Lösungsvorschläge

Warum öffentliche Großprojekte scheitern

26.03.2013 von Wieland Cichon
Die öffentliche Hand hat weder die Erfahrung und noch die Kompetenz, große Vorhaben umzusetzen. CIOs sollten die Leitung von Großprojekten übernehmen, schlägt Professor Wieland Cichon von der Hochschule München in seiner Kolumne vor.
Wieland Cichon ist Professor für Projektberatung und Projektmanagement an der Hochschule München.
Foto: Hochschule München

Kostenexplosion bei Stuttgart 21, Pleiten, Pech und Pannen beim Flughafen Berlin Brandenburg, Desaster bei der Elbphilharmonie: Wenn öffentliche Großprojekte scheitern, dann gewaltig. Und auch im IT Umfeld gibt es dazu einige Beispiele, die öffentliche Hand tut sich schwer, wenn es um Software geht: Ob LKW-Maut oder Hartz-IV-Software, ob beim Herkules-Projekt der Bundeswehr oder beim Polizeifunk und den massiven Problemen bei der Elster-Software für die elektronische Steuererklärung gehören offenbar zum Alltag.

Aber was kann man daraus lernen, was müssen die Konsequenzen sein, wenn öffentliche Gelder "in den Sand gesetzt werden", wenn Termine sich massiv verzögern, wenn horrende Budgetüberschreitungen auftreten, wenn qualitative Anforderungen nicht erfüllt werden.

An fehlenden Methoden im Projektmanagement kann es nicht liegen, so sind z. B. Verfahren der Risikoanalyse und -bewertung, der Kostenprognose oder die Grundregeln der Projektorganisation hinlänglich bekannt und bewährt. Diese Instrumente müssen nur eingefordert und eingesetzt werden. Die Professionalisierung beginnt bei Planung und Durchführung.

Projekte in der Hand von Generalunternehmern

Die öffentliche Hand hat weder die Erfahrung und noch die Kernkompetenz, wenn es um die Abwicklung großer Vorhaben geht. Falls Politiker glauben, dass dadurch "riesige" Profite bei Privaten anfallen, die doch besser beim Staat bleiben sollten, dann ist das zwar ein hehres Motiv, aber die Realität straft diese Handeln; vielmehr werden die Gesamtkosten durch den Einsatz von Generalunternehmern reduziert und damit auch die öffentlichen Kassen geschont.

Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Tipp 2
Eine offene Kommunikation einhalten.
Tipp 3
Eine konstruktive Zusammenarbeit umsetzen.
Tipp 4
Zu Problemen grundsätzlich Lösungsvorschläge anbieten.
Tipp 6
Keine Arbeitspakete ohne Termin und Verantwortlichen definieren.
Tipp 7
Delegieren von Arbeitspaketen vermeiden.
Tipp 8
Lieber miteinander reden anstatt E-Mail-Ping-Pong zu spielen.
Tipp 9
Keine politischen Spielchen treiben.
Tipp 11
Dynamik entwickeln und auf das gesamte Projektteam sowie alle Anwender übertragen.

Diese Erkenntnis ist nicht neu, vielmehr erstaunt und erschreckt, dass diese noch nicht auf allen politischen Ebenen vorgedrungen ist und sich durchgesetzt hat. Anstatt ideologischer Scheuklappen sollten Vernunft und Augenmaß und die Verantwortung vor Steuergeldern regieren. Dies setzt allerdings voraus, dass die politischen Verantwortungsträger die Kosten auch wirklich wissen wollen.

Eine Professionalisierung ist aber auch bei der Lenkung und Aufsicht solcher Vorhaben von Nöten.

Paritätisch besetzte Aufsichtsgremien, in denen Vertreter der Parteien sitzen, machen die Sache nicht besser. Fehlende Erfahrungen können nicht durch Proporz kompensiert werden. Kompetenz ist gefragt, nicht das richtige Beziehungsgeflecht. Erfahrungen mit Projekten erwirbt man beispielsweise nicht im Landtag, sondern nur in der Projekt-Praxis. Die bitteren Erfahrungen mit den Landesbanken zeigen zudem, dass diese unternehmerischen Kontrollaufgaben besser von Profis erledigt werden sollten, denn von Amateuren.

Und die Kontrolle großer Projektvorhaben ist kein "Teilzeit" Job oder ein Ehrenamt, das sich als Residualgröße anderer, "wichtigerer" Aufgaben ergibt, sondern es ist eine hoch verantwortungsvolle und zeitraubende Aufgabe, die auch eine Präsenz vor Ort erfordert. Konzepte eines Projekt Board könnten hier zum Einsatz kommen. Die Mitglieder des Kontroll- und Lenkungsausschusses würden dann teilweise in Vollzeit ihre Aufgaben übernehmen, präsent sein und immer am Puls des Geschehens sein.

Das Chaos ordnen

Im IT-Umfeld könnte das bedeuten: CIOs, auch ehemalige, oder (Ex-)Vorstande aus dem IT Bereich bringen ihre Referenzen und Kompetenzen, ihren Sachverstand und ihre Netzwerke ein, wenn eine solche Kontrolle professionalisiert wird. Es zählen deren positive und negative Erfahrungen, deren Einschätzen von Risiken und Machbarkeit. Es sind solche erfahrene Macher gefragt, die frischen Wind und neue Ideen reinbringen und ein Chaos ordnen können.

Die 10 größten Probleme im Projekt-Management
Zu viele IT-Projekte sind nicht erfolgreich. Woran liegt es, dass die meisten Vorhaben anders laufen als gedacht? Und was ist dagegen zu tun?
Projektziele unklar
Verfassen Sie einen Projektauftrag, in dem die Ziele des Projekts schriftlich fixiert sind. Sprechen Sie diesen mit Ihrem Auftraggeber durch, und lassen Sie ihn unterschreiben. Unklarheiten sollten sofort beseitigt werden.
Zeitvorgaben unrealistisch
Oft macht das Management großen Druck, das Projekt in einem viel zu eng bemessenen Zeitraum durchzupeitschen. Zeigen Sie Alternativen auf, mit denen sich wirklich Zeit einsparen lässt, zum Beispiel durch Verzicht auf weniger wichtige Features. Machen Sie keine Zusagen, wenn der vorgegebene Termin absehbar nicht zu halten ist.
Mangelnde Abstimmung
Wer ist interessiert, betroffen und beteiligt? Wenn Sie diese Frage im Hinterkopf behalten, haben Sie schon alle Personen versammelt, die Sie im Rahmen Ihres Stakeholder-Managements berücksichtigen müssen. Stimmen Sie sich frühzeitig ab, informieren Sie offensiv über Ihr Vorhaben.
Fehlerhafte Kommunikation
Kommunizieren Sie zielgruppengerecht. Nicht jeder muss alles immer sofort wissen. Berücksichtigen Sie die verschiedenen Medien, und prüfen Sie, wie Sie die andere Person am wirkungsvollsten erreichen - per E-Mail, Telefon oder am besten immer noch in einem persönlichen Gespräch.
Überlasteter Projektleiter
Delegieren Sie als Projektleiter Ihre Aufgaben. Geben Sie Verantwortung an andere Teammitglieder ab und konzentrieren Sie sich auf die wesentlichen Führungsaufgaben. Das schafft Freiräume und stärkt die Motivation Ihrer Kollegen. Wenn es das Projektbudget zulässt, führen Sie ein Projekt-Management-Office ein
Unrealistisscher Budgetrahmen
Ähnlich wie die Zeit ist auch das Geld häufig ein knappes Gut. Entwickeln Sie frühzeitig Szenarien, mit denen der Budgetrahmen gehalten werden kann, und vermeiden Sie es, Ihren Auftraggeber mit monatlich wiederkehrenden Forderungen nach Budgeterhöhungen zu frustrieren.
Schlampige Feinplanung
Phasen- und Meilensteinplanung sind ein guter Start, aber eine effiziente Planung hört damit noch nicht auf. Beschreiben Sie einzelne Arbeitspakete, und ordnen Sie ihnen Verantwortliche zu. Formulieren Sie alle Tätigkeiten aus, die innerhalb der Arbeitspakete zu erledigen sind.
Holpriges Berichtswesen
Halten Sie den Aufwand für das Reporting gering, um Ihre Mitarbeiter nicht mit dem Schreiben von Statusberichten zu nerven. Fragen Sie nur die wirklich wichtigen Daten ab, und entnehmen Sie so viele Steuerungsinformationen wie möglich aus bestehenden IT-Systemen wie SAP oder Projektplänen.
Fehlende PM-Methodik
Sorgen Sie für eine sauber aufgesetzte Methodik, wie Sie Ihr Projekt planen und steuern. Damit haben Sie schon viel gewonnen. Das Wissen können Sie in Kursen, beispielsweise bei der GPM (Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement), erwerben - oder mit einem externen Dienstleister einkaufen.

Denkbar ist in diesem Zusammenhang auch ein Berufsstand von öffentlich bestellten Persönlichkeiten (Projektmanagement-Profis), die durch ihren Werdegang gezeigt haben, dass sie in der Projektorganisation und im Projektmanagement hinreichende Erfahrungen erworben haben, welche sich dann nutzen lassen. In einem PM-Examen als öffentlich vereidigter Sachverständiger würde diese Expertise dann dokumentiert.

Eine solch professionelle Steuerung und Kontrolle wird dann auch Instrumente und Ergebnisse, die gang und gäbe im Projektmanagement sind, seitens der Projektleitung einfordern, diese kritisch hinterfragen und gegebenenfalls Nachbesserungen einfordern. Das Ergebnis kann dadurch nur besser werden.

Eine solche Organisation darf die politischen Handlungsträger allerdings nicht entmachten. Die Politik muss den politischen Willen formulieren und ihrem Wählerauftrag gerecht werden. Es geht vielmehr darum, die öffentliche Hand in die Rolle des Treuhänders und Auftraggebers zu rücken.

So kommen Sie groß raus ... oder?
Sie möchten, dass Ihre Projekte zäh verlaufen, weil Sie sich damit in der Firma profilieren können? Dann folgen Sie den Ratschlägen von Jürgen Rohr.
Tipp 1
Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck. Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede.
Tipp 2
Starten Sie mit einer problem-orientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen.
Tipp 3
Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback. Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten.
Tipp 4
Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation.
Tipp 5
Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 PowerPoint Slides. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!
Tipp 6
Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein. Das wäre ja noch schöner: Sie planen knapp bei Budget und Terminen und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören.
Tipp 7
Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein. Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen.
Tipp 8
Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine. In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden.
Tipp 9
Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten. Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld.
Tipp 10
Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik. Wenn jemand mit einem Feedback zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus.

Wer weiß, was er will, kann formulieren, was er braucht

Projekte scheitern, weil die Ziele und Anforderungen fehlen bzw. nicht klar formuliert oder ungenau und unvollständig sind. Ein nach obigen Vorstellungen "professionalisiertes" Gremium fordert aber genau dies von einem Auftraggeber ein: Nur wer weiß, was er will, kann auch formulieren, was er braucht. Es geht dabei um Erfolgskriterien und messbare Größen. Ein solches Kontrollorgan ist Katalysator und Promotor, das die Prozesse beim Kunden in gang setzt und Ergebnisse einfordert.

Es ist ein Regulativ für unrealistische Vorstellungen oder zu hohe Erwartungen, die mit seiner Außenperspektive auf ein vernünftiges Maß gestutzt werden müssen, und es ist ein Kompensator für fehlende Methodenkompetenz. Es hilft dem Kunden und als solche Hilfe sollte diese Arbeit auch verstanden werden.

Uferlose Projekte ...
sind in der Praxis häufig und kommen manchem Chef sogar gelegen. Je mühsamer das Projekt, umso besser kann sich der Chef damit profilieren, meint Projekt-Berater Jürgen Rohr. Er hat zehn Tipps zusammengestellt, wie jedes Projekt aus dem Ruder läuft.
Uferlose Projekte ...
... sind in der Praxis häufig und kommen manchem Chef sogar gelegen. Je mühsamer das Projekt, umso besser kann sich der Chef damit profilieren, meint Projekt-Berater Jürgen Rohr. Er hat zehn Tipps zusammengestellt, wie jedes Projekt aus dem Ruder läuft.
1.Setzen Sie die Verantwortlichen unter Termindruck!
Mit engen Terminen stellen Sie sicher, dass möglichst wenige Betroffene ins Boot geholt werden. Damit vermeiden Sie die sowieso unnötigen Diskussionen um Meinungs- sowie Wahrnehmungsunterschiede. Und: Sie behalten die vermeintliche Kontrolle über Budget und Termine.
2. Sehen Sie immer nur Probleme!
Beginnen Sie mit einer problemorientierten Ist-Analyse. Fragen Sie immer zuerst danach, was nicht gut läuft. Damit fokussieren Sie die Aufmerksamkeit aller Beteiligten auf die Schwächen der Organisation. Sie stellen sicher, dass niemand auf die Idee kommt, sich auf den Erfolgen der Vergangenheit auszuruhen. Und das Beste: Die Veränderungsenergie wird so gering sein, dass die operative Arbeit kaum gestört wird.
3. Lassen Sie viele Fragen offen!
Geben Sie möglichst kein zusammenfassendes Feedback! Halten Sie die Betroffenen im Unklaren. Das fördert zwar die Gerüchteküche, hält aber den Änderungsaufwand für die Konzeptionierer gering. Sie erhalten schon mit dem ersten Wurf ein Konzept aus einem Guss - ohne lästige und zeitaufwändige Anpassung an unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten.
4. Schreiben Sie das Konzept allein!
Lassen Sie das Konzept ohne Beteiligung der Betroffenen ausarbeiten. Hier können Sie Aufwand und Budget einsparen. Jeder Betroffene wird mit seinen individuellen Ansichten sowieso nur das Konzept verwässern. Außerdem: Wenn ein Außenstehender den Sollzustand konzipiert, kommt endlich frischer Wind in die Organisation. Bei der Umsetzung werden sich die Betroffenen schon an die neue Ausrichtung gewöhnen.
5. Benutzen Sie viele Powerpointfolien!
Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 Powerpoint-Folien. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!
5. Benutzen Sie viele Powerpointfolien
Vermitteln Sie das Konzept frontal mit mindestens 100 Powerpoint-Folien. Hier gilt: Je mehr Input, desto weniger lästige Rückfragen. Halten Sie das Präsentationstempo hoch. Planen Sie ja keine Zeit für die Diskussion ein. Das Konzept steht. Basta!
6. Planen Sie keine Zeit für die Überarbeitung des Konzepts ein.
Das wäre ja noch schöner: Sie kalkulieren Budget und Termine knapp und wollen sich den Erfolg nicht durch unplanbare Überarbeitungsaufwände vermiesen lassen. Denn jede Überarbeitungsschleife würde den schönen Entwurf zerstören. Und am Ende wären Sie womöglich bei einer Liste von rasch wirksamen Interventionen, die es auch getan hätten. Völlig undenkbar.
7. Schränken Sie die Zugriffsrechte auf neue Tools möglichst stark ein.
Ganz wichtig: Wenn Sie im Rahmen der Organisationsentwicklung neue Werkzeuge (zum Beispiel ein IT-System) einführen, achten Sie darauf, dass niemand außer den Konzeptionierern in der Lage ist, die Werkzeuge anzupassen. Das würde nur dazu führen, dass persönliche Arbeitsprozesse abgebildet werden. Sie wollen aber, dass die neuen, besseren Prozesse gelebt werden.
8. Lassen Sie die Betroffenen beim Umsetzen des Konzepts alleine.
In diesem Punkt gilt das Motto: Die Leute werden sich schon umgewöhnen. Durch die Unterstützung während der Umsetzungsphase könnte wiederum das sorgfältig ausgearbeitete Konzept verwässert werden. Das ist unbedingt zu vermeiden. Widerstände sind normal. Manche Mitarbeiter lernen eben nie, was wirklich gut für sie ist.
9. Vermeiden Sie persönlichen Kontakt zwischen den Beteiligten.
Stellen Sie sich vor, was Sie hier an Reisekosten einsparen können. Diskussionen können auch per E-Mail geführt werden. Das spart richtig Geld. Und Sie können leichter die Kritiker ausschließen.
10. Betrachten Sie jegliches Feedback als persönliche Kritik.
.Wenn jemand mit einer Rückmeldung zu Ihnen kommt, will er damit eigentlich sagen, dass Sie Ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben. Das wirkt sich schlecht auf Ihr Selbstwertgefühl aus. Möglicherweise geben Sie dem anderen noch das Gefühl, er hätte mit seiner Wahrnehmung Recht. Dann haben Sie wirklich keine Ruhe mehr, um am nächsten Konzept zu arbeiten.

Ohne Prozess-Transparenz kein Erfolg

Projekte scheitern auch, weil im Verlauf immer neue Anforderungen und Wünsche formuliert werden. Ein Projektmanagement darf solche Änderungsanforderungen (Change Requests) nicht einfach durchwinken, weil man politischen Interessengruppen einen Gefallen schuldet oder einzelne Personen sich ein Denkmal setzen möchten.

Es geht darum, diese Änderungen aufzunehmen, mit ihren Konsequenzen zu erfassen und Transparenz zu schaffen, welche Kosten zusätzlich entstehen, welche Verzögerungen sich ergeben, welche Konflikte resultieren, welcher (Grenz-) Nutzen tatsächlich vorliegt. Dann erst kann ein Change Request Board eine Entscheidung treffen und gegebenenfalls auch Änderungen und Nachbesserungen genehmigen.

Ein definierter Prozess, eine akzeptierte Methode und Professionalität in der Umsetzung schaffen Transparenz, sie generieren Zahlen, Daten und Fakten. Sie sind für eine offene, ehrliche und aufrichtige Kommunikation die Grundlage, weil alle beteiligten Parteien von einer gemeinsamen Basis ausgehen.

Probleme in Projekten wird es immer geben. Insbesondere Großprojekte haben auf Grund ihrer Natur (hohe Komplexität, Einzigartigkeit und Neuartigkeit, Veränderungen der Rahmenbedingungen im Zeitablauf) ein hohes immanentes Risiko. Werkzeuge und Methoden helfen, diese Risiken zu begrenzen, vollkommen vermeiden lassen sie sich nie.

Dennoch stellt sich die Frage, wie ein beschriebenes Projektmanagement von Großprojekten mit der Situation umgeht, wenn diese Risiken absehbar zu einem Scheitern (z.B. im Sinne einer signifikanten Budgetüberschreitung) führen oder wenn der Auftraggeber sich partout ökonomischen Sachverhalten verschließt.

Spielregeln für das Projekt-Team
Diese Spielregeln sorgen für eine offene Kommunikation und bieten auch im Konfliktfall eine Orientierung.
Projektauftrag klar definieren
Der Projektauftrag ist das A und O der Projektdurchführung. Er bildet die Grundlage für die Abnahme der Projektergebnisse und damit den Projekterfolg!
Projekt in steuerbare Arbeitspakete schneiden
In jeder Phase des Projekts den Überblick bewahren.
Betroffene zu Beteiligten machen
Ein offenes Ohr für die Projektbeteiligten erhöht die Akzeptanz der zukünftigen Nutzer.
Projekt(kern)team klein halten
Auch bei der Durchführung eines Projektes gilt: Zu viele Köche verderben den Brei.
Umgang mit Change Requests definieren
Hinterfragen Sie Änderungswünsche während der Projektdurchführung kritisch und prüfen Sie sie auf ihre Sinnhaftigkeit.
Abnahme-Prozess formalisieren
Keine Kritik ohne Verbesserungsvorschlag: Ein Feedback-Formular mit Pflichtfeld "Verbesserungsvorschlag" sorgt für Konstruktivität im Feedback-Prozess.
Projektmanagement leben
Kommunikation, Kommunikation und nochmal Kommunikation!
Management of Change: „Hypercare“ einplanen
Ein speziell hierfür ernannter Ansprechpartner hilft über Probleme und Sorgen in den ersten Tagen nach der Systemeinführung hinweg.
Übergabe in den Betrieb sicherstellen
Eine geregelte Übergabe ermöglicht den reibungslosen Betrieb des IT-Systems.
Lessons Learned
Die Erfahrungen sollten am Ende eines Projekts zusammengetragen werden, um für die nächsten Projekte zu lernen.

Beliebigkeit zurückdrängen

Im Rahmen einer definierten Eskalation ist denkbar, dass die Projektleitung dann das Recht und die Pflicht hat, die "politische Öffentlichkeit", Gremien wie ein Parlament zu informieren, um nicht auf der politischen Ebene des Auftraggebers ausgebremst zu werden. Dieses Vorgehen ist redlich gegenüber dem Shareholder, dem Steuerzahler, wenn die Akteure keine Treuhänder mehr sind. Und als Treuhänder würde ein Kontrollorgan im Projektmanagement dann agieren.

Im Bewusstsein, dass diese Ansätze manchem radikal erscheinen mögen und sicherlich im Detail zu verfeinern sind, mögen sie doch als Denkanreiz dienen, Bekanntes zu hinterfragen, Bewährtes in Frage zu stellen und Beliebigkeit zurückzudrängen.

Wieland Cichon ist Professor für Projektberatung und Projektmanagement an der Hochschule München.

Sieben Merkmale machen ein Großprojekt aus.
Das Scheitern von IT-Projekten trifft vor allem die Kernprozesse.
Die Darstellung der anfallenden Cost of Failure zeigt, dass bei der Schadensbewertung fast immer nur direkte Kosten berücksichtigt werden.
Die Erfolgswahrscheinlichkeit von IT-Projekten steht im Verhätlnis zu Teamgröße und Projektdauer.
Risikotreiber Nummer Eins bei IT-Großprojekten sind vor allem die ständigen Anforderungsänderungen und deren mangelhafte Dokumentation.
Mit zunehmender Größe eines IT-Projekts erhöht sich sich die Komplexität der Projektsituation, wie auch die der Projektumwelt erheblich. Dadurch wird das klassische Qualität-Zeit-Kosten-Dreieck beeinflusst und verändert.