Oft Erfolglos

Was aus dem Zukunftsjob Business Architect wurde

05.02.2016 von Werner Kurzlechner
Laut Forrester berichten Business Architects häufiger an den CIO als den CEO. Dabei war ihnen eine viele bedeutendere Rolle vorausgesagt worden.
  • In 63 Prozent der Firmen gibt es die Rolle
  • Investiert wird häufig dennoch an den Architekten vorbei
  • Interaktion auf Augenhöhe mit Top-Managern fehlt
  • 2015 gab es starke Zentralisierungstendenzen
Die Grafik zeigt, dass Business Architects häufiger an die IT als ans Business berichten.
Foto: Forrester Research

Wikipedia definiert Business Architecture (BA) als Disziplin, die sich mit zwei Dingen befasst: mit Entwicklung und Pflege der geschäftlichen Ressourcen eines Unternehmens im Einklang mit dessen Strategie und mit den Bausteinen der Strategien und Pläne. Diese allgemeine Definition sei vorausgeschickt, weil diese junge Rolle noch längst nicht selbstverständlich geworden ist.

Mit Konsequenzen übrigens auch für die konkrete Ausgestaltung der Aufgaben und für deren erfolgreiche Bewältigung, wie aus einer aktuellen Studie von Forrester Research hervorgeht. Die Analysten zeigen darin auf, dass sich im vergangenen Jahr im Profil der Business Architects doch einiges geändert hat. Und sie beleuchten, weshalb ihre Arbeit zu oft fruchtlos bleibt.

Entwicklung anders als gedacht

Bereits vor fünf Jahren war auf CIO.de eine Definition auch von Forrester zu lesen: "Der Zweck von Business-Architektur ist es, den Zusammenhalt der Fachbereiche zu gewährleisten. Es handelt sich um eine um die geschäftliche Planung herum gebaute Rolle mit der Aufgabe, eine effektivere Nutzung von IT zu ermöglichen." Damals galt der Business Architect als einer von sechs IT-Jobs mit besonders guter Zukunft.

Im damaligen Artikel hieß es auch: "Der Business Architect zählt zur Business-Seite, berichtet direkt an den CEO und gestaltet auf höchster Ebene die Geschäftsstrategie - immer mit IT-Fragen im Hinterkopf." Dieses Bild muss revidiert werden.

Tatsächlich berichten derzeit lediglich 6 Prozent der BA an den CEO, 19 Prozent aber an den CIO. Überhaupt ist die Funktion in zwei Fünftel der Firmen der IT mit ihren Führungskräften auf diversen Ebenen zugeordnet und nur in 34 Prozent dem Business-Bereich.

6 IT-Jobs mit Zukunft aus dem Jahre 2011
1. Business-Architekten
Auch in den Vorstandsetagen weiß man mittlerweile, dass IT nicht nur ein integraler Bestandteil jeder Erfolgsgeschichte ist, sondern dass sie ein Unternehmen auf dem Weg zur Erreichung seiner Ziele vorantreibt. Auf dieser Erkenntnis basiert die Schaffung eines neuen Typus: der „Business Architect“, der mehr ist als ein „Enterprise Architect“ und Fortschritte bei der Verschmelzung von technologischen und geschäftlichen Prozessen garantieren soll. „Der Zweck von Business-Architektur ist es, den Zusammenhalt der Fachbereiche zu gewährleisten“, erläutert Alex Cullen, Analyst bei Forrester Research. „Es handelt sich um eine um die geschäftliche Planung herum gebaute Rolle mit der Aufgabe, eine effektivere Nutzung von IT zu ermöglichen.“ Das soll beispielsweise im Vertrieb, im Kundenservice und anderen Schlüsselbereichen geschehen.
2. Data Scientist / Daten-Wissenschaftler
Die Goldsucher des digitalen Zeitalters. Während sich die Terabytes an strukturierten und unstrukturierten Daten alle 18 Monate verdoppeln, braucht es Könner, die aus dem unüberschaubaren Datenfluss die wertvollen Körner sieben. Also jene Informationen, die für das Unternehmen nützlich sein könnten – etwa, wenn sie etwas über Vorlieben und Verhalten von Kunden verraten. Und das ist nur eine Aufgabe, die der Data Scientist übernimmt. Er wertet auch Trends aus, um die Firmenwebsite nach den Ansprüchen der Kunden zu optimieren. Innerhalb der IT-Abteilung übernimmt er die forensische Analyse und spürt Sicherheitsbedrohungen auf. Oder er entdeckt Fehler im Storage Cluster.
3. Social-Media-Architekt
Social Media meint nicht länger nur Facebook, Twitter und andere populäre Plattformen. IBM, Jive und Yammer haben längst eine neue, für Unternehmen interessante Welle eingeleitet, indem sie Tools für private und offene Clouds anbieten, die Social Media für Business-Zwecke neu definieren. In diesem Zusammenhang sind IT-Spezialisten gefragt, die mit ihrer Expertise sichere Communities innerhalb des Firmennetzwerks aufbauen und den Dialog zwischen Mitarbeitern und Kunden steuern. „Die Firmen wollen den Nutzen von Social Media ohne das Risiko, ihr Geschäft in die Hände von Facebook und Twitter zu geben“, sagt IDC-Analyst Michael Fauscette.
4. Mobile Technology Expert / Mobile-Experte
„Mobilität ist der größte Faktor, der derzeit die IT verändert“, sagt Stewart Tan vom Anbieter Accretive Solutions. Die Palette der Aufgaben in diesem Zusammenhang ist bunt: der Aufbau mobiler Apps, die Gestaltung einer mobilen Strategie und die Sicherung der mobilen Endgeräte. Entsprechend suchen die Firmen derzeit händeringend nach Experten für Mobiltechnologie. Ein unverkennbarer Schrei nach Hilfe, meint InfoWorld. Denn eine präzise Bezeichnung der zu vergebenden Jobs hat sich noch nicht herauskristallisiert. Die Unternehmen benötigen schnell Spezialisten, die ihre drängenden Probleme lösen. Wer sich also mit der Steuerung von BlackBerrys, Androids und iPhones auskennt, hat aktuell beste Karten. Gesucht werden außerdem Leute, die mobile Plattformen für den geschäftlichen Gebrauch auswerten können, firm in der Spezifikation von Endgeräten sind sowie Nutzer und Entwickler im Unternehmen unterstützen können.
5. Enterprise Mobile Developer / App-Entwickler für Unternehmen
Insgesamt suchen die Unternehmen nach Experten, die mobile Apps entwickeln können. „Die Firmen wollen die mobilen Daten sinnvoll nutzen und entsprechende Apps gestalten – und dabei Sicherheit und Compliance garantiert haben“, sagt Alice Hill, Managing Director bei Dice.com. Benötigt werden entsprechende Programmierkenntnisse: Objective-C für das iPhone, Java für Android und Blackberry sowie HTML5 für die mobile Web-Entwicklung. Der Hauptunterschied zur gängigen Anwendungsentwicklung ist der besondere Fokus auf Sicherheit und Compliance.
6. Cloud-Architekt
Auch der Trend des Cloud Computing schafft neue Möglichkeiten für IT-Spezialisten auf dem Arbeitsmarkt. „Es gibt ein starkes Momentum hin zur Cloud-Integration“, stellt Ron Gula fest, CEO von Tenable Network Security. „Gesucht werden Leute sein, die die Architektur unter dem Blickwinkel der Einfachheit identifizieren können.“ Fraglos sind die Chancen umso größer, je vertiefter die Kenntnisse über virtualisierte Netzwerke und Management sind.

Die Bedeutung der Business Architects

Laut Forrester spiegelt sich darin ein signifikanter Unterschied wider: "Wohin BA-Profis berichten, reflektiert die Bedeutung, die das Business der Business Architecture beimisst und den Wertbeitrag, denn ein Unternehmen in jüngster Zeit durch sein BA-Programm erhalten hat." Liegt der Wertbeitrag im planerischen Bereich, wird in der Regel ans Business berichtet; liegt er im Bereich Durchführung und Delivery, gehen die Reports an die IT.

So betrachtet zeigt die hohe Berichtsquote an IT-Führungskräfte, dass die hohen strategischen Ziele, die mit BA im Kern verbunden sind, oftmals nicht erreicht oder nicht verfolgt werden. 53 Prozent der Business Architects nennen entsprechend die Erhöhung ihrer Relevanz für das Business-Management als hohe Priorität.

Konkret heißt das laut Forrester, dass die Spezialisten zum Beispiel durch Kostenmodelle für Services und Ressourcen ihre Relevanz für strategische und taktische Investitionsentscheidungen unter Beweis stellen müssen.

Business Architicts wichtig für Transformation

Mit 62 Prozent noch höher ist der Anteil der rund 170 Befragten, die Transformations-Initiativen hohe Bedeutung beimessen. Weil BA neue geschäftliche Blickwinkel eröffnet, kann sie laut Forrester essenzielle Beiträge zur Transformation liefern. Oftmals sei dieser Aspekt entscheidend für Investitionen in BA-Programme gewesen.

Verhindert wird der Erfolg von BA-Programmen laut Studie häufig dadurch, dass es BA-Profis an kommunikativen Fähigkeiten oder interner Glaubwürdigkeit fehle, die eine Interaktion auf Augenhöhe mit hochrangigen Managern ermöglichen. Sie sind dann schlichtweg nicht Teil des Entscheidungsprozesses und müssen lernen, ihren Einflussbereich von unten nach oben auszudehnen.

Laut Studie ist der Anteil an Business Architects im vergangenen Jahr immerhin von 58 auf 63 Prozent der Firmen gestiegen. Aber es gibt sie oftmals nur deshalb, weil an einer Stelle des Unternehmens jemand den potenziellen Nutzen dieser Rolle erkannt hat. Echter Erfolg stellt sich laut Forrester aber nur dann ein, wenn BA Unterstützer auch außerhalb ihres engeren Umfeldes haben.

Firmen wählen falschen Ansatz

Ausgebremst wird BA laut Studie manchmal auch dadurch, dass sich Firmen für den falschen BA-Ansatz entscheiden. Es gibt demnach grundsätzlich vier Zielsetzungen, auf die sich BA-Programme fokussieren können:

Forrester beobachtet, dass BA-Praxis und die an sie gestellten Erwartungen manchmal nicht zusammenpassen.

Trend zur Zentralisierung

Im vergangenen Jahr gab es abseits dessen bemerkenswerte Verschiebungen. Der Anteil von BA-Profis, die Teil eine zentralisierten Teams sind, stieg laut Studie von 33 auf 47 Prozent. Entsprechend auf dem Rückzug sind dezentralisierte BA-Programme. Stark an Bedeutung gewonnen als Treiber für BA haben die Verbesserung von Geschäftsprozessen und -operationen (von 11 auf 29 Prozent) und geschäftlicher Agilität (von 10 auf 25 Prozent). Verstärkt in den Fokus rückte zudem die Verbesserung des Kundenerlebnisses.