Studie von KPMG

Viele Cloud-Projekte werden scheitern

16.11.2011 von Holger Eriksdotter
Provider und Berater verteilen schlechte Noten: IT-Chefs könnten vor allem im Steuern von Cloud-Projekten noch viel lernen. KPMG erwartet scheiternde Projekte.
Berater und Provider stellen den CIOs ein vernichtendes Zeugnis aus, wenn es um deren Verständnis von Cloud Computing geht: Nicht einmal Mittelmaß bescheinigen sie den IT-Verantwortlichen.
Foto: KPMG/EquaTerra

Obwohl immer mehr Unternehmen Cloud-Services in unterschiedlichsten IT-Bereichen einsetzen, fehlt es vielerorts noch an einem tieferen Verständnis der Cloud-Technologie. So jedenfalls stellt sich die Situation aus Sicht von Cloud-Anbietern und Outsourcing-Beratern dar: Für eine Studie sollten sie den Wissenstand ihrer Kunden in Bezug auf verschiedene Aspekte des Cloud Computing auf einer Skala von eins (völlig ahnungslos) bis fünf (bestens informiert) bewerten.

Nicht mal Mittelmaß

Das Ergebnis ist ernüchternd. Nach Einschätzung der Provider und Berater erreichen die befragten CIOs und IT-Entscheider nicht einmal Mittelmaß. Den niedrigsten Wert vergaben die Berater mit 1,29 (Provider: 2,19) für das „Managen und Steuern von Cloud-Projekten“. Unwesentlich höher schätzten die Berater mit einem Wert von 1,81 (Provider 2,35) die Fähigkeit der IT-Verantwortlichen im Hinblick auf „Cloud-Sourcing und das Strukturieren von Cloud-Initiativen“ ein.

Stan Lepeak, Direktor des KPMG Sourcing Advisor Global Research Teams, überraschen die Ergebnisse nicht:"Die Anwender richten ihren Blick bei Cloud Computing eher auf die angfristigen Perspektiven als die unmittelbare Einsetzbarkeit."
Foto: KPMG/EquaTerra

Ebenfalls schlechte Bewertungen erhielten die Befragten, wenn es um ihre Fähigkeit ging, die Reife von Cloud-Computing-Angeboten und deren Potenzial für die eigene Unternehmens-IT einzuschätzen. Hier vergaben die Berater einen Wert von 2,19, die Provider 2,68. Stan Lepeak, Direktor des KPMG Sourcing Advisor Global Research Teams, ist von den Ergebnissen nicht überrascht: „In den Unternehmen ist bei Cloud Computing der Fokus eher auf die langfristigen Perspektiven ausgerichtet und weniger darauf, die Angebote von Cloud-Providern einer kritischen Prüfung im Hinblick auf kurzfristige Einsetzbarkeit zu unterziehen.“

Zudem sei die Technologie so jung, dass es noch an einer aussagekräftigen Datenbasis für Business-Cases fehle. „Es ist ja nicht so, dass es den Anwendern grundsätzlich an Verständnis von Cloud Computing mangelt. Aber es gibt auch auf Seiten der Anbieter bisher noch nicht allzu viele praktische Beispiele, aus denen sich aussagekräftige Business Cases ableiten ließen.“ Zudem sei der noch junge Markt für Cloud Services äußerst dynamisch. Das hohe Tempo der Veränderung mache es für die Kunden schwer, mit dem Marktgeschehen Schritt zu halten. „Mit Cloud Computing ist es heute so wie in den Anfängen des Internets, als Anwender sich noch schwer damit taten, Strategien zu entwickeln, um das Potenzial des Internets für ihr Business auszuschöpfen“, sagt Lepeak.

Trotz der noch vorhandenen Defizite beim Verständnis von Cloud-Technologien sind die Cloud-Anbieter optimistisch, wenn es um das zukünftige Kaufverhalten ihrer Kunden geht. Nach Angaben der befragten Provider, die zum großen Teil neben Cloud-Services auch klassische Outsourcing-Dienstleistungen anbieten, setzen schon jetzt 42 Prozent ihrer Kunden mindestens einen Cloud-Service ein. Im nächsten Jahr soll dieser Wert auf 66 Prozent ansteigen.

Cloud-Provider optimistisch

Vor allem die Provider sind optimistisch, wenn es um den zukünftigen Einsatz von Cloud Computing geht.
Foto: KPMG/EquaTerra

Die Lernkurve bei den Anwendern, die schon klassische Outsourcing-Services genutzt hatten, steige „stetig, aber nicht steil“ an, sagt KPMG-Direktor Lepeak. „Dabei ist das Sammeln von Erfahrungen ebenso wichtig wie das Aneignen von Wissen.“ Grundsätzlich unterschieden sich Rahmenwerk und Prozesse nur wenig von den Vereinbarungen des traditionellen Outsourcing.

Dennoch sollten die Anwender ihre Kenntnisse des Cloud-Marktes möglichst schnell ausbauen, um das zunehmende und immer breiter gefächerte Angebot an Cloud-Services besser einschätzen und für sich nutzen zu können. Allzu optimistisch ist Lepeak indes nicht. Nach seiner Einschätzung ist damit zu rechnen, dass es noch zu einer Vielzahl von gescheiterten Cloud-Projekten kommen wird, bevor eine nachhaltige Besserung eintritt. „Wenn sie in ein bis zwei Jahren in die Fachpresse sehen, werden Sie sicher von einer ganzen Reihe Cloud-Projekten lesen, die nicht den angestrebten Erfolg gebracht haben und mit unerfüllten Erwartungen geendet sind“, prophezeit der KPMG-Outsourcing-Experte.

Der Studie beruht auf den Daten des KPMG Sourcing Advisory Global Pulse Survey aus dem zweiten Quartal 2011. Die „Advisor and Service Provider Pulse Surveys“ werden seit 2004 regelmäßig vom Spezialisten für Outsourcing-Beratung EquaTerra durchgeführt. KPMG hat EquaTerra im Februar 2011 übernommen; die Ergebnisse des Global Pulse fließen seither in die Marktstudien des KPMG Advisory Pulse ein. Grundlage der Studie sind die Daten der weltweit tätigen KPMG-Outsourcing-Berater sowie eine Befragung von 22 internationalen Outsourcing-/Cloud-Anbietern.