Microsoft zögert XP-Ende weiter hinaus

"Vista dürfte nicht existieren"

14.10.2008 von Andrea König
Ursprünglich sollten PC-Hersteller nur bis Ende Januar 2009 Recovery-DVDs mit Rechnern mitliefern, die den Downgrade auf XP ermöglichen. Diese Frist wurde nun auf den 31. Juli 2009 verschoben. In Blogs und Foren brodeln die Diskussionen darum, wieso, weshalb, warum Microsoft diesen Schritt gegangen ist.
"Vista dürfte nicht existieren", sagen Kritiker des Betriebssystems.

Vor wenigen Tagen sickerte durch, dass Microsoft die Gnadenfrist für Windows XP erneut verlängert hat. Entgegen einiger Medienberichte ist es allerdings nicht das Downgrade-Recht an sich, das bis zum 31. Juli 2009 verlängert wurde.

Es ist die Verfügbarkeit von XP-Downgrade-Medien, die Microsoft um sechs weitere Monate verlängert hat. Microsoft stellt Käufern der Vista-Spitzeneditionen Business, Enterprise und Ultimate frei, ein Downgrade auf Windows XP Professional durchzuführen. Dies geschieht häufig mit Hilfe einer mitgelieferten XP-Recovery-DVD, deren Galgenfrist nun vom 31. Januar auf den 31. Juli 2009 verlängert wurde.

Windows 7
Schon lange wird darüber diskutiert, wie der Vista-Nachfolger Windows 7 im Detail aussehen könnte. Verfügbar sein soll das neue Betriebssystem frühestens ab Januar 2010. (Fotos: Microsoft)
Details zu Windows 7 blieb Microsoft bislang schuldig. Der Konzern konzentrierte sich bei Präsentationen vor allem darauf, die Touch Screen-Technologie vorzustellen.
Bei einer Tagung in Carlsbad (Kalifornien) präsentierte Microsoft in Anwesenheit von Bill Gates und CEO Steve Ballmer die Multi-Berührungs-Funktion von Windows 7.
Mit Windows 7 könnten Maus und Tastatur in einigen Jahren vielleicht bald der Vergangenheit angehören: Mit der sogenannten "Multitouch"-Oberfläche ist es möglich, mit den Fingern ganze Dateien zu verschieben oder Fotos zu bearbeiten. Grundlage dieser Technik ist der Multimedia-Tisch "Surface", den Microsoft schon 2007 vorstellte.
Ähnlich wie bei Google-Earth lassen sich bei Windows 7 dann auch bestimmte Orte auf dem Globus mit der Hand bequem ansteuern.
Windows 7 als Navigationshilfe: Die Oberfläche erlaubt es auch, einen zentralen Punkt auf der Landkarte anzusteuern oder die Straße in einem Ort zu finden.
Auch Anwender mit einer musischen Ader sollen ihre Freude mit Windows 7 haben: Über die Multi-Berührungs-Funktion kann jede Melodie auf einer nachgebildeten Tastatur gespielt werden - das Klavier als Instrument wird damit entbehrlich.
Sogar ein Multi-Touch-Malprogramm ist in Windows 7 enthalten: Statt mit der Maus können Nutzer dann mit ihren zehn Fingern ihrer Kreativität freien Lauf lassen.

Einer der Gründe dafür ist sicherlich, dass vor allem Unternehmen ihre PCs nur äußerst zögerlich auf Windows Vista umstellen. Studien belegen diese These vom Ladenhüter Vista. Das Beratungsunternehmen Forrester veröffentlichte Zahlen, nach denen nur 8,8 Prozent der Unternehmen die Windows nutzen, mit Vista arbeiten. Vorgänger XP dominiert das Feld.

"Vista dürfte nicht existieren"

Dass nun erneut die Verfügbarkeit von XP-Downgrade-Medien verlängert wurde, löst in Blogs und Foren unterschiedliche Reaktionen aus. In seinem Vistablog schreibt System-Kenner Ralf Horn, es werde gemunkelt, dass es Bestrebungen von großen Microsoft-Partnern gibt, XP bis zum Launch des Vista-Nachfolgers "Windows 7" am Leben zu erhalten. Der Autor kommentiert die Geschehnisse folgendermaßen: "Man nehme die kürzlich kursierende Vermutung, '7' würde bereits Mitte 2009 erscheinen und würze das ganze mit der neuen Redmonder Terminplanung für XP. Das Ergebnis ist eine Brühe mit dem faden Beigeschmack, dass Vista eigentlich gar nicht existieren dürfte."

Horn beklagt die Unternehmenspolitik von Microsoft: "Anstatt ein (relativ) ordentliches Betriebssystem wie Vista dem Kunden schmackhaft zu machen, sorgt man dafür, dass mögliche Interessenten gar nicht erst auf den Gedanken kommen, sich Vista wenigstens einmal anzuschauen."

Joe Wilcox vertritt in seinem Blog "Microsoft Watch" eine ähnliche Ansicht: "Es gibt Stimmen, Microsoft habe Vista aufgegeben. In mancher Hinsicht ist das richtig. Bestimmt zeigt so mancher mit dem Finger auf Microsofts Marketingkampagne 'Windows. Life Without Walls' und dichtet sie um in 'Vista. Walls Without Windows'."

Warten auf Windows 7

Auch im Technik-Blog "Engadget" gibt es einen munteren Schlagabtausch zum Thema. Die Frage, warum die Recovery-DVDs weiter ausgeliefert werden, endet stets in der Grundsatzdiskussion, ob nun XP oder Vista das bessere System sei. Einer der Kommentatoren spekuliert gar: "Scheinbar warten wir alle nur darauf, dass Windows 7 auf den Markt kommt."

Angetreten wurde die Diskussion um die Verlängerung von XP-Downgrade-Medien vom britischen Magazin "The Register". Das berichtete, Microsoft habe gegenüber Hardware-Firmen eingelenkt und die Galgenfrist um weitere sechs Monate verschoben. Microsoft-Expertin Mary-Jo Foley bestätigte diese Informationen in ihrem Blog "All about Microsoft": Man wolle seinen Geschäftskunden einen möglichst problemlosen Umstieg auf Vista ermöglichen, zitiert Foley einen Microsoft-Mitarbeiter. Donald Melanson kommentiert die Ereignisse im Blog "Engadget" folgendermaßen: "Vielleicht hat der Schritt von Microsoft auch einfach damit zu tun, dass manche Nutzer überhaupt nicht auf Vista umsteigen wollen."