Analysten-Kolumne

Warum BPO-Projekte scheitern

03.09.2008 von Stefan Schlöhmer
Business Process Outsourcing starten Abteilungen häufig losgelöst von der Unternehmensstrategie, definieren keine klaren Anforderungen und legen einen zu starken IT-Fokus darauf. Die Komplexität bei der Umsetzung gibt BPO-Projekten den Rest. Ein praxiserprobtes Stufenkonzept schafft Abhilfe.
Stefan Schlöhmer ist Senior Manager bei Steria Mummert Consulting.

Business Process Outsourcing (BPO) setzt sich auch auf dem deutschen Markt immer weiter durch und hat inzwischen die meisten Branchen erfasst. Viele Unternehmen haben bereits in der Vergangenheit IT-Infrastruktur oder Applikationen ausgegliedert und sind nun bereit, stufenweise weitere Teile der Wertschöpfungskette an Dienstleister zu vergeben. Zu Beginn jeder BPO-Initiative stellen sich Fragen, sind strategische Ziele, Anforderungen und Rahmenbedingungen zu klären, die erfolgskritisch sind. Ein praxiserprobtes Stufenkonzept ist eine geeignete Methodik, um die sorgfältige Planung eines BPO-Vorhabens sicherzustellen.

Viele BPO-Initiativen werden unabhängig von der Unternehmensstrategie gestartet. Hinzu kommt, dass die Anforderungen vieler Unternehmen an BPO unklar sind. Das sind wesentliche Gründe für den Misserfolg des Outsourcings bzw. dafür, dass nur ein geringer Nutzwert erkennbar ist. Ein weiterer häufiger Fehler ist der IT-Fokus zahlreicher BPO-Vorhaben. Diese Problematik entsteht oftmals dadurch, dass über bestehendes IT-Outsourcing stufenweise weitere Leistungen bestimmt werden, die weniger oder keinen IT-Bezug aufweisen. Zwar kann ein solches stufenweises Vorgehen sinnvoll sein, jedoch werden Nutzenpotenziale nur dann vollständig erschlossen, wenn das BPO in eine langfristige Strategie eingebettet ist.

Bevor ein Unternehmen die Entscheidung trifft, ob und in welche Richtung ein BPO verfolgt wird, sind zunächst die genaue Bestimmung des Zielbildes und der Anforderungen sowie die Analyse der Ist-Situation erforderlich. Die Untersuchung der strategischen Ziele im Bezug auf BPO ist der erste Schritt. Zu klären ist insbesondere, auf welche Kernkompetenzen sich das Unternehmen konzentrieren möchte und welche Prozesse für BPO in Frage kommen.

Stufenkonzept zur BPO-Planung.

Ferner ist die vorhandene IT-Strategie zu berücksichtigen, denn Themen wie z.B. serviceorientierte Architekturen (SOA) tangieren BPO direkt. Die wichtigste Frage ist jedoch, wie sichergestellt werden kann, dass das BPO-Vorhaben den höchstmöglichen wirtschaftlichen Nutzen erbringt. Bereits zum Zeitpunkt der Zielbestimmung wird klar, welche wesentlichen Eigenschaften der potenzielle Dienstleister haben muss, der zur BPO-Strategie des Unternehmens passt.

Nachdem die Ziele definiert und die Rahmenbedingungen klar sind, können die Anforderungen an das BPO detailliert untersucht werden, was anhand eines Fragenkatalogs geschieht und im Wesentlichen Wirtschaftlichkeit, Organisation, Prozesse, Personal, Governance und IT-Service-Management umfasst.

Die Ist-Analyse folgt der Bestimmung der Anforderungen an die BPO-Lösung und umfasst im Wesentlichen die gleichen Bereiche. Allerdings sind detaillierte Kennzahlen und Mengengerüste zu bestimmen, die Aufschluss über die tatsächliche Performance des Unternehmens geben. Die Anforderungen sind im Hinblick auf die Ergebnisse der Ist- Analyse zu überprüfen. Die Analyse wird mit einem detaillierten Fragenkatalog durchgeführt. Die hier gewonnenen Kennzahlen und Mengengerüste bilden die Grundlage für die Wirtschaftlichkeitsberechnung.

Wesentliche Fragestellungen der Ist-Analyse sind:

Stufenkonzept zur BPO-Planung.

Nachdem Ziele, Anorderungen und die Ist-Situation definiert sind, ergibt sich bereits ein recht klares Bild über das geplante BPO-Vorhaben. Aufgrund der hohen Komplexität von BPO ist es sinnvoll, zwei bis drei alternative Betriebsvarianten zu bestimmen und deren Vor- und Nachteile abzuwägen. Für die Bestimmung der Varianten gelten folgende Anhaltspunkte:

Aufgrund der hohen Komplexität ist die Realisierung von BPO immer mit Risiken verbunden. Der frühzeitigen Erkennung von Risikofaktoren kommt daher eine besondere Bedeutung zu. Risikofaktoren müssen quantifiziert und deren Eintrittswahrscheinlichkeit bestimmt werden, soweit dies in dieser frühren Phase des BPO-Vorhabens möglich ist. Vermeidungsstrategien und Alternativen sollten bereits zu diesem Zeitpunkt diskutiert werden und in die Wirtschaftlichkeitsberechnung einfließen. Mit jeder Betriebsvariante sind in der Regel unterschiedliche Risikofaktoren verbunden.

In der Wirtschaftlichkeitsberechnung werden die Betriebsvarianten auf der Grundlage der erfassten Parameter und Mengengerüste sowie der getroffenen Annahmen im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht. Die Wirtschaftlichkeitsberechnung sollte sich an den dafür üblichen Standards orientieren, z.B. dem KBSt-Standard (Koordinierungs- und Beratungsstelle der Bundesregierung für Informationstechnik in der Bundesverwaltung) IT-WiBe 4.0 (IT-Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen) für die öffentliche Verwaltung. Wesentliche Bestandteile der Wirtschaftlichkeitsberechnung sind:

Die Betriebsvarianten werden aufgrund bestimmter Annahmen aus dem Blickwinkel der drei Szenarien "Best Case", "Normal Case", "Worst Case" betrachtet. Daraus ergibt sich die Handlungsempfehlung, jene Betriebsvariante zu wählen, die auf der Grundlage der Wirtschaftlichkeitsberechnung besonders geeignet erscheint.

Der Umsetzungsplan beschreibt, wie die gewählte Betriebsvariante am vorteilhaftesten umgesetzt werden kann. Dazu gehört ein Projektplan in grober bis mittlerer Detaillierung, der die wesentlichen Schritte zur Realisierung beinhaltet. Dieser umfasst im Besonderen Ausschreibung, Angebotsphase, Due Diligence, Vertragsentwicklung, Lösungsentwicklung und Transition.

BPO-Vorhaben sind komplex und langfristig ausgelegt. Deshalb werden besonders hohe Anforderungen an eine sorgfältige Vorbereitung und Planung gestellt. Denn der richtige Einstieg stellt die Weichen für eine erfolgreiche Umsetzung.

Stefan Schlöhmer ist Senior Manager bei Steria Mummert Consulting.