Automatische Software- und Update-Verteilung über Nacht

Vom Zentral-Server ins Kassensystem

11.08.2006
Mit einem Kraftakt hat die Drogeriekette Müller rund 2.500 Kassen in 416 Filialen von MS-DOS auf Linux umgestellt und mit einem neuen Warenwirtschaftssystem ausgerüstet. Die Updates und Programme für Kassen, Mitarbeiter-PCs und Multimedia-Terminals lassen sich nun zentral und quasi per Knopfdruck installieren.

Die Kasse muss klingeln - an sechs Tagen die Woche - und die Preise müssen stimmen. Mit diesem schlichten Grundsatz stieg die Drogerie Müller aus Ulm zu den Top-20 des deutschen Einzelhandels auf. Das überwiegend in Süddeutschland tätige Unternehmen beschäftigt über 17.500 Mitarbeiter, die rund 1,9 Milliarden Euro umsetzen. Viele der einstigen Drogerien verwandelten sich in Kaufhäuser, die Parfümerie und Schreibwaren, Multimedia, Spiel- und Haushaltwaren unter einem Dach vereinen.

Um die 440 Filialen mit über 170.000 Artikeln aus dem aktuellen Sortiment zu beliefern, entwickelte die 110 Mann starke IT-Abteilung selbst das Warenwirtschaftssystem New Backoffice (NBO). Immerhin verfügt das Unternehmen über 150.000 qm Lagerfläche und einen Fuhrpark mit einer jährlichen Fahrleistung von 14,5 Millionen Kilometern.

Jeder Arbeitstag hat andere Preise

Bei dieser Größenordnung sind Änderungen am Sortiment und der Filialstruktur an der Tagesordnung. Jede Aktualisierung der Kassen-Software durchläuft daher ein zweistufiges Testverfahren, dann geht die neue Version zum einwöchigen Praxiseinsatz in zwei Ulmer Testfilialen. Erst wenn zehn weitere Geschäftsstellen den Test unter Höchstlast erfolgreich abschließen, fällt der Startschuss für den Massen-Rollout an die 2.500 Kassen in den Filialen.

Die aktuelle Plattform der zentralen IT-Struktur ist das Open Source Betriebssystem Linux. Damit endete die Ära von MS-DOS, das den Anforderungen moderner Anwendungen nicht mehr gewachsen war. Für Linux und gegen Windows, auch in seinen Kassen, entschied sich Müller nicht nur wegen der Microsoft-Lizenzpolitik. „Wir wollten auch eine einheitliche Architektur im Unternehmen haben“, betont Andreas Nebel, Leiter IT-Services bei der Müller Ltd. & Co. KG.

Statt einer Eigenlösung zum Software-Management entschied man sich 2004 für eine Zusammenarbeit mit der ASDIS Software AG. „Dieser Anbieter erfüllte unsere IT-Bedürfnisse zu annähernd 100 Prozent“, so Andreas Nebel weiter. Seitdem verteilt der Drogeriemarkt neue Software und NBO-Updates automatisch und standardisiert an seine Filialen.

Das Versorgungsschema ist immer gleich: Vom Server in der IT-Zentrale werden Updates zunächst online auf die Depot-Server in den Filialen übertragen, wo sie für Nachinstallationen und zur Entlastung des Datennetzes gelagert bleiben. Nach Ladenschluss, wenn der Tagesabschluss unter Dach und Fach ist, versorgen die Depots die Zielrechner mit der aktuellsten Version. Zur Ladenöffnung am nächsten Tag sind nicht nur die Regale frisch gefüllt, sondern auch die Kassen arbeiten mit der neuesten Software.

Die Ladenkasse wird ständig aktuell gehalten

Auch die rund 400 Büro-PCs in den Filialen, das Zeiterfassungssystem für die Beschäftigten, die 300 Phononet-Terminals zur Multimedia-Recherche in den Geschäften sowie die 500 Mitarbeiter-Terminals, also zusammen rund 4.000 Systeme, bringt ASDIS Enterprise Management auf den neuesten Stand. „Ohne ein Software-Verteilungssystem hätten wir unsere IT-Struktur gar nicht zentralisieren können“, ergänzt Nebel.

Von den 400 Backoffice-Servern in den Niederlassungen sind nur noch 25 in der Zentrale übrig geblieben. Der Vorteil: Die Administratoren haben nun deutlich weniger Aufwand mit der Instandhaltung. Alle Geschäftstellen, auch die im Ausland, erhalten nun alle für sie notwendigen Backoffice-Dienste - wie die Abwicklung des Geldverkehrs, des Tagesabschluss und der Kassenabrechnung - online aus der Zentrale.

Die Offline-Filialen hingegen, also die großen Geschäfte in Nürnberg, Kassel und Ulm mit mehr als 4.000 Quadratmetern Verkaufsfläche, nutzen auch künftig einen eigenen Backoffice-Server. Der Grund: Das laufende Datenaufkommen etwa der Abverkaufszahlen aus 16 und mehr Kassen pro Filiale würde die Brandbreite der DSL-Leitung zur Zentrale übersteigen. Davon unberührt bleibt natürlich die Software-Verteilung.

Gebremste Initiative ist Absicht

Das Software-Management-System beschleunigt nicht nur die automatische Distribution, sondern verhindert auch den früher verbreiteten Programm-Wildwuchs. Mit einem Berechtigungs- oder Rollenkonzept ist jetzt klar geregelt, wer bei Müller welche Anwendungen installieren darf. Aus dem Kreis der Berechtigten schieden als erste die IT-Entwickler aus. Der Grund: „Sobald ein Problem auftaucht, fangen die sofort an, eine Lösung zu programmieren“, erläutert Peter Schmeller, Projektleiter bei Müller. Diese Kreativität der IT-Experten ist zwar begrüßenswert, kann aber zum Nachteil ausarten: Je nach Entwickler und seinem Einsatzort könnte so eine Fülle verschiedener Lösungen in den Filialen entstehen – und eine Menge Probleme bei der Installation von Updates. „Wir wollen aber in allen Filialen einen einheitlichen Software-Stand haben“, betonen Schmeller und Nebel.

Für die nahe Zukunft plant das Unternehmen den Austausch von 2.000 alten Geräten zur mobilen Datenerfassung direkt am Regal gegen moderne PDAs (Personal Digital Assistants) mit Farbdisplay und Funk zur Datenübertragung. Die Software-Verwaltung dafür und für die neuen MDE-Geräte der hauseigene Logistiktochter Müller Transport & Logistik (MTL GmbH) erledigt die IT-Abteilung mit ihrem Dienstleister ASDIS.

Das Fazit sieht für IT-Leiter Andreas Nebel so aus: „Ohne eine Automatisierung wäre die Software-Verteilung in unseren 400 Filialen ein Riesenaufwand und praktisch gar nicht mehr machbar.“

Die Vorteile im Überblick

Schnelle Installation neuer Software auf 2.500 Kassen, 300 Phononet-Terminals und Zeiterfassungssystemen (zusammen 4.000 Systeme) buchstäblich über Nacht.

Die Verkäufer in den 400 Filialen verfügen schnell über die aktuelle Software und Preise in ihren Kassen.

Besserer Kundenservice: Fragen von Kunden nach neuesten CDs und DVDs können dank aktueller Technologie in den Phononet-Terminals umgehend beantwortet werden.

Die Depotserver-Struktur erlaubt auch eine kurzfristige Nachinstallation von Software im Störungsfall.

Zeitnahe und schnell verfügbare Software-Aktualisierungen.

Große Zeit- und Kosteneinsparung: Wöchentlich zwei bis drei Updates der für den Tagesbetrieb essentiellen Kassen-Software NBO können sicher und zuverlässig verteilt werden.

Andreas Voss, MBmedien GmbH