Früh ein Netzwerk aufbauen

Wie man talentierte ITlerinnen findet

11.08.2011 von Andrea König
Die Herausforderung für Frauen in der IT besteht darin, ihre exotische Einzelposition nicht überzubewerten. Karriereexpertin Yasmine Limberger rät zur Authentizität. Ihr Arbeitgeber Avanade fördert Frauen mit zwei Programmen.
Alexandra Cebulsky setzt sich bei ihrem Arbeitgeber für das Thema Frauen in der IT ein.
Foto: Avanade

Als Alexandra Cebulsky beim IT-Beratungsunternehmen Avanade befördert wurde, erreichte sie eine Position, in der Führungskräfte zusätzlich zu ihrer Haupttätigkeit auf eigene Initiative hin eine weitere Aufgabe im Unternehmen übernehmen sollen. "Als Mutter und Teil einer Patchworkfamilie ist das Frauenthema ein fester Bestandteil meines Alltags", sagt Cebulsky, die heute als Legal Director für Rechtliches in den Regionen Europa, Lateinamerika und Afrika zuständig ist. Sie entschied sich, sich für das Thema Frauen in der IT stärker einzusetzen.

Denn nach wie vor dominieren Männer die IT-Landschaft. "Natürlich würden wir uns mehr weibliche Bewerberinnen mit technischem Hintergrund wünschen", sagt deshalb auch Yasmine Limberger, die bei Avanade als Group Manager im Personalmarketing tätig ist. Leider fänden sich in den technischen Fachrichtungen immer noch deutlich weniger Frauen als Männer.

ITlerinnen sollten sich schon früh ein Netzwerk aufbauen, rät Karriere-Expertin Yasmine Limberger.
Foto: Avanade

Und damit genau diese Frauen auf ihren Arbeitgeber aufmerksam werden, hat Alexandra Cebulsky sich aktiv an der Initiative "Women in IT" beteiligt, die von Avanade auf Europäischer Ebene entwickelt wurde. Bei einem Recruitingworkshop trafen ausgewählte Studentinnen auf Arbeitnehmerinnen, die von ihren ganz persönlichen Karriereschritten berichteten. Im Rahmen einer Projektaufgabe entwickelten die jungen Frauen außerdem Ideen für neue Apps für das Windows Phone 7. Darüber hinaus erhielten die Teilnehmerinnen ganz konkrete Tipps zur Karriereplanung.

"Frauen, die schon früh mit der IT-Welt in Berührung gekommen sind und sich dafür begeistern können, werden auch im Beruf Erfolg haben", glaubt Yasmine Limberger. Sie rät jungen ITlerinnen, sich schon früh ein Netzwerk im Studium, in der Ausbildung oder sogar schon in der Schule aufzubauen. "Technische Fachsimpelei gehört zum Alltag der ITler. Auch das Ausprobieren von neuer Software oder Programmiertools und der Austausch darüber ist eine typische Eigenschaft, die auch Frauen in der IT beherrschen sollten, um dazu zu gehören", weiß Limberger.

Sind Frauen in der Arbeitswelt angekommen, rät Limberger ihnen, auf eine offene und unkomplizierte Zusammenarbeit mit Kollegen hinzuarbeiten. Die Zusammenarbeit sollte kameradschaftlich aber auch professionell sein. Zweideutige Verhaltensweisen haben am Arbeitsplatz nichts verloren - weder von männlichen noch von weiblichen Mitarbeitern. "Wenn dennoch mal Missverständnisse auftreten oder sich die Frau in irgendeiner Weise diskriminiert fühlt, sollte sie dies direkt mit dem Vorgesetzten besprechen und an einer Lösung arbeiten, anstatt das Problem länger mit sich herum zu tragen oder gar andere mit hineinzuziehen", empfiehlt sie.

Mentoring-Programm für die Karriere

Schon vor dem Recruiting-Workshop entstand bei Avanade ein Programm für Frauen, die den Einstieg in die IT bereits gefunden haben. Im Rahmen eines Mentorings, dem sogenannten Sponsoringprogramm, unterstützen Avanade-Mitarbeiterinnnen europaweit förderungswürdige Kolleginnen. Zu dieser Gruppe gehören unter anderem Frauen, die gerade aus der Elternzeit zurückgekommen sind oder Frauen, die schon seit längerer Zeit auf einer bestimmten Karrierestufe stehen.

"Der Sponsor, der sowohl weiblich als auch männlich sein kann, öffnet sein Netzwerk für die Sponsoree und bringt sich ein, um sie beim Erreichen ihrer persönlichen Karriereziele zu unterstützen", sagt Cebulsky. Das Ziel des Programms erläutert sie so: "Wir wollen Frauen im Unternehmen die Karriere ermöglichen, die sie sich wünschen."

Die Herausforderung, vor der Frauen in der IT stehen, sieht Yasmine Limberger so: "Die Herausforderung ist, sich nicht unterkriegen zu lassen und seine ‚exotische Einzelposition‘ nicht überzubewerten. Sich also nicht als etwas ‚Besonderes‘ zu fühlen, sondern eher ganz selbstverständlich damit umzugehen. Größer wird ihrer Meinung nach die Herausforderung für Frauen erst, wenn sie eine Familie gründen und Mutter werden. "Denn dann müssen sie im Team häufig mehr als ihre männlichen Kollegen beweisen, dass sie alles im Griff haben", sagt Limberger.

Da heutzutage aber auch immer mehr Männer Elternzeit nehmen, beobachtet sie auch hier, dass die Grenzen langsam verwischen. Wer im Allgemeinen gut organisiert ist und die richtige Einstellung hat, der werde einen guten Job machen und sich gut in ein IT-Team integrieren - egal ob Frau oder Mann.

Im Juni berichtete die Computerworld von einer Umfrage der Karriereseite Women in Technology, laut der viele Frauen denken, dass sie sich für eine IT-Karriere wie Männer verhalten müssten. "Ich halte das eher so, dass man authentisch bleiben sollte", widerspricht Yasmine Limberger. Wenn Frauen versuchten, sich wie Männer zu verhalten, dann widerspreche das der eigenen Persönlichkeit. Frauen sollten vielmehr ihre als "weiblich" geltenden Eigenschaften wie Intuition, Pflichtbewusstsein und Zuverlässigkeit bewusst einsetzen, rät sie.

In der IT keine Chancen für Schauspieler

Im IT-Bereich zählen technische Expertise und Teamfähigkeit. "Schauspieler haben da eher weniger gute Chancen auf Erfolg", sagt Limberger. "Je nachdem, wie die individuellen Karrierepläne aussehen, muss jeder, der ganz nach oben will, sicher auch genügend Verhandlungsgeschick, Biss und Durchhaltevermögen mitbringen", fügt Limberger hinzu. Das gelte aber für Männer und Frauen gleichermaßen.