Zu wenig Feedback

Warum Facebook-Nutzer Frust schieben

11.02.2013 von Christiane Pütter
Urlaubsfotos anderer oder zu wenige "Likes" auf eigene Kommentare: Facebook kann neidisch machen und frustrieren, so Forscher von HU Berlin und TU Darmstadt.
Facebook löst positive wie negative Gefühle aus, wie eine Studie der Humboldt-Universität Berlin und der TU Darmstadt ergab. (Bei den Antworten waren Mehrfach-Nennungen möglich.)
Foto: Humboldt-Universität zu Berlin, Technische Universität Darmstadt

Wer viel in sozialen Netzwerken wie Facebook unterwegs ist, riskiert, ein neidischer und unzufriedener Mensch zu werden. Das legt zumindest eine Forschungsarbeit der Humboldt-Universität Berlin und der TU Darmstadt nahe. Die Analyse basiert auf den Angaben von rund 600 Facebook-Nutzern.

Die Teilnehmer waren im Mittelwert 24 Jahre alt, 94 Prozent von ihnen sind Deutsche. Sie haben typischerweise 169 Freunde bei Facebook und widmen sich dem Netzwerk zwischen fünf und dreißig Minuten am Tag.

Das Gefühl, zu wenige "Likes" zu erhalten

Insgesamt überwiegen aber positive Gefühle, wie die erste von zwei Studien zeigt. Die Befragten konnten mehrere Stimmungslagen beschreiben, die sie mit der Facebook-Nutzung verbinden. Gute Gefühle wie Freude und Spaß liegen insgesamt mit 44 Prozent der Nennungen vorn, schlechte wie Langeweile, Ärger und Frust kommen auf 37 Prozent.

Beim Thema Frust haben die Wissenschaftler nachgefragt. Genauere Beschreibungen zeigen, dass sich 30 Prozent der Teilnehmer mit den anderen Facebook-Nutzern vergleichen. Das löst Neid aus. Weitere 20 Prozent haben das Gefühl, sie erhalten zu wenig Aufmerksamkeit (wie Kommentare, "Likes" und Feedback).

Wer neidisch ist, bezieht das vor allem auf schöne Urlaube und Freizeitaktivitäten anderer. Außerdem glauben Neider, andere hätten mehr sozialen Kontakt als sie selbst, kämen aus einer liebevolleren Familie und führten glücklichere Beziehungen. Faktoren wie Geld oder Erfolg in Studium und Beruf provozieren weit weniger Neid.

Jeder Zehnte fühlt sich vor seinem Rechner einsam und hätte eigentlich lieber einen realen Gesprächspartner vor sich. Sechs Prozent haben nach der Facebook-Nutzung den Eindruck, etwas zu verpassen (Konzerte oder Veranstaltungen beziehungsweise das Bewusstsein, zu einer Veranstaltung anderer nicht eingeladen worden zu sein).

Darüber hinaus kann sich der Frust auch an Nachrichtlichem entzünden. Zehn Prozent der Teilnehmer geben an, nur traurige Neuigkeiten zu erfahren, sieben Prozent haben das Gefühl, eine Flut an Nachrichten überrolle sie. Sechs Prozent finden die News langweilig und uninteressant.

In einer zweiten Studie gingen die Forscher dem Phänomen der Facebook-Frustration noch einmal genauer nach. Es zeigt sich ein Unterschied zwischen passiven Nutzern, die vor allem die Aktivitäten anderer verfolgen, und Menschen, die selbst viel kommunizieren. Insbesondere passive User laufen Gefahr, sich nach dem Facebook-Konsum frustriert zu fühlen.

Die Nutzer geraten in eine Neidspirale

Der Begriff Frust umschreibt auch hier wiederum Gefühle von Neid auf das vermeintlich schönere Leben anderer. Die Forscher sprechen von einer "Neidspirale". Denn die so beneideten aktiven Nutzer tendieren dazu, sich auf Facebook als glückliche Menschen zu inszenieren. Sie stellen lieber Positives heraus und verschweigen Negatives. Das wiederum provoziert bei den passiven Nutzern noch mehr Neid.

Als Folge von Neid und Frustration sinkt die allgemeine Lebenszufriedenheit solcher passiver Facebook-Nutzer. Die Wissenschaftler empfehlen, auf diesem Gebiet weiter zu forschen.

Ein Gefühl mit (Literatur-)Geschichte

Manchmal hilft auch ein Blick in die Literatur. Charles-Louis de Montesquieu (1689-1755) soll gesagt haben: "Man will nicht nur glücklich sein, sondern glücklicher als die anderen. Und das ist deshalb so schwer, weil wir die anderen für glücklicher halten, als sie sind."