Strategien der Druckeranbieter

Vision: Wie wir in Zukunft drucken

10.09.2012 von Werner Kurzlechner
Heiß diskutiert werden zwar Cloud und Mobile IT. Die Roadmap von Lexmark ist dagegen eher unspektakulär, dafür umso fokussierter auf Managed Print Services.
Hartmut Rottstedt, Deutschlandchef von Lexmark: "Mobiles Arbeiten ist auch unsere Vision."
Foto: Lexmark

In zehn Jahren ist womöglich die ganze IT „cloudifiziert“ und „mobile“ – auch das Drucken. Arbeit im Außendienst sieht 2022 dann vielleicht so aus: Die Mitarbeiter düsen mit ihren Smartphones, Tablets und vielleicht schon Exemplaren der nächsten revolutionären Geräte-Generation von Termin zu Termin, stets verbunden mit den relevanten IT-Systemen ihrer Firma. Zwischendrin machen sie Halt an der Tankstelle oder im Café und ordern dort den Ausdruck der aktuellsten Informationen über den nächsten Kunden gleich mit. Firmeneigene Drucker sind vielleicht schon gänzlich überflüssig in dieser nahen Zukunft.

Eine hübsche Vision für das Jahr 2022 mag das sein. Im Gespräch mit Hartmut Rottstedt ist jedoch schnell zu spüren, dass sie dem Geschäftsführer der Lexmark Deutschland GmbH halbgar und unausgegoren erscheint – weil der gedankliche Sprung vom Jetzt in die Zukunft zu viele Etappen auslässt. Die wesentlichen Zutaten für die Vision gibt es ja längst. Anbieter von „Cloud Printing“ bieten cloudbasierte Dienste an, über die via Smartphone mit allen erdenklichen Druckern irgendwo gedruckt werden kann.

Drucken an der Tankstelle noch zu unsicher

Rottstedt berichtet davon, dass es ein ähnliches Modell für Außendienstler in den USA schon gibt. Auf den Routen der Mitarbeiter liegen Außenstellen mit Firmendruckern, die unterwegs bequem genutzt werden können. Die Tankstellenidee aber sei Zukunftsmusik. „Mobiles Arbeiten ist auch unsere Vision“, sagt Rottstedt. „Aber vorher sind noch verschiedene Aspekte zu berücksichtigen.“ Wer sorge beispielsweise für die Datensicherheit, wenn irgendwo sensible Informationen über einen x-beliebigen Drucker wandern?

Die Zukunftsvision des Lexmark-Deutschlandchefs dreht sich derzeit vor allem um das Management von Dokumenten, Inhalten und Geschäftsprozessen. Und das vor dem Hintergrund der derzeit anstehenden Aufgaben und der Strategie seines eigenen Unternehmens. Der technologische Aspekt des Druckens ist dabei vergleichsweise schnell abgehandelt.

Bei der grundlegenden Lasertechnologie gebe es nur noch geringes Innovationspotenzial, so Rottstedt. Der Kundenfokus sei vielmehr auf einfach zu bedienende und einheitliche Benutzeroberflächen ausgerichtet, um die Effizienz bei der Dokumentenerstellung beziehungsweise Dokumentenerfassung für die Anwender zu verbessern. Ferner stellten viele Kunden ihre bisherige, teilweise über Jahrzehnte gewachsene Ausstattung an A3-Kopierern und Multifunktionsgeräten in Frage. Da in der Regel weniger als drei Prozent aller Dokumente im DIN A3-Format gedruckt werden, sei hier eine Anpassung der Output-Infrastruktur sinnvoll.

Bei Tintenstrahldruckern hingegen seien auch in Zukunft noch Innovationen in punkto Druckgeschwindigkeit und Druckverfahren zu erwarten, so der Lexmark-Geschäftsführer. Matrix-Drucker sind noch in Nischenanwendungen zu finden – beispielsweise in Logistikfirmen – um Formulare mit Durchschlägen zu erstellen. Gleichwohl kündigte Lexmark inzwischen an, auf die Herstellung von Tintenstrahldruckern ab Ende 2013 auch für Geschäftskunden zu verzichten. Ab Ende 2015 will das Unternehmen auch keine Tintenpatronen mehr produzieren, rund 1700 Mitarbeiter verlieren insgesamt ihren Job. Service und Tintenversorgung für die Kunden würden dennoch sichergestellt, versprach Lexmark.

Die durchschnittlichen Kosten beim Drucker

„Allgemein wird bei der Kostenbetrachtung der Einfluss der Hardware nach wie vor noch häufig überschätzt“, sagt Rottstedt in aller Klarheit. Lediglich 2,5 Prozent der durchschnittlichen Ausgaben von Unternehmen im Printing-Bereich entfallen auf dieses Segment, rechnet Rottstedt vor. 22,5 Prozent nähmen Wartung und Verbrauchsbedarf wie Toner oder Tinte ein, 25 Prozent das Geräte-Management und 50 Prozent sogenannte „papierintensive Prozesse.“

Genau deshalb gibt es laut Rottstedt aus Anwendersicht keine Alternative zum Einsparen beim Papierverbrauch – vor allem wegen der Kosten, aber auch aus ökologischen Gründen. Diese Analyse mag aus der Perspektive seiner Kunden selbstverständlich sein, für einen Druckerhersteller klingt sie erst einmal erschütternd. Doch Rottstedt bekundet, dass Lexmark seine Kunden genau bei dieser Suche nach Effizienz unterstützen wolle.

Die Zukunft: Managed Print Services und ECM

Sämtliche Zukunftsentwürfe kreisen im Gespräch mit Rottstedt deshalb um die Managed Print Services (MPS) und die Investition in Software für Enterprise Content Management (ECM), Prozessoptimierung und Enterprise Search. Wie einige Konkurrenten auch positioniert sich Lexmark derzeit stark als Service-Partner, der seinen Kunden beim Management aller möglichen print- und dokumentenbezogenen Probleme unterstützt. Entwickelt werden deshalb unter anderem Lösungen, die für Übersichtlichkeit bei der Dokumentenablage sorgen und Geschäftsprozesse aller Art optimieren.

Drei Aspekte nennt Rottstedt in diesem Zusammenhang:

  1. Erstens gelte es, Hardware-Infrastruktur und Software-Produkte so zu verkoppeln, dass automatische Dokumentenablage und Verschlagwortung möglichst in einem geschlossenen Kreislauf ablaufen. Hier hat Lexmark bereits Produkte angekündigt.

  2. Zweitens soll digitaler Content aus dem Enterprise Resource Planning (ERP) so aufbereitet werden, dass er jederzeit problemlos abzurufen ist und eben nur bei echtem Bedarf wirklich ausgedruckt werden muss.

  3. Drittens will Lexmark im Procurement Management für saubere Prozesse sorgen, die eine optimale grafische Darstellung ermöglichen.

Marktführer Xerox und HP

Während Cloud Computing und Mobile IT also langfristig neue Perspektiven eröffnen, gilt es kurz und mittelfristig erst einmal unverzichtbar als MPS-Partner für die Kunden werden. Dafür hat sich Lexmark in der jüngeren Vergangenheit mit einer Reihe von Übernahmen gerüstet: 2010 schluckte man mit Perceptive Software einen Anbieter für ECM-Software, 2011 mit Pallas Athena einen niederländischen Spezialisten für Business Process Management (BPM). In diesem März verkündete man als kongeniale Ergänzung die Übernahme von BDGB Enterprise mitsamt der amerikanischen Tochter Brainware. Diese machte sich einen Namen mit einer Datenerfassungsplattform, die wichtige Informationen aus Dokumenten prüft und an die Firmensysteme weitersendet.

Lexmark ist dabei, sein bisheriges Geschäftsmodell grundlegend neu auszurichten und sein Angebot für Businesskunden zu erweitern. Zukünftig wird sich Lexmark als Hersteller positionieren, der Unternehmen jeder Größenordnung eine abgestimmte Gesamtlösung zur Optimierung dokumentenbasierter Prozesse aus einer Hand bietet – von der Hardware über Managed Print Services bis zur passenden ECM- und BPM-Lösung.

MPS-Studie von Quocirca

Eine aktuelle MPS-Studie der Analysten von Quocirca zählt Lexmark hinter den Branchenführern Xerox und HP sowie Ricoh zu den Marktführern, mit positiver Entwicklung im Vergleich zum Vorjahr. Ausdrücklich gelobt wird aber auch, dass dahinter starke Performer wie Canon und Konica Minolta den Abstand zur Spitze verkürzt hätten.

Laut Quocirca nutzen derzeit 36 Prozent der großen Firmen bereits MPS, aber nur 13 Prozent der Mittelständler. Die Analysten prognostizieren, dass 2014 jedes zweite Unternehmen zu den Anwendern zählen wird. Als spezifische Stärken von Lexmark nennt Quocirca explizit die Expertise in den Branchen Finanzdienstleistung und Retail sowie die Kapazitäten, große Druckerflotten in mehreren Ländern implementieren und betreiben zu können.