Untersuchung der Electronic Frontier Foundation

Wenn der Staat Dir an die Daten will

17.05.2011 von Christa Manta
Die Electronic Frontier Foundation hat Unternehmen dazu aufgerufen, die Daten ihrer Kunden gegen staatlichen Zugriff zu schützen, und offengelegt, wer dies bereits tut und wer nicht. Das Ergebnis dürfte viele überraschen.
Foto: Electronic Frontier Foundation

Welche Internetunternehmen und Soziale Netzwerke setzen sich für ihre Kunden ein, wenn der Staat anklopft und private Daten einfordert? Die US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation, die sich für Bürgerrechte im Cyberspace stark macht, hat die Praxis in zwölf der führenden Internetunternehmen unter die Lupe genommen.

Bewertet wurde, ob Unternehmen ihre Kunden darüber in Kenntnis setzen, wenn von offizieller Stelle Daten angefordert werden, ob sie offenlegen, wenn sie tatsächlich mal Daten an den Staat weitergeben und ob sie sich generell juristisch sowie politisch für den Schutz von Kundendaten einsetzen. Zu holen gab es für die Unternehmen insgesamt vier Sternchen, eines für jeden dieser Punkte.

Transparenz meist Fehlanzeige

Die meisten Unternehmen, so das Ergebnis der Electronic Frontier Foundation (EFF), halten sich bedeckt, wenn staatliche Stellen an ihrer Tür klingeln. Weder informieren sie ihre Kunden, noch die Öffentlichkeit über staatliche Wissbegierigkeit. Kein einziges Sternchen konnten Apple, Myspace, Skype, der Kabelnetzbetreiber Comcast oder der Telekommunikationsanbieter Verizon im EFF-Ranking ergattern.

Das Internetunternehmen Yahoo! wurde von der EFF mit einem Sternchen bedacht, weil es sich vor Gericht dafür einsetzte, dass US-Regierungsstellen nicht ohne Durchsuchungsbefehl und hinreichenden Verdacht auf die E-Mail-Accounts seiner Kunden zugreifen können.

Weil sie sich politisch um den Schutz ihrer Kundendaten bemühen, konnten Microsoft und at&t jeweils ein Sternchen holen; Amazon erhielt zwei, eines für seinen juristischen sowie eines für den politischen Einsatz.

Twitter setzte sich für Wikileaks-Unterstützer ein

Vergleichsweise gut schneidet der Mikroblogging-Dienst Twitter im EEF-Ranking ab. Das Unternehmen wurde herausgestellt, weil es seine Nutzer darüber informiert, wenn sich der Staat zu sehr für ihre Tweets interessiert.

Im Rahmen der Wikileaks-Enthüllungen hatte Twitter für positive Schlagzeilen in der Netzgemeinde gesorgt: Als das US-Justizministerium Daten von Wikileaks-Sympathisanten einforderte, weigerte sich Twitter diese offenzulegen, informierte die Betroffenen und gab ihnen zehn Tage Zeit, sich gegen den entsprechenden Gerichtsbeschluss zu wehren.

Auch wurde Twitter dafür gelobt, dass es auf seinen Internetseiten die geltenden Richtlinien für Strafverfolger, die Informationen über Twitter-Anwender einholen wollen, publiziert. So kann man hier zum Beispiel nachlesen, dass Twitter private Daten seiner Nutzer nur aufgrund einer Gerichtsanweisung, einer Vorladung oder eines anderen rechtskräftigen Dokuments an Dritte weitergibt. Kein anderes Unternehmen würde seine Richtlinien für den Umgang mit Strafverfolgern öffentlich darlegen, kritisiert die EFF.

Google legt Anfragen durch staatlich Stellen offen

Insgesamt schnitt im EFF-Ranking Google am besten ab. Der Internetriese wurde für seine Transparenz im Umgang mit Anfragen durch staatliche Stellen gelobt. Als einziger Anbieter legt Google im so genannten "Transparency Report" offen, welche Daten in welchem Umfang von welchen Staaten angefordert werden. So kamen im Zeitraum Januar bis Juni 2010 die meisten Anfragen aus den USA (4.287), gefolgt von Brasilien (2.435) und Indien (1.430). Der deutsche Staat stellte im ersten Halbjahr des Vorjahres 668 Anfragen an Google mit der Bitte, Kundendaten offenzulegen, aus Großbritannien kamen insgesamt 1343.

Deutscher Staat vergleichsweise wenig neugierig

Legt man diesen Zahlen Statistiken zur Internetnutzung zugrunde und ermittelt das Verhältnis von Internetnutzern zur Anzahl der Anfragen, ergibt sich folgendes Ranking: Aus Brasilien kommen die verhältnismäßig meisten Anfragen, gefolgt von Indien, Großbritannien und die USA. Der deutsche Staat erweist sich in dieser Liste als der am wenigsten Neugierigste und landet auf dem achtbaren fünften Platz.

Petition für mehr Schutz durch Unternehmen

Gefragt ist laut der EFF aber nicht nur der Staat, die Privatsphäre seiner Internetbürger zu achten, sondern auch die Unternehmen, die Daten ihrer Kunden vor staatlichem Zugriff zu schützen. Die Bürgerrechtsbewegung fordert die Internetunternehmen dazu auf, sich hinter ihre Kunden zu stellen und gängige Praktiken transparent zu machen. "Man sollte die Anwender nicht im Dunkeln tappen lassen. Sie haben ein Recht zu erfahren, wenn der Staat sich für ihre Daten interessiert und sollten die Chance bekommen, für die eigenen Belange aufzustehen. Dies können sie aber nur tun, wenn die Unternehmen bereit sind, sich hinter sie zu stellen", lautet der Appell der EFF.

In einer Petition können sich auch Internetnutzer bei den Unternehmen für mehr Bürgerrechte im Cyberspace stark machen. Luft nach oben ist noch: Bisher konnte noch kein einziges Unternehmen die volle Punktzahl, nämlich vier Sternchen, im EFF-Ranking holen.