Analysten-Kolumne

Wie CIOs ihre IT-Dienstleister effizient steuern

13.12.2006 von Martin Lippert
Die Steuerung externer IT-Dienstleister ist ein höchst kritischer Faktor in einer Outsourcing-Beziehung. Manche Unternehmen haben dafür riesige Steuerungsorganisationen aufgebaut - mit dem Effekt, dass die Gesamtkosten gestiegen sind, statt wie angestrebt gesunken. Andere haben völlig darauf verzichtet und sind mit den Ergebnissen unzufrieden. Wo liegt das richtige Verhältnis von Aufwand und Nutzen?

In der Theorie funktioniert das wunderbar: Bestimmte, für das eigene Kerngeschäft nicht relevante IT-Funktionen werden abgetrennt und einem externen Dienstleister übergeben. Dieser konzentriert sich ganz auf solche Arbeiten, erzielt dank günstigerer Stückpreise Skaleneffekte und kann die Leistungen deshalb wesentlich günstiger anbieten. Die klassische Lehre des Outsourcings also.

Nur ist die Praxis leider oft etwas tückischer. Interne Prozesse sind meist integriert und steuern sich dadurch weitgehend selbst. Werden sie zum Zwecke des Outsourcings zerschnitten, müssen sie gezielt koordiniert werden. Welchen Aufwand dies nach sich zieht, hängt wesentlich davon ab, wo der Leistungsschnitt vorgenommen wird. Geschieht dies an der falschen Stelle, erhöhen sich auf Seiten des Auftragegebers wie des Dienstleisters Komplexität und Steuerungsaufwand.

Auch sind die Aufgaben beider Seiten oft nicht präzise genug definiert und voneinander abgegrenzt. Deshalb werden Leistungen doppelt erbracht, oder die Qualität ist unbefriedigend und es müssen Nachbesserungen vorgenommen werden. Die Beratungspraxis zeigt, dass ein falscher Schnitt den Aufwand leicht verdoppeln oder gar verdreifachen kann.

Richtige Leistungsschnitte

Als erste Maßnahme sollten CIOs beim Outsourcing deshalb neben der viel zitierten "Economy of Scale" auch die "Economy of Scope" prüfen: Ist der geplante Schnitt sinnvoll? Ist eine effektive Steuerung überhaupt möglich? Übergibt ein Unternehmen beispielsweise den Betrieb von zentralen E-Mail-Systemen an einen Dienstleister, während der Betrieb von dezentralen Replikationen weiterhin im eigenen Haus betreut wird, kann der damit verbundene erhöhte Koordinationsaufwand nicht selten den Skaleneffekt bei den Kosten aufzehren - oder überschreitet ihn sogar. In einem solchen Fall sollte entweder diese Komponente im eigenen Haus belassen oder aber ein umfassenderes Prozesspaket komplett ausgelagert werden.

Bei der Prüfung der "Economy of Scope" müssen drei Dimensionen betrachtet werden: Der Zuschnitt der Prozesse, der Organisation und der Leistungen. Dabei sollte sowohl das interne Funktionieren dieser Blöcke als auch deren Zusammenspiel analysiert werden. Sinnvoll ist es, mit dem Leistungsteil zu beginnen und dann zu überlegen, wie der richtige Prozessschnitt und der adäquate Organisationszuschnitt aussehen. Häufig begehen Unternehmen jedoch den Fehler, dass sie mit Organisation und Technik angefangen und die Prozessseite nachrangig oder überhaupt nicht betrachten. Das passiert vor allem dann, wenn sie unter Zeitdruck handeln.

Professionelle Steuerungsorganisation

Auch wenn Schnitte richtig geführt werden, müssen Unternehmen an den Schnittstellen eine Steuerungsorganisation aufbauen, die das Zusammenspiel zwischen internen und externen Prozessen professionell managt. Dies ist die zweite große Herausforderung. Diese Organisation muss in der Lage sein, alle wichtigen IT-Funktionen abzubilden: Performance- und Vertrags-Management, Servicevermittlung, Strategie und Kundenausrichtung, Kunden-Management sowie Einkauf und Controlling - jeweils mit einer Vielzahl von Unterfunktionen.

Wie viele Mitarbeiter dazu erforderlich sind, hängt letztendlich von der Größe und der Komplexität des Outsourcing-Vorhabens ab. Eine aus der Erfahrung abgeleitete "Daumenregel" besagt: Sinnvoll ist häufig ein Steuerungsmitarbeiter für 15 bis 20 externe Kräfte.

Warum wird nun diese Steuerungsorganisation oft unverhältnismäßig aufgebläht? Das beginnt mit der mangelnden Erfahrung. In der Regel handelt es sich um eine ganze Reihe neuer Funktionen im Demand-Supply-Geflecht. Dafür werden neue Prozesse und Rollen benötigt, auf die die Mitarbeiter aber meist unzureichend vorbereitet sind. Aus dieser Unsicherheit heraus stecken Unternehmen oft mehr Ressourcen in diese Funktion als eigentlich notwendig - sozusagen ein Overkill aus Unwissen und übertriebener Vorsicht.

Konkret stößt man in der Beratungspraxis immer wieder auf drei Fehler, die zur Personal- und Kostenexplosion führen: fehlende Strategie, Technikverliebtheit und Kontrollwahn.

Außerdem muss natürlich der Reifegrad beider Organisationen zueinander passen. Hat der Dienstleister zum Beispiel bereits einen hohen Prozessreifegrad - etwa indem er das Capacity Monitoring Modell (CMM) eingeführt hat - während der Auftraggeber gerade erst dabei ist, erste Prozessverbesserungen vorzunehmen, kann die Schnittstelle nicht funktionieren.

Probleme durch Vereinfachung

Auch im umgekehrten Fall - der extremen Vereinfachung der Steuerungsorganisation - bringt das Outsourcing nicht die erwünschten Ergebnisse. Dies liegt wieder primär daran, dass die Ziele des Vertrags und deren Auswirkungen auf die Erfordernisse der Steuerung nicht beachtet werden. Oft sind lediglich Einkauf und Service-Management zufriedenstellend geregelt; der Rest der Funktionen wird vernachlässigt. Das kann zu Konflikten führen, etwa wenn der Mitarbeiter, der für Qualität verantwortlich ist, gleichzeitig über den Preis verhandeln soll. Häufig können auch einzelne Funktionen überhaupt nicht mehr ausgeführt werden.

Nochmals erhöht werden die Anforderungen an die Steuerungsorganisation, wenn mehrere externe Dienstleister für verschiedene Bereiche des Unternehmens tätig sind. Insbesondere das selektive Outsourcing, das sich in letzter Zeit durchgesetzt hat, erhöht die Zahl der Schnittstellen.

Eine Entscheidung für selektives Outsourcing ist zunächst einmal eine Frage der Geschäftsstrategie. CIOs müssen sich genau überlegen, was sie sinnvoller Weise auslagern - dann aber auch das Zusammenspiel von Demand und Supply richtig steuern, insbesondere die Rollen und Kompetenzen der Mitarbeiter sauber definieren. Dabei können sie durchaus von der Markterfahrung profitieren: indem sie zunächst ihre eigene Situation individuell analysieren und diese dann mit typischen Organisationen für ähnliche Aufgabenstellungen vergleichen.

Dr. Martin Lippert ist Geschäftsführer der Compass Deutschland GmbH in Wiesbaden.