3 Grundsätze für CIOs

Weg mit den Wegwerf-Apps

26.10.2011 von Andreas Hein
Nur eine flexible, sichere IT-Architektur ist eine gute Grundlage für Apps. Bauen sollten der CIO und sein Team darauf hochwertige, nachhaltige Anwendungen, meint Andreas Hein von Capgemini in seiner Kolumne.
"Die nächste Generation vernetzter, intelligenter Apps wird Mehrwert für zentrale Unternehmensprozesse wie Vertrieb, Services und Produktion generieren", sagt Andreas Hein, Vice President bei Capgemini.
Foto: Capgemini

Seit Kurzem habe ich auch eins: Eins dieser coolen Tablets und damit alle notwendigen Informationen "anytime & anywhere". Meine App-Sammlung wächst täglich. Der Austausch mit anderen, ähnlich ausgestatteten Kollegen zu neuen, attraktiven Apps gehört zum täglichen Ritual in der Kaffeeküche. Dort ist man sich einig: Smartphone und Tablet laufen dem PC bereits den Rang ab.

Die Zahlen sprechen für sich: Über 500.000 Apps sind inzwischen auf dem Markt. Das Angebot an Apps ist jedoch erst in den letzten zwei Jahren explosionsartig gewachsen, obwohl die technischen Möglichkeiten schon lange vorher verfügbar waren. Über 2,2 Milliarden US Dollar wurden 2010 allein für Apps ausgegeben - Tendenz steigend. Inzwischen wächst der Markt in die Tiefe, sowie auch in die Breite: Die nächste Generation vernetzter, intelligenter Apps wird Mehrwert für zentrale Unternehmensprozesse wie Vertrieb, Service und Produktion generieren.

Apps werden alle Unternehmensbereiche durchdringen, bis hin zu den Grundlagen für neue Geschäftsmodelle.
Foto: Capgemini

Für Unternehmen geht es nicht mehr nur darum, Apps ausschließlich zu Branding- und Marketingzwecken zu entwickeln. Vielmehr geht es darum, die Kernleistungen des Unternehmens über den Weg einer intelligenten Anwendung zur Verfügung zu stellen - unabhängig davon, ob für Produkte oder Services.

Die traditionellen System-Anforderungen wie Verfügbarkeit, Skalierung, Sicherheit, Upgrade-Fähigkeit, Stabilität im Betrieb und laufende Kosten geben dieser Diskussion jedoch eine völlig neue Dimension. Die Erwartungshaltung "mal schnell eine kleine App auf den Markt zu werfen" bekommt mit der tiefen Integration in die Unternehmensprozesse eine neue Relevanz. Solche Leistungen gibt es nicht zum Nulltarif.

Dank der Verfügbarkeit von GPS-Daten, Kompass, Kamera, Spracheingabe und dem Abgleich mit einem persönlichen Profil werden Angebote möglich, die gezielt auf die Umgebung und den Nutzer abgestimmt sind. Mit dem Ausbau von cloud-basierten Daten-Services und damit verbundenen Mash-Ups haben wir Zugriff auf aktuelle Informationen wie Verkehrsinformationen, Flugzeiten, Parkplatzreservierungen und unser ganz persönliches Carsharing. Ebenso können wir auf relevante Unternehmensdaten wie technischen Service, Informationen oder Account-Daten zugreifen, hinzu kommen "Location-Based-Services" nahe gelegener Unternehmen.

App-Friedhof statt Umsatzgenerator

Die unkomplizierte Art, wie Apps im App-Store eingekauft und installiert werden können, hat das Nutzerverhalten revolutioniert. Die Hemmschwelle für neue Anwendungen ist rapide gesunken, vielmehr wird der Hunger auf neue Software ständig geschürt. Und das Ganze zu Bezugspreisen wie ein Eis am Stiel - sprich, ein Erlebnis, das man sich einfach gern und gern auch öfter gönnt.

Mobile Endgeräte werden in die IT-Unternehmensarchitektur integriert.
Foto: Capgemini

Die Applikation auf dem Gerät ist aber nur die Spitze des Eisbergs. Viele der heute eingesetzten Lösungen sind Wegwerf-Lösungen. Selten passt der Lebenszyklus der Produkte eines Unternehmens zu der kurzlebigen, hippen App auf dem iPhone. Wenn etwa ein Autokäufer seinen Traumwagen per App konfiguriert und abschließend einen Preis sowie den voraussichtlichen Liefertermin auf der Anzeige sieht, erwartet er, dass dieses Datum auch vier Monate später noch korrekt errechnet wird. Dahinter stecken jedoch so komplexe Zusammenhänge wie der Einkauf des Trendlackes oder die noch immer verfügbare Kombination von Sportsitz und Elektromotor. Erst wenn Frontend und Backend sinnvoll verknüpft sind, entfalten Mobillösungen daher ihre volle Wirkung.

Investieren in die richtige App

Risiken und Folgekosten der Applikationen werden jedoch unüberschaubar, wenn die Kernprozesse eines Unternehmens nicht in der notwendigen Qualität integriert sind. Eine flexible und sichere IT-Architektur, abgestimmt auf die individuellen Unternehmensanforderungen, ist die Grundlage, um den Herausforderungen des dynamischen App-Kosmos gerecht werden zu können. Ich empfehle CIOs und IT-Abteilungen daher drei entscheidende Schritte:

1. Entwickeln Sie Apps, die ihr Geld wert sind.

Unternehmen werden Apps als eine Mixtur aus Werbung-, Marketing-, Social-Media-, Vertriebs- und IT-Anforderungen heraus entwickeln. Gelder aus den Werbe- und Marketing-Budgets werden in diese Richtung umgeleitet. Investieren Sie dieses Budget in flexible, hochwertige Anwendungen statt in Wegwerf-Applikationen.

2. Betreiben Sie Apps und Endgeräte effizient und nachhaltig.

Die Lebenszyklen der Apps, Endgeräte und der unternehmenseigenen Produkte sowie Services weichen voneinander ab. Nur wenn eine IT-Architektur zugrunde liegt, die die Entkopplung dieser unterschiedlichen Ebenen berücksichtigt und managen kann, können teure Risiken und massive Crashs verhindert werden. Das ist vergleichbar mit dem Lernprozess der Automobilindustrie, als die stark ansteigende Anzahl der Elektronik-Komponenten noch nicht beherrscht wurde.

Geschäftsprozesse und Backend-Systeme anpassen

3. Passen Sie Ihre Geschäftsprozesse und Backend-Systeme an.

Neue Technologien eröffnen neue Geschäftsfelder - aber nur, wenn sich die Unternehmen dieser Aufgabe konsequent stellen. IT wird damit immer mehr zu einer Strategie-Komponente, auf Basis derer Unternehmen mit ihrem traditionellen Portfolio nachhaltige Geschäftsentwicklung betreiben können. Die Art, wie Autos zukünftig kurzfristig gemietet werden, verändert sich dramatisch, beispielsweise durch neue Plattformen wie Drive Now oder Car2Go.

Mit der Zahl der verfügbaren und konkurrierenden Anwendungen steigen auch die Ansprüche der Nutzer. Die mobile Herausforderung zu meistern wird daher zur Voraussetzung für Ihren zukünftigen Erfolg. Lassen Sie sich diese Kompetenz nicht länger aus der Hand nehmen. Gewinnen Sie Verantwortung und Budget zurück, nur so entwickeln Sie schlagkräftige Umsatztreiber statt Einmal-Anwendungen.

Andreas Hein ist Vice President bei Capgemini.