Client-Virtualisierung

Werden iPads nicht eingebunden, knallt es

29.06.2011 von Nicolas Zeitler
CIOs zögern laut Experton-Studie bei der Client-Virtualisierung. Vor dem Hintergrund des iPad- und Smartphone-Booms sei das ein Fehler, so die Analysten.
Wolfgang Schwab von der Experton Group berichtet, er höre selten so unterschiedliche Einschätzungen von Business und IT zu einem Thema wie bei der Frage nach der Einbindung von iPads in Unternehmen.

Das Thema Client-Virtualisierung gehen IT-Entscheider zögerlich an. Das legt eine Studie der Experton Group nahe. CIOs und IT-Leiter erkennen demnach, dass die Verwaltung von Endgeräten immer komplizierter wird. Zudem sehen sie in Client-Virtualisierung klare Vorteile - und packen sie doch nicht umfassend an.

In 150 Unternehmen verschiedener Branchen und Größen in Deutschland hat Experton die Verantwortlichen für die Client-Strategie befragt - hauptsächlich IT-Leiter und CIOs. Alle Studienteilnehmer haben entweder bereits Clients virtualisiert, setzen auf Server Based Computing (SBC), Outsourcing oder Managed Services oder planen das. Außerdem haben die Befragten schon Schritte hin zu einem "Mobile Enterprise" gemacht - ermöglichen also den Zugriff auf Firmendaten von mobilen Geräten außerhalb des Firmennetzwerks aus - oder planen das.

Eine Zielgruppe also, der man ein gewisses Maß an Offenheit gegenüber dem Thema zuschreiben kann. Dennoch: Umfassend umgesetzt haben speziell die Client-Virtualisierung nur wenige.

Dabei hat das Thema vor dem Hintergrund neuer mobiler Endgeräte hohe Relevanz, wie Studienautor Wolfgang Schwab erläutert: "Wenn man iPads integrieren will, geht das letztlich nur über Virtualisierung." Der Druck sei groß, zumal er in hohem Maße vom Management ausgehe. CIOs könnten Vorständen und Geschäftsführern auf Dauer den Wunsch nicht abschlagen, private Geräte einzubinden.

Dennoch: "User-Owned-Device"-Modelle sehen die CIOs laut der Studie als eher unwichtig an - obwohl, wie Experton betont, dieser Ansatz in vielen Firmen längst Realität ist. Nur fünf Prozent der Befragten unterstützen solche Modelle. 15 Prozent planen es für die Zukunft. Business-Entscheider forderten das dagegen weitaus häufiger, sagt Wolfgang Schwab. Business-Entscheider wurden zwar für die Client-Studie nicht befragt, der Analyst bezieht sich für seine Einschätzung auf seine Erfahrung aus Projekten. Selten fielen die Ansichten von IT und Business so auseinander wie in diesem Punkt, sagt Schwab. "Da wird es früher oder später knallen."

IT-Entscheider erwarten geringe Zunahme mobiler Mitarbeter

Obwohl nach Beobachtung der Analysten Manager die Einbindung ihrer privaten iPads fordern, halten IT-Chefs Konzepte wie "Bring Your Own Device" eher für unwichtig.
Foto: Experton Group

Bei der Frage zu einem verwandten Thema sieht die Experton Group ebenfalls Differenzen zwischen Business und IT: bei der Zunahme mobiler Mitarbeiter. Einerseits steigt die Zahl der Notebooks und Tablets deutlich, andererseits erwarten die IT-Entscheider keine deutliche Zunahme beim Anteil mobiler Mitarbeiter - für die Verfasser ein Zeichen, dass die Abstimmung zwischen Business und IT auch in diesem Punkt besser sein könnte.

Denn die Zahlen sprächen eine deutliche Sprache: Derzeit sind noch 57 Prozent der Endgeräte in Firmen Desktop-PCs. Bei iPads erwarten die Befragten für die nächsten zwei Jahre allerdings ein Wachstum von 648 Prozent, bei anderen Tablet-PCs dem gegenüber bescheidene Zuwächse von 53 Prozent. Die Zahl der iPhones soll um 138 Prozent wachsen, die anderer Smartphones um 51 Prozent.

Bei allem Zögern, das die Studienautoren feststellen, ist es dennoch nicht so, dass die befragten CIOs überhaupt keine Notwendigkeit sehen, Clients zu virtualisieren. Die IT-Entscheider gaben an, die Überwachung von Sicherheitsstandards auf Endgeräten werde immer komplizierter. Zudem erwarten sie künftig mehr mobile Anwendungen. Als größte Vorteile virtueller Clients nannten sie unter anderem den geringeren Wartungsaufwand, höhere Flexibilität und zentrale Datenhaltung - letzteres verbinden sie mit mehr Sicherheit. Mögliche Minuspunkte wie Probleme bei anspruchsvollen Grafikanwendungen oder die Notwendigkeit einer besonders leistungsfähigen Rechenzentrums-Infrastruktur sehen die Befragten zwar ebenfalls, bewerten sie in den Augen der Studienautoren aber nicht über.

Das derzeitige Virtualisierungs-Szenario in den Unternehmen sieht laut der Experton-Studie derzeit so aus: Server haben zwei Drittel schon virtualisiert. Client- oder Desktop-Virtualisierung dagegen ist weitaus weniger verbreitet. Nur sechs Prozent haben sie schon umgesetzt, weitere 13 Prozent planen das für die nächsten Jahre. Der große Rest, mehr als 80 Prozent, wollen nach derzeitigem Stand ihre Endgeräte nicht virtualisieren.

Die, die sie virtualisieren, tun das am häufigsten nach dem Konzept des Server Based Compupting (SBC). Diese Art der Virtualisierung wird auch bezeichnet als Presentation-Virtualisierung: Mehrere Benutzer nutzen eine einzige Instanz einer Applikation, die auf einem Server läuft. Alle anderen Modelle sind weitaus weniger weit verbreitet und werden laut den Aussagen der Befragten auch in den nächsten Jahren keinen Durchbruch erleben.

CIOs beurteilen Application Streaming negativ

Zu diesen anderen Modellen zählt etwa der Managed Desktop: Desktop Images werden zentral auf einem Server betrieben und den Anwendern zur lokalen Ausführung zur Verfügung gestellt. Ein weiteres Konzept ist das Application Streaming. Dabei werden Applikationen auf einem Server gehostet und Anwendern zur lokalen Ausführung zur Verfügung gestellt. Nach der ersten Nutzung können sie auch offline damit arbeiten.

Application Streaming beurteilen die von Experton befragten Anwender allerdings als derzeit wenig reife Art der Desktop-Virtualisierung. Als reifste Methode sehen sie die eigentliche Client-Virtualisierung an, also die Virtualisierung mittels Hypervisor. Trotz dieser Beurteilung ist SBC weiter verbreitet als Client-Virtualisierung. Ein Grund laut Experton: SBC kennen Unternehmen schon seit zehn bis 15 Jahren, und sie machen damit gute Erfahrungen.

Für das grundsätzlich gemächliche Tempo bei der Endgeräte-Virtualisierung nennt die Experton Group zwei Gründe: Zum einen hätten die meisten IT-Abteilungen Lösungen und Prozesse implementiert, um zumindest standardisierte Fat-Clients zufriedenstellend zu verwalten. Würden sie diese virtualisieren, wären die jüngsten Investitionen in die Geräte nicht mehr nutzbar. Außerdem hielten IT-Entscheider manche Virtualisierungslösungen für ungeeignet.

Thin Clients setzen Unternehmen derzeit vor allem an einfachen Arbeitsplätzen im Lager oder Fertigung ein (bei 40 Prozent der Befragten), sehr selten dagegen bei Wissensarbeitern (neun Prozent) oder administrativen Aufgaben (13 Prozent).

IT-Chefs haben Sicherheitskonzepte für Smartphones

Von Smartphones aus lassen 64 Prozent der Befragten ihre Anwender auf Firmendaten zugreifen, weitere elf Prozent planen das. Meist auf Mail oder Kalender - also abgesehen von Dateianhängen an Mails eher unkritische Anwendungen. Die Mehrheit hat auch Policies und Sicherheitskonzepte für solche Geräte.

Die Studie der Experton Group ist erschienen unter dem Titel ""Client of the Future" - Client Virtualisierung und Managed Workplace Services als nächster Hype - Aktuelle Trends, Anforderungen und Motivationen - Deutschland 2010/2011".

Dieser Artikel basiert auf einem Beitrag der CW-Schwesterpublikation CIO.