5 Tipps für erfolgreiches Leadership

Von offenen Türen, Fehlern und Pizza

27.09.2022 von Karen Funk
Um Werte wie Offenheit und Vertrauen im Unternehmen zu etablieren, müssen diese von der Geschäftsleitung aktiv gesteuert und vorgelebt werden. Manchmal hilft aber auch Pizza.
  • Wertschätzung zeigen kann Mitarbeiter für sich einnehmen
  • Unterhalten Sie sich nicht nur mit Führungskräften

Der Erfolg eines Unternehmens basiert bekanntlich nicht nur auf harten Fakten, sondern auch auf weichen Faktoren. Unternehmen, deren Angestellte gerne zur Arbeit gehen, stehen wirtschaftlich besser da. Wer als beliebter Arbeitgeber gilt, findet leichter qualifizierte Fachkräfte. Und wer diesen guten Ruf auf Dauer halten kann, profitiert von hochmotivierten, engagierten Mitarbeitern, die das Unternehmen voranbringen.

Ein Beispiel dafür ist die texanische Firma Spiceworks: Das soziale Netzwerk für IT-Experten ist in den vergangenen Jahren von einer Handvoll Mitarbeitern auf mehr als 425 weltweit gewachsen und zählt zu den zehn beliebtesten Arbeitgebern in den USA. Dass die Leute so gerne bei Spiceworks arbeiten, hat für den Mitgründer und ehemaligen CEO Scott Abel vor allem mit der Firmenkultur zu tun. "Transparenz" heißt sein Zauberwort.

"Irren ist menschlich, aus Fehlern lernt man", sagt Scott Abel von Spiceworks und plädiert für eine Fehlerkultur in Unternehmen.
Foto: Spiceworks

Viele Manager, die eine offene Unternehmenskultur propagieren, belassen es jedoch bei reinen Lippenbekenntnissen - ohne eine Wirkung zu erzielen. Nur wenn die Offenheit vom Management aktiv vorgelebt wird, kann sie sich zum Selbstverständnis des Unternehmens und seiner Angestellten entwickeln. Das musste auch Abel erst lernen - inzwischen hat er über 30 Jahre Erfahrung in der Technologiebranche. In dieser Zeit kristallisierte sich sich für ihn immer stärker heraus, was ihm für eine gesunde Firmenkultur wichtig ist: die aktive Förderung von Zusammenhalt, Vertrauen und Produktivität im Team. Abel rät Führungskräften:

1. Menschen sind wichtiger als Prozesse

"Als Spiceworks-CEO war es mir wichtig, jeden unserer neuen Mitarbeiter sofort kennenzulernen, noch bevor er oder sie die Stelle überhaupt angetreten hatte. Faktisch hatten diese Treffen keinen Einfluss - die Entscheidung war ja bereits gefallen. Aber es ist eine wichtige Geste, wenn sich der Firmenchef 30 Minuten Zeit für einen neuen Mitarbeiter nimmt. Das vermittelt diesem ein Gefühl der Wertschätzung und verschafft ihm Motivation und Zufriedenheit im Job."

2. Nehmen Sie sich Zeit!

"Früher habe ich jeden neuen Mitarbeiter, der bei uns eingestellt wurde, nach sechs Monaten zum Essen eingeladen. Ich wollte von ihm wissen, wie er sich im neuen Job eingelebt hat, ob die Stelle seinen Erwartungen entsprach, was ihm besonders gefiel und was weniger. Als Spiceworks zu groß für diese Einzelgespräche wurde, rief ich die Initiative 'Slices with Scott' ins Leben: Ich bestellte für eine Gruppe von jeweils zehn Mitarbeitern Pizza und unterhielt mich mit ihnen.

Eine Kultur der Offenheit schafft Vertrauen. Ein gemeinsames Pizza-Essen ist ein Anfang.
Foto: GaudiLab - shutterstock.com

Entscheidend bei solchen Aktionen ist, dass man ehrlich antwortet und authentisch bleibt. Die Mitarbeiter sollen das Gefühl haben, dass sie über die wichtigen Entwicklungen im Unternehmen Bescheid wissen und auch mitreden können. Diese Art von Treffen und persönlichen Gespräche fördern eine Kultur der Offenheit und schaffen Vertrauen"

3. Lassen Sie Ihre Bürotür immer für Ihre Mitarbeiter offen stehen!

"Halten Sie die Tür offen für die Belegschaft und unterbrechen Sie Ihre Tätigkeit, wenn ein Mitarbeiter Sie sprechen will. Sollte das gerade nicht möglich sein, vereinbaren Sie einen Termin mit ihm. Ermuntern Sie Ihre Mitarbeiter, Anregungen und Kritik zu äußern, aber auch problematischere Themen anzusprechen. Niemand überbringt seinem Vorgesetzten gerne schlechte Nachrichten. Es ist aber auch nicht zielführend, nur positive Entwicklungen zu thematisieren. Alle Mitarbeiter sollten die Möglichkeit haben, auch mit problematischen Anliegen zum Chef zu gehen. Und das funktioniert nur, wenn die Tür zu seinem Büro offen steht."

4. Lernen Sie aus Fehlern!

"Irren ist menschlich, aus Fehlern lernt man. Das sind alte Weisheiten, die im Arbeitsleben aber oft nicht gelebt werden. Aus Angst, Fehler einzugestehen und nachteilige Konsequenzen dadurch zu erleiden, werden sie unter den Tisch gekehrt, jeder versucht sich selbst im besten Licht darzustellen. Um das zu vermeiden, sollten Führungskräfte den Mitarbeitern einen offenen und unverkrampften Umgang mit Fehlern und Pannen vorleben.

Wie Führungskräfte Teams im Home-Office leiten
Tipps zur virtuellen Mitarbeiterführung
Seit der Pandemie gehört virtuelle Mitarbeiterführung zu den Standartaufgaben für jeden Vorgesetzten. Wir haben die wichtigsten Learnings aus dieser Zeit zusammengefasst.
Unterschiedliche Arbeits- und Lebensumstände anerkennen
Zu den größten Herausforderungen zählen die unterschiedlichen Voraussetzungen, womit Teammitglieder bei der Heimarbeit konfrontiert sind. Nicht jeder hat ausreichenden Raum für ein separates Home-Office. Dazu kommen Ablenkungen wie Kinder, Haustiere oder bei Singles ein Gefühl der Isolation. All das hat Einfluss darauf, wie und zu welchen Zeiten Mitarbeiter ihre Aufgaben am besten erledigen können. Vorgesetzte, die offen Verständnis für individuelle Situationen zeigen, schaffen die Grundlage einer vertrauensvollen Zusammenarbeit.
Stress-Level steuern
Permanenter Stress im Home-Office ist keine gute Voraussetzung, um kontinuierlich gute Arbeit zu leisten. Wer als Führungskraft vermittelt, dass es okay ist, nicht immer perfekt zu funktionieren, nimmt Mitarbeitern etwas den Druck in der Gewöhnung an die neue Normalität. Vielen fällt es mit dieser Gewissheit leichter, Deadlines einzuhalten und den Erwartungen zu entsprechen.
Regelmäßigen Kontakt pflegen
Ein tägliches Gespräch mit Chefin oder Chef - ist das nicht zu viel der Kommunikation? Nein, denn insbesondere bei der digitalen Mitarbeiterführung ist die Regelmäßigkeit des Austauschs entscheidend. Nur so lässt sich einschätzen, ob alles wie besprochen läuft und sich alle im Team den Anforderungen gewachsen fühlen. Missverständnisse und Fehler passieren - ähnlich wie im Büro - vor allem, wenn zu wenig kommuniziert wird.
Neue Technologien nutzen
Nur mit Personen, zu denen man regelmäßigen Kontakt pflegt, können Beziehungen entstehen. Das funktioniert im Zeitalter des digitalen Austauschs über zahlreiche Kommunikationskanäle. Moderne Videokonferenz-Tools wie Zoom, Teams, Google Meet etc. ermöglichen eine Kommunikation von Angesicht zu Angesicht und machen sichtbar, wie es allen Teammitgliedern geht.
Kommunikationsregeln festlegen
Dezentral organisierte Teamarbeit funktioniert am effektivsten, wenn sich alle über die Grundregeln der Kommunikation einig sind. Vorgesetzte können für klare Verhältnisse sorgen, indem sie Häufigkeit, Zweck und Timing des Austauschs und die dafür priorisierten Kanäle festlegen. Videokonferenzen sind in der Regel die erste Wahl für die tägliche Gruppenbesprechung. Gerade größere Gesprächsrunden lassen sich durch simple Tricks so strukturieren, dass auch Meetings mit hoher Teilnehmerzahl geordnet und effektiv ablaufen. Wenn es um dringliche Angelegenheiten oder Nachfragen geht, sind andere Kanäle wie Instant Messaging der bessere Weg. Unified-Communications-Plattformen ermöglichen eine Vielzahl von Anwendungen und Kommunikationskanälen.
Erwartungen definieren
Oft werden beim Übergang von der klassischen Büroarbeit ins Home-Office Aufgaben innerhalb eines Teams neu verteilt oder kommen neue hinzu. Damit Mitarbeiter diese erfüllen können, muss klar sein, was genau von ihnen erwartet wird. Manchen mag es außerhalb der gewohnten Büroatmosphäre anfangs schwerfallen, Aufträge zu priorisieren. Gemeinsam kann geklärt werden, welche Aufgaben Priorität haben und zu schaffen ist. Einfach davon auszugehen, dass jeder weiß, was zu tun ist, ist kontraproduktiv. Besser ist, von Anfang an eine Feedback-Schleife zu vereinbaren, um Erwartungen anzupassen und in den bekannten Applikationen zu dokumentieren.
Ein gemeinsames Ziel verfolgen
Teams funktionieren vor allem dann, wenn alle Mitglieder eine gemeinsame Mission verfolgen. Das dabei entstehende Gemeinschaftsgefühl hilft auch, Unsicherheiten zu überwinden und mit ungewohnten Arbeitssituationen umzugehen. Wenn jeder weiß, was er zum gemeinsamen Erfolg beiträgt, ist das die beste Motivation, Höchstleistungen zu erbringen. Erfolge sollten außerdem gewürdigt werden.
Auf die Ergebnisse konzentrieren
Wie lassen sich Engagement und Selbstverantwortung fördern? Indem Führungskräfte sich auf die gewünschten Ergebnisse konzentrieren und Teammitgliedern den Freiraum lassen, selbst einzuteilen, wie sie zum Ziel kommen wollen. Voraussetzung dafür ist ausreichend Zeit und zuvor aufgebautes Vertrauen. Ist das der Fall, lässt sich auf diesem Weg nicht nur die Kreativität der Mitarbeiter fördern, sondern auch kräftezehrendes Mikromanagement vermeiden. Virtuelle Brainstorms lassen sich beispielsweise in Breakout-Räume aufteilen. Kleinere Teams können dadurch in separaten Sitzungen arbeiten und ihre Ideen sammeln, die anschließend in der größeren Runde präsentiert werden.
Strikte Kontrollmechanismen vermeiden
Regelmäßige Kommunikation und klare Zielvorgaben sind wichtig. Sie dürfen aber nicht dazu führen, dass Mitarbeiter das Gefühl bekommen, im Home-Office überwacht zu werden. Vorgesetzte, die mehrmals täglich penible Rückmeldungen zu erledigten Arbeitsschritten einfordern, signalisieren damit fehlendes Vertrauen. Sie riskieren zudem, dass Teams den Fokus verlieren. Beratung und Betreuung sind besser als strikte Kontrolle.
Neue Team-Mitglieder integrieren
Als neues Mitglied in ein dezentral arbeitendes Team zu kommen, kann zur Herausforderung werden, weil sich die Dynamik einer Gruppe anfangs schwerer erspüren lässt. Umso wichtiger ist es, Neulingen zu Beginn ihrer Tätigkeit das Gefühl zu geben, Teil der Gruppe zu sein. Unternehmen, die bereits über längere Erfahrung in dezentralem Arbeiten verfügen, haben dies zum festen Bestandteil ihres Onboardings gemacht.
Das Wir-Gefühl stärken
Selbst in gut funktionierenden Arbeitsumfeldern kann es gelegentlich zu Unsicherheiten, Unzufriedenheit oder Ängsten der Mitarbeiter kommen. Die Aufgabe von Führungskräften besteht darin, Teams davor zu schützen. Das gelingt am besten, wenn auch die sozialen Aspekte der gemeinsamen Arbeit berücksichtigt werden. Dafür braucht es keine verpflichtenden gemeinsamen Kaffeepausen, aber von Zeit zu Zeit die Gelegenheit für einen lockeren Austausch, der Mitarbeitern das Gefühl gibt, trotz der Distanz wahrgenommen zu werden. Virtuell lässt sich der Teamgeist auch fördern, wenn zur Abwechslung mal eine Happy Hour, ein virtuelles Quizzen oder ein gemeinsames Essen per Videochat organisiert wird.

Wir geben unseren Mitarbeitern von Anfang an Verantwortung, stellen Ihnen zur erfolgreichen Umsetzung alle Tools und Informationen zur Verfügung und lassen sie selbstständig arbeiten. Für unser Verständnis haben wir alles richtig gemacht, wenn unsere Mitarbeiter eigene Ideen entwickeln und diese immer mit dem Bewusstsein umsetzen, es könnte auch schiefgehen. Das wichtigste an dieser Stelle ist, dass sie anschließend daraus lernen und aus einer Niederlage gestärkt wieder aufstehen."

5. Machen Sie das Thema "Unternehmenskultur" zur Chefsache!

"Was macht unser Unternehmen aus? Wo schlägt das Herz unseres Unternehmens? Stellen Sie die Werte und Ziele Ihres Unternehmens regelmäßig auf den Prüfstand und arbeiten sie ständig an ihrer Unternehmenskultur. Vor allem aber: beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in deren Umsetzung und Gestaltung ein. Die Unternehmenskultur geht alle an. Das Management muss aber dafür sorgen, dass die Linie klar ist und die Umsetzung konsequent vorangetrieben wird."

Abel ist überzeugt, dass Mitarbeiter, die sich im Job wohl fühlen und Verantwortung übernehmen, kreativer sund und zum Erfolg des Unternehmens beitragen. "Es ist Aufgabe des Managements, das entsprechende Umfeld zu schaffen und eine offene Unternehmenskultur zu etablieren", so der Spiceworks-CTO abschließend.

Hybrid-Work-Führungstypen
Dr. Michael Müller-Wünsch, Bereichsvorstand Technology, Otto Group
"Mich stört an diesen Führungsbildern, dass sie häufig den Eindruck vermitteln: alle Mitarbeiter*innen denken gleich und haben den gleichen Anspruch. Das stimmt nicht. In der Praxis ist es viel differenzierter. Manche brauchen eben eine engere Führung, andere wünschen sich mehr Freiheitsgrade. Es gibt nicht die gute oder die schlechte Führung. Das hängt häufig mit den unterschiedlichen Grundprofilen und -haltungen zusammen. Wir haben bei Otto intern viel über individuelle Neigungen und Profilstrukturen gesprochen, und welchen Respekt man diesen Mitarbeitenden entgegenbringen sollte. Generell sollten Arbeitskulturen heute so ausgestaltet werden, dass Mitarbeitende gern für ihren Arbeitgeber tätig sind. Und das über die gesamte Employee Journey hinweg."
Maria Zesch, Chief Executive Officer, Takkt Group
"Bei der Balance zwischen Präsenz und Home-Office sollte das ergebnisfokussierte Arbeiten klar im Vordergrund stehen. Denn die große Frage ist doch, wie binde ich Mitarbeiter an das Unternehmen, ohne sie wieder in die Präsenz zwingen zu müssen? Dafür sollten Führungskräfte auf Empowerment setzen. Dabei geht es in erster Linie darum, die Verbundenheit zum Unternehmen zu stärken. Das ist vor allem Beziehungsarbeit, die Führungskräfte gegenüber ihren Mitarbeitern leisten müssen. Es geht hier natürlich auch um den Purpose, also täglich die Begründung dafür zu liefern, warum und wofür jemand seinen Job überhaupt macht. Vor allem die junge Generation fordert das ja bereits massiv ein."
Dr. Elke Frank, Personalvorständin, Software AG
"Wenn man sich nicht täglich im Büro sieht, braucht der Vorgesetzte erst recht Vertrauen in die Fähigkeiten seiner Mitarbeiter. Das heißt vor allem, er muss seine liebgewonnenen Gewohnheiten 'loslassen', zum Beispiel das letzte Wort haben zu wollen, und immer die richtige Entscheidung parat zu haben. Es geht vielmehr darum, gemeinsam über die wichtigen Themen zu diskutieren und Entscheidungen auch mal zu revidieren. Wenn Sie wüssten, wie oft ich das in den vergangenen zwei Jahren bereits gemacht habe. Dieser eher kollaborative Führungsstil fällt vielen Entscheidern allerdings noch sehr schwer, denn es bedeutet nicht zuletzt auch Verzicht auf Macht."