Arbeitsplatz der Zukunft

Wenig Interesse an Home Office

06.07.2011 von Werner Kurzlechner
Auf "Bring Your Own Device" folgt womöglich "Choose Your Office": Zuhause arbeiten wollen die meisten nicht, im Firmenbüro auch nicht mehr. Eine Regus-Studie.
Produktivität, Technologie und Work-Life-Balance: Diese Faktoren bestimmen aus Sicht der Befragten die Zukunft der Büroarbeit.
Foto: Regus

Früher, also vor Jahrhunderten, wurde das Tagwerk der meisten Menschen zu Hause erledigt – man kannte es nicht anders. Dann wollten Unternehmer mehr Kontrolle über ihre Arbeitskräfte, zudem mussten monströse Maschinen von einer Heerschar an Arbeitern bedient werden – man ging in die Fabrik. Mit der Zeit und der Automatisierung sank der Bedarf an körperlicher Arbeit, und der Aufwand für Verwaltung und Dienstleistung stieg – man traf die Kollegen im Büro. Mittlerweile ermöglichen Rechner im Miniformat und die webbasierte Vernetzung vielfältigster Kommunikationswege die flexible und mobile Zusammenarbeit von fast jedem Ort und jederzeit. Braucht es da in naher Zukunft überhaupt noch die klassischen Büros? Nicht mehr in ihrer jetzigen Form, wie sich aus einer Studie von Regus und Unwired ableiten lässt.

Regus hegt als nach eigenen Angaben weltweit größter Anbieter von flexiblen Arbeitsplatzlösungen (unter anderem virtuellen Büros) selbstverständlich ein Interesse daran, dass das gewohnt Büroleben nicht auf alle Zeit unveränderlich und zementiert bleibt. Das kommerzielle Forschungsinstitut Unwired hat sich der Erforschung der Arbeitswelt von Morgen verschrieben. Die der Studie zugrunde liegenden Ergebnisse einer Befragung von 600 Führungskräften in aller Welt zeigen empirisch, dass die Arbeitswelt durch neue Technologien in der Tat in Fluss geraten ist und sich die Ansprüche gebildeter Belegschaften nicht mehr wirklich mit dem geregelten Gang des Büroalltags decken. Regus leitet auch daraus ein Plädoyer für ein verändertes ökonomisches Kalkül in der Arbeitsorganisation ab.

Schlägt das Pendel denn nun zurück zur Heimarbeit, wie sie frühere Generationen nicht anders kannten? Offensichtlich nicht, denn lediglich zwölf Prozent der Befragten möchten gerne zu Hause arbeiten. Die Schwierigkeiten der Trennung von Privat- und Berufsleben sind inzwischen anscheinend tief im Bewusstsein verankert. Gleichwohl hat die Mehrheit auch die derzeitige Wirklichkeit satt, die für ein Drittel der Befragten aus mindestens 40 Minuten Pendeln am Tag besteht. 27 Prozent verbringen sogar mehr als eine Stunde damit, von der Wohnung an den Arbeitsplatz zu gelangen. Ein Problem, das sich im Verkehrschaos großer Metropolen verstärkt.

Das Ideal der Befragten sieht anders aus. Sie möchten einen Arbeitsplatz, der nicht ihr Zuhause ist, aber in unmittelbarer Nähe davon liegt. 63,5 Prozent möchten nicht länger als 20 Minuten täglich pendeln müssen, für ein Viertel der Befragten stellen zehn Minuten ein ideales Maximum dar.

Mit der technologischen Ausstattung ihres Arbeitsplatzes äußern sich fast 80 Prozent sehr zufrieden. Ihrer Ansicht nach sind die Voraussetzungen für produktives Arbeiten bestens erfüllt. Nur, dass Notebooks und Tablets, Web und Web 2.0, Smartphones und Unified Communications Möglichkeiten bieten, auch an anderen Orten tätig zu sein. Das zumindest ist der Trend, denn aktuell beklagen noch 42 Prozent, nur einen Teil der vorhandenen Tools tatsächlich nutzen zu dürfen.

Sinkender Bürobedarf erwartet

Jedenfalls sind 59 Prozent der Befragten der Ansicht, außerhalb des Arbeitsplatzes genauso gut arbeiten zu können wie im Büro. 71 Prozent meinen, dass insbesondere die jüngere Generation das ohne Schwierigkeiten hinbekommt und traditionelle Büros ablehnt. Zumindest auf Seiten großer Unternehmen sind bereits Reaktionen auf diese Entwicklungen zu beobachten. 62 Prozent sagen, sie hätten bereits "einen neuen Arbeitsstil eingeführt" – was immer das im Detail heißen mag.

Mitarbeiter verlagern immer mehr Teile ihrer Arbeit an andere Orte und arbeiten nicht mehr ausschließlich im Büro.
Foto: MEV Verlag

Nüchtern zusammengefasst zeichnen die Befragungsergebnisse ein differenziertes Bild: Büroarbeitsplätze werden offensichtlich nicht gänzlich überflüssig. Allerdings verlagern die Mitarbeiter offenbar zunehmend Teile ihrer Arbeit an andere Orte. Gänzlich zu Hause arbeiten möchten die meisten Büroarbeiter indes nicht.

Nach der Interpretation von Regus und Unwired stellt dies aus Unternehmenssicht zumindest die derzeitig Beschaffung und Kalkulation von Büroraum in Frage. Es ist offenkundig nicht mehr effizient, enorme Kapazitäten an Büroraum und pro Mitarbeiter einen festen Arbeitsplatz vorzuhalten. Zweifelhaft ist dies schon im Hinblick auf die Bürofläche, deren Mietzins in Metropolen wie London mittlerweile die Grenze der Bezahlbarkeit streift. Tatsächlich gehen 60 Prozent der Befragten davon aus, dass der Bedarf an Büroräumen in Zukunft sinken wird. Tangiert ist aber ebenso die Beschaffung von Desktop-PCs, wenn die Mitarbeiter lieber und flexibler mit Notebooks arbeiten – vielleicht sogar den eigenen.

„In Zukunft werden Unternehmen ihre Strategie auf ein flexibleres Arbeitsmodell ausrichten, bei der Mitarbeiter ihre eigenen Büroräume erwerben können“, sagt Bob Gaudreau, Executive Vice President bei Regus. „Entscheidend wird dabei sein, einen Kalkulationsansatz für die ‚Bereitstellung eines Arbeitsplatzes‘ festzulegen, der über den üblichen Kostenansatz für Miete und Steuern für einen ‚Arbeitsplatz in Quadratmetern‘ hinausgeht“, ergänzt Phillip Ross, Chief Executive Officer von Unwired. „Da die Auslastung eines Büros heute normalerweise nur 45 Prozent beträgt, sind ungenutzte Schreibtische in einer Welt, in der mobiles und flexibles Arbeiten allgemein als die effektivste und zukunftsfähigste Methode angesehen wird, nicht weiter sinnvoll.“

Ein erster Ansatz ist die Einrichtung von nicht personalisierten Arbeitsplätzen, die nach Bedarf etwa von Projektgruppen genutzt werden. Gaudreau und Ross schwebt aber noch mehr Effizienz vor. Als Beispiel führen sie Citrix an, das 2009 den Mitarbeitern ein Budget von 2100 US-Dollar für den Erwerb eines Computers ihrer Wahl anbot – in der Überzeugung, auf diese Weise unnötige PC-Ausgaben einzusparen. Regus und Unwired können sich vorstellen, dass sich dieses Modell auch auf die Raumbeschaffung ausdehnen lässt. Dabei würde jeder Mitarbeiter eine bestimmte Summe erhalten, für die er sich eine für seine Tätigkeit geeignete Räumlichkeit sucht – zum Beispiel in fußläufiger Distanz von der eigenen Wohnung.

Vorreiter Citrix

„Die Monetarisierung von Agilität führt zu einem Budget pro Person und Jahr für die Bereitstellung von Arbeit“, heißt es in der Studie. „Gebäude werden als geteilte Ressourcen betrachtet, der Mitarbeiter steht im Zentrum, und Arbeit wird als gemeinsame Aktivität begriffen.“

Die Studie „VWork: Measuring the benefits of agility at work“ steht auf der Website von Regus zum Download bereit.