IT-Chefs arbeiten lieber weiter mit XP

Warum Windows Vista bei CIOs durchfällt

25.11.2008 von Nicolas Zeitler
Zu wenige Vorteile, zu viele Risiken: Wer sich unter IT-Managern umhört, bekommt wenig Gutes über Microsofts Betriebssystem Windows Vista mitgeteilt. Neben zu hohen Kosten und zu viel Migrationsaufwand ist auch die negative Presse für manchen schon Grund genug, nicht auf Vista zu umzusteigen.

Das Image von Windows Vista ist denkbar schlecht. Viele CIOs sind der Meinung, dass die Risiken eines Umstiegs die Vorteile überwiegen. Das hat unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com in Gesprächen mit IT-Managern erfahren. Viele von ihnen wollen zunächst weiter mit XP arbeiten und direkt auf Windows 7 umsteigen, wenn das neue Betriebssystem von Microsoft auf den Markt kommt.

Die Marktforscher von Gartner hatten vor dieser Taktik zwar unlängst gewarnt. Ihr Hauptargument: Unabhängige Software-Anbieter böten womöglich nicht lange genug Unterstützung für Programme an, die unter XP laufen, während es gleichzeitig noch keine geeignete Software für Windows 7 geben könnte. Doch dieser Einwand ändert an den Plänen von CIOs, Vista zu überspringen, offenbar wenig.

Schon allein das durch Medienberichte verbreitete schlechte Ansehen von Vista kann für CIOs ein Grund sein, sich dagegen zu entscheiden. Ob die öffentlich geäußerte Kritik in jedem Fall berechtigt ist oder nicht: In der Wahrnehmung vieler Menschen ist das aktuelle Betriebssystem aus Redmond ein Flop.

Das kann auch ein CIO wie Aron Smetana von Headlands Asset Management in San Francisco nicht völlig ignorieren. Der IT-Chef ist davon überzeugt, dass das Betriebssystem von der Presse niedergeschrieben wurde. "Es ist nicht so schlecht, wie viele Leute denken", sagt Smetana. Als Vista-Fürsprecher will er sich gleichwohl auch nicht verstanden wissen. Das System habe nur wenige Vorteile, die er den Anwendern guten Gewissens als große Fortschritte gegenüber dem Vorgänger schmackhaft machen könne.

Auch Steve Berg, IT-Vice President beim Elektroschocker-Hersteller Taser International, führt die öffentliche Wahrnehmung von Vista ins Feld: Vor deren Hintergrund wolle er sich nicht mit dem möglichen Risiken auseinandersetzen, die ein Umstieg mit sich brächte. "Wir haben mit Microsoft eine Vereinbarung, dass uns das Upgrade nicht einmal etwas kosten würde", erklärt Berg. "Aber ich hätte dabei Bauchschmerzen und müsste mit nichts als Beschwerden von meinen Anwendern rechnen", meint er.

Instabil und nicht nutzerfreundlich

Sorge vor mangelnder Akzeptanz bei den Nutzern ist auch für John Halamka, den CIO der Harvard Medical School, ein Grund, Ärzte und Pflegepersonal vor dem Umstieg zu verschonen. "Einfachheit, Nutzerfreundlichkeit und Leistung sind für uns am wichtigsten. XP erfüllt diese Anforderungen besser als Vista", sagt der IT-Manager. Auch die im Zuge der Vista-Kritik häufig angeführten hohen Hardware-Anforderungen sind für ihn entscheidend: "Vista erfordert mehr moderne Hardware, als wir derzeit haben."

Steve Berg indes war der Migration auf Vista anfangs gar nicht gänzlich abgeneigt. Nach einigen Installationen bei Taser International zeigte sich aber, dass es Stabilitäts-Probleme gab und Anwendungen viel langsamer arbeiteten als unter XP. Für Berg steht nun fest, dass er bei dieser Version bleiben will, bis Windows 7 erhältlich ist.

Schulungen zahlen sich nicht aus

Auch zu hohe Kosten sind ein nicht selten geäußerter Grund, auf Vista zu verzichten. CIOs fragen sich, ob sich die Investitionen in neue Hardware und das Training von Mitarbeitern wohl lohnen würden. Aron Smetana jedenfalls meint, dass die neuen Funktionen von Vista die Kosten eines Upgrades nicht rechtfertigen.

Ähnlich äußert sich Gasper Genovese, CIO beim Beratungshaus Republic Media in Phoenix. Die Kosten für Schulungen und Unterbrechungen durch den Umstieg würden sich nicht auszahlen. "In der derzeitigen Wirtschaftslage müssen wir uns auf Vorhaben konzentrieren, die uns voranbringen, und nicht dieselben Dinge wie bisher auf andere Art und Weise tun."

Stephen Laughlin, IT-Chef bei der Academy of Television Arts and Sciences in Hollywood fühlt sich nicht unter Druck, Vista zu installieren. "Mit XP werden wir noch lange arbeiten können", ist er überzeugt. Ein Upgrade wäre mit viel zu viel Arbeit verbunden, gemessen an dem, was sein Unternehmen brauche.

Manche Kommentatoren schlagen indes noch einen ganz anderen Weg vor, als auf Windows 7 zu warten. Sie wollen grundsätzlich bei XP bleiben. So schreibt ein Leser zu dem Artikel von CIO.com, Windows 7 werde bei "der Erfolgsrate von Microsoft" nur "die nächste Katastrophe" bringen. Mit dem Service Pack 3 sei XP das beste Betriebssystem. Der Vorschlag des Lesers: Der Software-Gigant hätte lieber dieses System weiterentwickeln sollen.