Belange des CIOs gelten als "zu technisch"

Vorstandsmitglieder sind oft IT-Muffel

07.12.2004 von Detlef Scholz
Der Vorstand weiß meistens nicht genug über IT und hegt auch kein besonders großes Interesse dafür. Bei der Neubesetzung des Vorstands sollten daher IT-versierte Nachrücker bevorzugt werden. Das ist das Fazit einer Untersuchung, deren Ergebnisse auf der internationalen IT-Governance-Konferenz in Auckland, Neuseeland, vorgestellt und diskutiert wurden.

Das Führungs-Management ist im Allgemeinen nicht über die Vision der IT im Bilde. Es weiß nicht, ob diese auf die Unternehmens-Vision abgestimmt ist. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Strategie. Die meisten befragten Vorstandsmitglieder gaben an, dass sie die IT-Strategie nicht diskutiert haben. Ob diese mit der Unternehmensstrategie zusammenpasst, ist der Mehrheit des Leitungs-Managements unbekannt.

Nur in wenigen Unternehmen ist die Führungsebene in Fragen der IT-Personal-Einstellung involviert. Selbst wenn es dabei um den Posten des CIO geht, wollen die Vorstandsmitglieder nicht mitentscheiden. IT-Belange werden in der Führungsetage allenfalls im Rahmen eines Audits oder einer Revision besprochen, jedoch kaum in regulären Meetings.

Die meisten Führungsmanager reden nie darüber, wie ihr Unternehmen Wettbewerbsvorteile durch geschickten Einsatz der IT erzielen könnte. Höchstens bei kostspieligen Anschaffungen wie der eines ERP-Systems spielt dieser Aspekt eine Rolle. Fast alle Vorstandsmitglieder gaben an, dass sie sich selbst über große IT-Projekte nicht informieren ließen. Viele Top-Entscheider sehen IT-Angelegenheiten schlicht als "zu technisch" an.

Vorstands-Nachrücker sollte IT-Kenner sein

Die befragten CIOs bestätigten, dass die Führungsebene sich nicht sonderlich für die IT interessiere. Die CIOs fassen das nicht als Vorteil auf, weil sie etwa durch das Desinteresse der Unternehmensführung mehr Freiraum haben und keine unangenehmen Fragen fürchten müssen. Doch andererseits unternehmen die IT-Entscheider auch nichts, um die Aufmerksamkeit der Chef-Etage für ihre Probleme zu wecken.

Gleichwohl wünschen sich die befragten CIOs, dass die Vorstände die strategischen Aspekte der IT mehr berücksichtigen. Sie sind zudem der Meinung, dass die Chefetage sich regelmäßig über große IT-Projekte unterrichten lassen sollte.

Um das Interesse des Vorstands an IT und seinen Kenntnisstand zu heben, sollte den Studienautoren zufolge mindestens ein Vorstandsmitglied mit IT-Hintergrund benannt werden. Außerdem empfehlen sie, den CIO regelmäßig zu Vorstandssitzungen einzuladen. Hilfreich sei auch vermehrter sozialer Kontakt zwischen CIO und Vorstandsmitgliedern.

Das Durchschnittsalter der Vorstandsmitglieder in den befragten Unternehmen liegt bei über 60 Jahre. Viele von ihnen werden sich daher in den nächsten Jahren zurückziehen und werden durch jüngere Manager ersetzt. Hier bietet sich die Chance, mehr Technik-orientierten Nachrückern eine Chance zu geben.

Informatik-Professor Sid Huff präsentierte die Ergebnisse der Studie "The IT Attention Deficit" zum IT-Bewusstsein in den Vorständen von 17 kanadischen Unternehmen. Die untersuchten Firmen stammen aus der Grundstoffindustrie und dem Finanzsektor. Es wurden Vorstandsmitglieder, CEOs, weitere leitende Manager und CIOs interviewt. Die Ergebnisse der Studie seien leicht zu verallgemeinern, da die die Unternehmen im "globalen Dorf" in recht ähnlicher Weise geführt werden.

Weitere Meldungen:

Firmen mit Lücken bei der IT-Strategie
Vielen CEOs fehlt der Blick fürs Ganze
CEOs sehen IT als Wachstumsbremse

Bücher zum Thema:

Excellence in Change
Handbuch Strategisches Management

Studie zum Thema:

Führende Managementberatungs-Unternehmen in Deutschland