Vorteile wenig bekannt

Virtualisierung leidet unter Cloud-Hype

20.08.2010 von Werner Kurzlechner und Kevin Fogarty
Analysten äußern sich aktuell regelrecht verzückt über die Potenziale von Virtualisierung - vor allem auch über wiederholbare Spareffekte. Bedauerlich finden sie allerdings, dass diese Vorzüge von der Cloud-Computing-Debatte verdeckt werden.
Virtualisierung lohnt sich, sagen Analysten. Und das sogar mehrfach.

In der Wolke sieht man schlecht. Der Nebel trübt den klaren Blick aufs Wesentliche. So wie in den Weiten des Himmels ist es auch in der IT, wie Kevin Fogarty auf unserer Schwesterpublikation CIO.com berichtet. Der Hype ums Cloud Computing vernebelt die Sicht auf die entscheidenden Dinge wie den steigenden und stetigen Return on Investment (ROI) von Virtualisierung.

Laut eines Berichtes von Forrester Research etwa klagen viele potenzielle Cloud Computing-Kunden darüber, „an Cloud-Konfusion zu leiden“. Das liege zum guten Teil an Anbietern, die auf alle ihre neuen Produkte das Etikett „Cloud“ kleben, ohne das Potenzial ihrer Technologien klar zu erklären, heißt es in der Analyse von Forrester.

In der Folge zeigen sich Unternehmen misstrauisch gegenüber Cloud Computing. Das gelte aber nicht für den konkreten Nutzen der Virtualisierung-Technologien, auf die Cloud Computing aufsetzt, stellt Bernard Golden klar, CEO des Beratungshauses Hyperstratus und Blogger auf CIO.com.

Ein Beispiel dafür ist die neueste Version der Virtualisierungs-Suite vSphere aus dem Hause VMware. Sie wird einerseits angepriesen als großer Schritt in Richtung praktikables Cloud Computing. Nach Einschätzung von Analysten wird sie andererseits vor allem wegen ihrer ureigenen Vorzüge nachgefragt, die schon die Vorgänger-Versionen populär machten.

Es geht aufwärts an der Virtualisierungsfront. Die zweite und dritte Technologie-Generation schließen Lücke um Lücke.

Entscheidend und in der Wahrnehmung wegen der Cloud-Begeisterung unterbelichtet sind demnach die genuinen Merkmale der Virtualisierung. Beispielsweise jenes, dass die Konsolidierung des Unternehmensbestandes an Servern und ihre Wartung so leicht gemacht werden, dass die Ausgaben für die Software sogar über mehrere Upgrade-Zyklen wieder eingespielt werden.

Zweite Generation hebt neue Potenziale

Chris Wolf, Infrastruktur-Analyst der Gartner Group, gibt dazu ein Beispiel: „Einer unserer Kunden war in der Lage, einen kompletten Server-Hardware-Refresh zu rechtfertigen, weil für das Upgrade überhaupt keine zusätzlichen VMware-Lizenzen gekauft werden mussten.“ Die Folge: Es konnte von Servern mit vier Cores auf Server mit zwölf Cores hochgerüstet werden – mit dem erfreulichen Ergebnis, dass mehr Virtual Machines auf weniger Servern zu geringeren Kosten laufen konnten.

Diese Besonderheit unterscheidet Virtualisierung von anderen umwälzenden Technologien, die größere Einsparungen lediglich bei ihrer ersten Implementierung ermöglichen. Paul McWilliams vom Finanzanalyse-Dienst NextInning.com sieht bei der virtuellen Infrastruktur erhebliche Kostenvorteile auch noch in der zweiten und dritten Generation. Als Beispiele nennt er die Power-Verbesserung von x86-basierten Servern, bessere Beschleunigungsmechanismen für virtuelle Server in Chipsets von Intel und AM und eine steigende Zahl von VM-spezifischen Produkten.

„In der ersten Runde der Virtualisierung nahmen die Chipsets etwas vom Virtualisierungs-Vorteil weg“, so McWilliams. „Aber jetzt bauen die Leute Hardware, um diese Potenzial zu heben. Man sieht den Nutzen der Virtualisierung anderer Dinge – Switches, Netzwerke und Speicher arbeiten effektiver.“

Nach Einschätzung von Hyperstratus-Berater Golden beginnt in der Praxis auf einem Basis-Niveau der Virtualisierung die Suche nach zusätzlicher Beweglichkeit und Elastizität. „Und irgendwann bekommst du volle Automation und Governance und andere Dinge, die man mit Cloud Computing assoziiert.“ So gerieten selbst Unternehmen, die bewusst keine internen Clouds aufbauen wollen, doch in den Sog der Virtualisierung.

Diese hat ihren Eigenwert und ihre eigene Dynamik, wie die Experten herausstellen. Wie weit Firmen bereits im Aufwärtsstrudel, der in die Wolke führen kann, geraten sind, ist höchst unterschiedlich. Gartner-Analyst Wolf sagt, dass die frühen Anwender mittlerweile 60 bis 100 Prozent ihrer Server virtualisiert hätten. Nachzügler seien derzeit typischerweise bei 20 bis 40 Prozent angelangt.

Scharfer Wettbewerb zwischen VMware, Microsoft und Citrix

Auf dem unteren Level der Virtualisierung sei inzwischen ein lebendiger Wettbewerb im Gange, berichtet Wolf. Kunden, die in Bälde Cloud-Projekte planten, tendierten zu Lösungen von VMware. Bei jenen, die vor allem nach Kostensenkung streben, hätten oft Microsoft oder Citrix die Nase vorn.

Finanzanalyst McWilliams glaubt in jedem Fall, dass im mit dauerhaft hoher Nachfrage gesegneten IT-Markt Virtualisierung eine besonders starke Rolle spielen wird. „Wer es damit einmal versucht hat, ist gefangen“, so der Analyst.

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Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.