Preisrätsel Online-Handel

Wann kaufe ich wo?

10.03.2015
Die Preise im Internet fahren Achterbahn: Elektronikartikel sind meist am Mittwoch am günstigsten. Schuhe kauft man am besten am Donnerstag. Beim Internet-Einkauf kommt es durchaus darauf an, wann man zuschlägt. Aber auch wer bestellt, kann eine Rolle spielen.

Preise rauf, Preise runter: Die Kosten für einen Fernseher oder einen Tablet-Computer ändern sich im Internet manchmal fast so schnell wie Aktienkurse an der Börse. "Allein Amazon nimmt jeden Tag 2,5 bis 3 Millionen Preisänderungen vor", schätzt der Handelsexperte Thomas Täuber von der Unternehmensberatung Accenture.

Für den Konsument wird es da trotz Preissuchmaschinen immer schwerer, den Überblick zu behalten. "Früher war die Welt einfacher. Da stellte sich die Frage: Wo kaufe ich? Jetzt lautet die Frage: Wann kaufe ich wo?", beschreibt der Handelsexperte das Dilemma des Online-Kunden.

Tatsächlich gibt es nach einer Studie des Preisbeobachtungsdienstes Spottster auffällige Schwankungen bei den Preisen, die sich der Verbraucher zunutze machen kann. Elektronikprodukte seien Mittwochs tendenziell günstiger als an anderen Tagen, Schuhe am Donnerstag, Beauty-Produkte am Freitag, verrät Spottster-Gründerin Freya Oehle. Am Wochenende sei das Online-Shoppen dagegen eher teuerer.

Die Unternehmerin sollte es wissen, denn Spottster bietet Internet-Käufern die Möglichkeit, für sie interessante, aber noch zu teure Produkte auf einem elektronischen Merkzettel zu notieren. Das Unternehmen informiert dann über Preissenkungen. Dafür arbeitet Spottster nach eigenen Angaben mit über 1400 Online-Händlern zusammen und hat allein in Deutschland über 100 Millionen Preise im Blick.

Die Achterbahnfahrt bei den Preisen, im Branchenjargon als "Dynamic Pricing" bekannt, ist für die meisten Online-Händler heute überlebenswichtig. Denn bei gut vergleichbaren Produkten wie Fernsehern oder DVDs ist der Preis in der Regel das entscheidende Kaufkriterium. Wer da den Markt nicht im Blick hat und auf Preissenkungen der Konkurrenz nicht reagiert, steht schnell ohne Kunden da. Umgekehrt müssen die Händler auch Preiserhöhungsspielräume nutzen, damit der Gewinn nicht unter die Räder kommt.

E-Commerce - so vermeiden Sie Kaufabbrüche
Tipp 1 - Checkout überprüfen
Die meisten Käufe werden auf der Bezahlseite abgebrochen. Hier sollten Shop-Betreiber ansetzen.
Tipp 2 - Lieferangaben: So kurz wie möglich
Je weniger Daten potentielle Käufer eingeben müssen, umso geringer die Chance, dass sie abspringen.
Tipp 3 - Zahlungsoptionen prüfen
Findet ein Kunde das gewünschte Bezahlverfahren nicht, droht ein Kaufabbruch. Eine breite Auswahl an Bezahlverfahren kann dies verhindern.
Tipp 4 - Lieferzeit und Lieferkosten: bitte zum Nulltarif!
Sind die Versandkosten zu hoch, springen Kunden ab. Viele Kunden erwarten inzwischen sogar Versand zum Nulltarif.
Tipp 5 - Shops auf mobile Endgeräte optimieren
Immer mehr Kunden nutzen ihre mobilen Endgeräte zum Einkauf. Shop-Betreiber sollten ihre Webseiten darauf einstellen.

Allerdings gibt es Unterschiede nach Produktkategorien. Bei Elektronikprodukten sind die Preise nach Angaben von Marktbeobachtern ständig in Bewegung, ebenso bei Reisen und Flugtickets. Bei Textilien zeige der Markt dagegen weniger starke Ausschläge. Hier sei die Markenvielfalt größer und die Vergleichbarkeit geringer.

Wie genau die Preisfindung etwa bei Amazon funktioniert, ist ein gut gehütetes Geheimnis. Amazon selbst teilt dazu lediglich mit, die Preise würden von verschiedenen internen und externen Faktoren beeinflusst - etwa dem Einkaufspreis und der Konkurrenz.

Handelsexperten wie Täuber oder der Geschäftsführer des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH), Kai Hudetz, sind allerdings fast sicher, dass zumindest bei einigen Online-Händlern auch vorhandene Daten über früheres Kaufverhalten des Kunden in die Preisgestaltung einfließen.

10 Schlüsselfaktoren für erfolgreichen Cross-Channel-Commerce
Channel Hopping
Kunden durch nahtlose Marken- und Einkaufserlebnisse beim Sprung über die Kanäle hinweg an sich binden. Quelle: ARITHNEA
Social Commerce
Dialog zwischen Kunden fördern. Quelle: ARITHNEA
Kein Abteilungsdenken
Konkurrenzdenken der Abteilungen und siloartige Strukturen müssen bereinigt werden. Quelle: ARITHNEA
Mitarbeiter als Botschafter
Mitarbeiter so geschult sein, dass sie auch Online-Kunden in der Filiale vor Ort beraten können. Quelle: ARITHNEA
Mobil
Unterstützung mobiler Endgeräte ist Kernfunktion. Quelle: ARITHNEA
Content is King – Context is Queen
Content, selbst wenn er noch so hochwertig ist, ist nur im richtigen Context für Kunden interessant und sinnvoll. Quelle: ARITHNEA
Kunde im Fokus
Konsistente Kundenansprache über alle Kanäle hinweg. Quelle: ARITHNEA
Big Data
Systeme stellen alle konsolidierte Informationen über Zielgruppen, Produkte, Preise, Verfügbarkeit zentral bereit. Quelle: ARITHNEA
Integration
Infrastruktur (CRM, ERP, etc.) mit der zentralen eCommerce-Lösung verbunden. Quelle: ARITHNEA
Zentrale eCommerce-Lösung
Integration aller Vertriebskanäle für die Interaktion im Cross-Channel-Angebot. Quelle: ARITHNEA

"Ich würde mich sehr wundern, wenn die großen Online-Händler nicht mit individualisierten Preisen experimentieren. Schließlich sind diese Unternehmen extrem datengetrieben", meint Hudetz. Die Logik dahinter beschreibt Täuber: "Wenn der Kunde wenig preisempfindlich ist und unbedingt jedes neue Gerät haben will, muss ich ihm kein Sonderangebot machen. Das Geld kann ich besser bei unentschlossenen Kunden einsetzen."

Dabei sind sich die Experten einig, dass individualisierte Preise für die Unternehmen ein gefährliches Terrain sind. "Die Kunden bekommen es früher oder später mit und es verärgert sie. Verschiedene Preise zum selben Zeitpunkt für dasselbe Produkt verletzten ihr Gefühl für Fairness", meint der Marketing-Experte Martin Fassnacht von der Wirtschaftshochschule WHU.

Doch haben die Unternehmen längst einen Ausweg aus dem Dilemma gefunden. Statt individualisierter Preise gibt es immer öfter individuelle Rabatte, etwa in Form von Gutscheinen, für zögernde Konsumenten. "Gutscheine sind inzwischen ein unfassbar wichtiges Instrument für Online-Händler, weil sie so nicht den Preis auf der Seite senken müssen", hat Oehle beobachtet.

Branchenkenner Täuber hat wenig Zweifel, wohin die Reise im Online-Handel geht: "Wenn wir im Flugzeug sitzen, wissen wir, dass der Passagier neben uns wahrscheinlich einen anderen Preis für den Flug gezahlt hat und akzeptieren das. Im Hotel ist es das Gleiche. In diese Richtung entwickelt sich auch der Online-Handel." (dpa/tc)