Studie von ECC Handel

Viele Shops noch ohne Empfehlungen

26.10.2011 von Hartmut  Wiehr
Produktempfehlungen sind häufigstes Marketing-Instrument in Online-Shops. Allerdings arbeitet noch nicht einmal die Hälfte der Anbieter damit.

Zumindest einige Rohdaten wie E-Mail-Adresse oder Einkaufs- und Bezahlgewohnheiten der Kunden hat der Online-Händler sehr schnell eingesammelt. Das lässt sich zum Beispiel für E-Mail-Marketing, Sonderangebote und sonstiges nutzen. Aus den Verkäufen selbst sind außerdem häufig Alter und Geschlecht des Kunden zu erschließen.

Schöne neue Welt des Online-Handels: Nicht jeder Klick führt zu einem Einkauf.
Foto: ECC Handel

Doch das ist noch nicht alles. Online-Shops haben weitere Möglichkeiten, die ihnen vorliegenden Informationen zu kapitalisieren. Eine gemeinsame Studie des E-Commerce-Center Handel (ECC Handel) und der prudsys AG, die sich um "Realtime Analytics“ kümmert, hat sich mit "Mehr Abverkauf durch Personalisierung“ beschäftigt. Untersucht wurde die Anwendung "zentraler Bausteine“ wie Produktempfehlungen, Gütesiegel oder E-Mail-Marketing.

Wer ein- oder zweimal einen Kriminalroman gekauft oder etwas in den Angeboten der Website von Amazon oder anderen geschnüffelt hat, wird sich danach nicht über zu wenig E-Mails mit Infos und Kaufempfehlungen zu seinem "Spezialgebiet“ beklagen können – ob das nun wirklich so stimmt oder nicht. Wer dann auf die E-Mail klickt, verfestigt das Bild, das die Shop-Betreiber von ihm haben.

Kunden, die sich wirklich für eine Sache – von Bekleidung bis zu bestimmten Elektroartikeln – intensiv interessieren, mögen solche „individuelle“ Botschaften begrüßen, andere werden es nicht so mögen. Ein Entkommen ist aber nur selten möglich, getreu dem Grundsatz "Das Internet vergisst nichts“.

Um die Verbreitung von personalisierten Strategien zu überprüfen, befragte prudsys und ECC Handel deutsche Online-Händler. Das Ergebnis zeigt, so die beiden Organisationen, "dass bereits 45 Prozent der befragten Shop-Betreiber auf Produktempfehlungen in ihren Online-Shops setzten, um die Kaufentscheidung der Kunden zu unterstützen und die Conversion-Rate zu steigern.“

Online-Verkäufe brauchen neue Marketing-Methoden

Die Conversion-Rate ist ein Marketing-Instrument, mit dem sich berechnen lässt, wie hoch der Anteil potentieller Kunden ist, die sich zum Beispiel nach einer E-Mail-Kampagne oder einem ersten Besuch einer Webseite entschlossen haben, weitere Informationen anzufordern oder sogar einen Kauf zu tätigen.

Viele verkaufsfördernde Mittel werden im Online-Handel noch wenig eingesetzt.
Foto: ECC Handel

Andreas Duscha, Bereichsleiter bei ECC Handel, sieht auf Grund der Umfrage bereits einen Trend zur Personalisierung: "Empfehlungssysteme stellen hier gewissermaßen die Basis dar. E-Mail-Marketing ist zum Beispiel umso effizienter, je passgenauer der Content und die Produkte auf den Empfänger zugeschnitten sind.“

Allerdings zeigt die Umfrage auch, dass noch lange nicht alle Online-Händler bereits das Potenzial von Produktempfehlungen ausschöpfen. So nehmen Produktempfehlungen im Vergleich zu anderen verkaufsfördernden Maßnahmen erst einen kleinen Teil der eingeleiteten Maßnahmen ein: "Die Studienergebnisse zeigen, dass knapp ein Drittel der Händler das Potenzial erkannt hat und die Anschaffung eines Empfehlungssystems als Shop-Erweiterung plant. Weitere 48,1 Prozent derjenigen, welche noch keine Empfehlungssysteme einsetzen, denken zumindest über die Anschaffung nach.“

In der Studie heißt es, dass es "im Wesentlichen zwei Stellschrauben gibt, an denen Shop-Betreiber zur Umsatzsteigerung drehen können. Verkaufsfördernde Maßnahmen sollten daher entweder den Traffic (sowohl Besucherzahlen als auch Verweildauer) im eigenen Shop erhöhen oder die Conversion-Rate optimieren – bestenfalls werden beide Kennzahlen erhöht.“

Aus den Ergebnissen der Umfrage lassen sich laut prudsys und ECC Handel drei zentrale Trends für die Personalisierungsanstrengungen im Online-Handel in Deutschland ableiten:

Individualisierung und Personalisierung

"Produktempfehlungen gehören mit 45,7 Prozent zu den am häufigsten eingesetzten verkaufsfördernden Maßnahmen von Online-Shops. Dieses Ergebnis mag zunächst überraschen, lässt sich jedoch zum Teil durch die einseitige Abhängigkeit anderer Maßnahmen von der Performance der Empfehlungssysteme erklären.

So stellen Empfehlungssysteme gewissermaßen die Grundlage für weitere Marketing-Schritte dar: E-Mail-Marketing, die automatische Preisoptimierung, aber auch das Retargeting sind deutlich effizienter und somit gewinnbringender, wenn dabei individuelle Produktempfehlungen ausgesprochen werden können.“

Vertrauen als Erfolgsfaktor im Online-Handel

Anschauen, kaufen, bezahlen - so schnell geht es nicht immer im Online-Handel.
Foto: ECC Handel

"Im Distanzhandel geht es immer auch darum, das Vertrauen der Konsumenten zu gewinnen. Für Kunden ist es häufig nicht ohne weiteres ersichtlich, wer genau sich hinter einem Online-Shop verbirgt. Wichtige Indikatoren für Vertrauenswürdigkeit und Kompetenz, die im stationären Handel auf den ersten Blick erkennbar sind, wie beispielsweise die Körpersprache des Verkäufers und seine physische Erscheinung, bleiben dem Besucher eines Online-Shops verborgen.

Das gleiche Problem ergibt sich bei der persönlichen Begutachtung von Produkten im Online-Shop. Die für die Kaufentscheidung oft wichtige haptische Überprüfung der Produkte kann nicht vorgenommen werden, meist können die Produkte nicht einmal optisch von allen Seiten betrachtet werden, so dass eine vollständige Begutachtung für die Konsumenten nicht möglich ist.“

Dynamische Preisoptimierung als weitere verkaufsfördernde Maßnahme


"Die Frage nach der Zahlungsbereitschaft der eigenen Kunden treibt den Handel seit jeher an. Besonders im preisfokussierten Online-Handel gilt es für Shop-Betreiber den Balanceakt zwischen Köder-Angeboten und guten Margen genau auszutarieren. In den letzten Jahren wuchs somit die Bedeutung der automatischen Preisoptimierung für Shop-Betreiber. Was früher ein theoretisches Gedankenspiel in den Wirtschaftswissenschaften war, ist heute insbesondere im Bereich des E-Commerce möglich.

Bereits 7,8 Prozent der befragten Online-Händler setzen auf dynamische Preisoptimierung (auch: Dynamic Pricing), und Experten rechnen weiter mit einer stark ansteigenden Verbreitung im Online-Handel. Die Möglichkeit, die Preise aller im Shop gelisteten Produkte automatisch anhand des Verhaltens der Shop-Besucher anzupassen und auf die Zahlungsbereitschaft der potenziellen Kunden anzugleichen, ist dabei nicht nur für große Online-Händler von Interesse.“

Ein Whitepaper zu der Studie steht zum kostenlosen Download bereit.