspannten Urlaub
Besser vier Wochen Sylt, als zwei Wochen DomRep: "Körper und Seele brauchen mindestens drei Wochen, um sich zu erholen", weiß der Psychiater Michael Stark. "Das gilt ganz besonders, wenn man in eine andere Zeitzone oder in ein anderes Klima fährt." Denn Jetlag und die Umstellung auf tropische Temperaturen belasten den Körper mehr, als ihn zu erholen. Das gilt ganz besonders für stark Gestresste und für Kurzurlaube.
Erledigen Sie alle wichtigen Aufgaben vor Ihrem Urlaub
Und bitte nicht die letzten Aufgaben im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub erledigen. Die Gefahr, die Arbeit mit in die Ferien zu nehmen wäre zu hoch.
Versuchen Sie es mit einem Kontrastprogramm
Machen Sie in Ihrem Urlaub das, was Sie zuhause selten tun. Wenn Sie bei ihrem Job viel sitzen oder stehen, versuchen Sie es in den Ferien mit Bewegung. Haben Sie in Ihrer Arbeit ständig mit vielen Menschen zu tun, probieren Sie im Urlaub aus, ob Sie Stille und Leere genießen können.
Überfrachten Sie Ihren Urlaub nicht
Nehmen Sie sich nicht jeden Tag was vor, sondern planen Sie auch Zeiten ohne Aktivitäten ein, in denen Sie einfach nur entspannen. Wenn Sie mit Partner oder Familie reisen, gönnen Sie allen auch einmal Zeit ohne die anderen. Manchmal lassen sich einfach nicht alle Urlaubswünsche auf einen Nenner bringen.
Schalten Sie Ihr Handy aus
Diese Maßnahme wird den meisten wohl am schwersten fallen; schließlich kann es ja sein, dass Kunden mit Aufträgen winken. Genau das ist aber zugleich der größte Stressfaktor. Versuchen Sie es zunächst mit langsamer Entwöhnung: Hören Sie einmal am Tag Ihre Mailbox ab, das reicht.
Lassen Sie zwischen letztem Arbeits- und erstem Reisetag ein paar Tage vergehen
Damit geben Sie dem Körper die Möglichkeit, zwischen Arbeitsstress und Reisestress schon einmal ein wenig zu entspannen.
Der eine liegt im Urlaub gerne am Strand, der andere geht gerne wandern
Finden Sie heraus, was Ihnen gut tut: faulenzen oder aktive Entspannung. Das ist von Mensch zu Mensch unterschiedlich.
Wenn Sie in den ersten Urlaubstagen noch an die Arbeit denken, machen Sie sich keinen Stress damit
Solche Gedanken stehen nicht im Widerspruch zu Ihrem Wunsch nach Entspannung, sondern können der Auftakt dafür sein, wenn Sie anschließend die Fragen und Probleme aus Ihrem Job abgehakt haben.
Nehmen Sie Ihren Urlaub mit nach Hause
Fotos und Videos wecken auch später die Erinnerung an entspannte Tage und schöne Erlebnisse. Die Musik, die Sie am Strand oder im Club gehört haben, bringt Ihnen das Gefühl der Erholung wieder zurück. Und wenn Sie Ihren Weg zur Entspannung gefunden haben, probieren Sie einfach aus, ob der auch im Alltag für Sie begehbar ist.

Alle CIOs die sich an unserer Umfrage beteiligt haben, arbeiten für börsennotierte Unternehmen. Für Manager in Börsenkurs-relevanten Führungspositionen gelten bei Digital-Therapeutin Anitra Eggler etwas weniger strenge Regeln. Sie sollten ein Notfall-Szenario definieren, also für Notfälle - dringend sowie wichtig sowie kurskritisch - erreichbar sein und dafür vorab klare Regeln festlegen. Seine E-Mails lesen und bearbeiten sollte man auch dann nicht, weil man so nicht abschaltet. "Jeder hat das Recht auf Urlaub", fordert Eggler.