Schlechte Kommunikation und Zögern

Welche Fallen bei M&As lauern

18.10.2011 von Werner Kurzlechner
Verschleppte Personalentscheidungen, zu viel Diplomatie, endlose Analysen: CIOs machen bei Übernahmen oft Fehler. Erfahrene IT-Chefs sagen, wo Fallen lauern.
Business-Entscheider malen sich Fusionen meist als schöne Bilder aus. Das Puzzle-Stück IT vergessen sie leider allzu oft - und CIOs scheitern dann am Zusammensetzen.
Foto: Kirsty Pargeter - Fotolia.com

Erfolgreiche Übernahmen beziehen die IT frühzeitig mit ein. Typischerweise geschieht dies allerdings zu spät. Die meisten CIOs scheitern an Fusionen und Übernahmen. Dabei wären sie eigentlich eine gute Gelegenheit für einen Karriereschub. Es sind Paradoxien wie diese, die Martha Heller von der IT-Analyse-Firma Heller Search Associates in ihrer täglichen Forschungspraxis auffallen. Für unsere amerikanische Schwesterpublikation CIO.com hat sie zusammengestellt, was CIO bei M&As falsch machen. Darüber hinaus gibt die Expertin drei Tipps, wie sich solche Situationen richtig ausnutzen lassen.

Die Ratschläge sind offenbar bitter nötig, denn die IT-Chefs treten regelmäßig in immer gleiche Fettnäpfchen. „Während einer Übernahme machen CIOs vor allem zwei Fehler“, sagt Larry Rowland, früher selbst IT-Chef und jetzt Vizepräsident beim Integrationsspezialisten Nuance Communications. „Sie verschleppen die wichtigen Personalentscheidungen. Und sie glauben, dass ihre Systeme besser sind als alles, was in der übernommenen Firma läuft.“

In der Kommunikation setzen CIOs häufig „Diplomatie vor Wahrheit“, beobachtet Randy Gaboriault, CIO von Christiana Care Health System. Gaboriault hält das für einen Fehler und spricht eine allgemein gültige M&A-Wahrheit aus: „60 Prozent Ihrer Planungsannahmen werden sich als falsch herausstellen. Und trotzdem müssen Sie die finanziellen Vorgaben einhalten, die auf Basis dieser Annahmen aufgestellt wurden.“

Damit leider noch nicht genug. „CIOs verfehlen ihre Ziele, wenn sie endlos beide System-Sets analysieren“, warnt Mike Brooks, CIO von Viterra. „Am Ende landen sie doch bloß im Mischmasch-Nirvana.“ Brooks rät entschieden davon ab, die Übernahmesituation als Gelegenheit zur Suche nach dem IT-Paradies zu missdeuten. Was aber sollen IT-Chefs stattdessen tun?

1. Früh reingehen – oder heimgehen: Rowland erinnert daran, dass Planungsteams die IT erstens gerne übersehen und zweitens am liebsten erst dann kontaktieren, wenn Fusion oder Übernahme dingfest und spruchreif sind. Just diese Haltung verursacht aber viele der späteren Probleme.

CIO muss sich beim M&A-Team bemerkbar machen

CIOs sollten also verhindern, zu lange außen vor zu bleiben. „Sie sollten mit dem M&A-Team möglichst dicke sein, einen Überblick über angedachte Deals haben und in den Prozess der Kaufprüfung involviert sein“, so Rowland, dessen Unternehmen jährlich mit mindestens acht M&As zu tun hat.

„CIOs sollten einen Business Case dafür haben, einbezogen zu werden“, unterstreicht Brooks. Wenn das M&A-Teams den IT-Chef partout außen vor lassen will, solle dieser ruhig sanften Druck entfalten. Es könnte ja sein, dass die Software nicht immer so perfekt läuft wie gewohnt.

2. Schnell und häufig planen: Nach Ansicht Gaboriaults, der selbst an über 50 Übernahmen führend beteiligt war, benötigt es vor allem einen soliden Integrationsplan, der von Business und IT gemeinsam entwickelt wird. Einige Schlüsselfragen sollten dadurch konkret beantwortet werden können: Was genau bedeutet erfolgreiche Integration in diesem Fall? Wie wird der End-Zustand aussehen? Welche Systeme werden vom ersten Tag an laufen? Welche am 30., welche am 60. Tag? Wenn weder IT noch Business das klar sagen können, ist die Lage nach Ansicht Gaboriaults problematisch.

Rowland betont, dass ein richtig kommunizierter Plan für das IT-Team von entscheidender Bedeutung sei. Während die Verantwortlichen gerne in Kategorien wie Synergie-Effekte dächten, stelle sich für die Mitarbeiter schließlich nur eine Frage: Werde ich meinen Job behalten? „Sobald diese Entscheidungen kommuniziert sind, kann jeder sein Leben planen und sich neu fokussieren“, so Rowland. „Wer zögert, riskiert die Abwanderung seiner besten Leute.“

3. In Bewegung bleiben: Aus der Erfahrung von einem Dutzend Übernahmen heraus schwört Brooks auf aggressive Entscheidungen. „Jede Entscheidung ist besser als keine Entscheidung“, empfiehlt er. „Kann gut sein, dass etwas schief läuft – aber der Ball muss im Rollen bleiben.“

Erfahrung für ein ganzes Leben

Das Steuern von Übernahmen sei nichts für schwache Nerven, so Brooks weiter. Aber CIOs könnten eine reiche Ernte einfahren, wenn sie die Ärmel hochkrempeln und zupacken: „Während einer einjährigen Integration erleben sie so viele Dinge wie sonst in einem ganzen Berufsleben.“