Kassensysteme an Toshiba verkauft

Wie IBM sich weiter umbaut

03.05.2012 von Hartmut  Wiehr
Alles soll smarter werden. Auch die Handelsbranche. Sagt IBM. Und trennt sich von einem weiteren klassischen Hardware-Bereich: den Point-of-Sales.

Alles soll smarter werden. Auch die Handelsbranche. Sagt IBM. Und trennt sich von einem weiteren klassischen Hardware-Bereich: den Point-of-Sales.
von Hartmut Wiehr (Fachjournalist in München für CIO)

Alles so schön smart hier: IBM baut den Konzern weiter um - weniger Hardware, immer mehr Software und Services.

Am 17. April 2012 teilten IBM und Toshiba TEC per Pressemeldung mit, dass Toshiba IBMs Retail-Business im Hardware-Bereich übernimmt: Das Point-of-Sale Solutions Business geht für 850 Millionen Dollar an die japanische Firma, die damit zum Weltmarktführer bei diesen Produkten aufsteigt – vor NCR, VeriFone Systems und Micro Systems. Von der Toshiba-TEC-Seite aus ist die Transaktion damit klar, zudem zu der Vereinbarung mit IBM auch ein längerfristiger Vertrag über die Zulieferung von POS-Systemen gehört.

Aber warum hat IBM schon wieder ein Stück der hauseigenen Hardware-Produktion abgestoßen? Der Deal erinnert nicht zufällig an ähnliche Aktionen der Vergangenheit: Sukzessive verkauft wurden zum Beispiel die Bereiche internationale Breitband-Netzwerkverbindungen, Drucker (an Lexmark), Netzwerkprodukte, Festplatten (an Hitachi) und PCs/Notebooks (an Lenovo). Begleitet wurden alle diese Geschäfte fast immer mit eleganten Zusatzvereinbarungen über die zeitlich begrenzte Abnahme bestimmter Produktmengen, die man ehedem hausintern hergestellt hatte.

Womut IBM Geld verdienen will

Marktbeobachter und Analysten rühmen diese Strategie gewöhnlich als Ausweis einer gezielten Umstellung des Konzerns auf Software- und Dienstleistungsaktivitäten. Und die vorgelegten Zahlen sprechen für sich: IBM produziert heute außer Server- und Storage-Geräten, Mainframes eingeschlossen, so gut wie keine eigene Hardware mehr. Stattdessen hat sich der Konzern in einen Anbieter von Software, Technologie- und Business-Dienstleistungen verwandelt. Geld wird außerdem verdient mit Betriebssystemen und im Finanzierungsgeschäft.

Für den Retail-Bereich bedeutet diese neue strategische Ausrichtung keinen Abschied aus diesem Geschäft, aber eine Verlagerung: Hardware wird, wenn nötig, jetzt zugeliefert (von Toshiba TEC oder von anderen), während sich IBMs Arbeit auf Beratung, Planung, Services und Auswertung der Geschäftszahlen (Big Data oder Analytics genannt) konzentriert. Dafür gibt es auch eine neue Wortschöpfung: "Smarter Commerce".

Um sich für Smarter Commerce besser zu rüsten, hat IBM in den vergangenen Jahren spezialisierte Software-Firmen hinzugekauft, darunter DemandTec, Sterling Commerce oder Coremetrics. Gleichzeitig hat man verstärkt in Security-Auswertungen investiert (Übernahme des Start-ups Q1 Labs), um für verschiedene Branchen die "Security Intelligence" mittels schneller Datenauswertungen zu erhöhen.

IBM will es wissen: Es geht auch ohne Hardware

Konkurrenten wie Dell oder Hewlett-Packard sind schon bisher – wenn auch mit einem gehörigen zeitlichen Abstand – dem IBM-Vorbild gefolgt: Beide haben Stück um Stück in Services und Software investiert, beide sind aber nach wie vor sehr stark im Hardware-Business engagiert. Dell hat Perot Services sowie viele kleine Software-Anbieter hinzugekauft, hält aber an der zuvor eingeschlagenen Linie fest, sich zunächst vom reinen Produkt-Assemblierer zu einem Hersteller mit eigener Hardware-Technologie – vor allem im Bereich Storage – zu entwickeln.

HP hat den eigenen Focus verschoben mit den Akquisitionen von EDS und Autonomy: Services und Software sollen mehr Gewinn erzeugen. Außerdem hat HP unter der Ägide der neuen Chefin Meg Whitman gerade erst die Printer- und PC-Abteilungen zusammengelegt, was vor ein paar Jahren noch als eklatanter Verstoß gegen geheiligte Traditionen (und Ertragsbringer) der ehemaligen Garagenfirma gegolten hätte.

An der Börse scheint IBM mit dem Software- und Service-Kurs klar zu punkten. So kalkulieren Analysten wie Trefis den zukünftigen Aktienkurs auf der Annahme, dass vor allem Middleware-Software und Technologie- und Business-Dienstleistungen zu Buche schlagen werden. Klassischen Geschäftsfeldern wie Server und Storage wird nur noch ein Wertbeitrag von unter einem Prozent zugerechnet.

An der Börse sieht man IBM schon nicht mehr als Hardware-Player.
Foto: Trefis

Wer sich mehr auf IBMs neue Retail-Aspirationen einstimmen will, hat dazu Gelegenheit auf dem europaweiten "Smarter Commerce Global Summit 2012", der vom 22. bis 24. Mai in Madrid stattfinden wird. Weitere Informationen hierzu unter: www.ibm.com/commercesummit-madrid.

Dieser Artikel wurde von unserer Schwesterpublikation CIO übernommen. (kv)