Produktivität

Wie Mitarbeiter Zeit verschwenden

29.07.2014 von Kristin Schmidt
Eine Studie zeigt, wie Angestellte ihre Zeit vergeuden - und was Chefs dagegen tun können.
Lesen Sie wie Sie tote Zeit effektiv nutzen.
Foto: Sikov - Fotolia.com

Sie warten auf eine Anweisung vom Chef, ohne die Sie nicht weiterkommen. Der Drucker braucht neues Papier, doch wo liegt das eigentlich? Und die E-Mail des Kollegen? Unverständlich. Erst nach mehrmaligem Nachfragen wird Ihnen klar, was er meinte.

Solche Situationen ereignen sich in deutschen Büros und Fabrikhallen täglich tausendfach. Zeit wird vergeudet - für Aufgaben, die weder Ihnen noch Ihrem Arbeitgeber etwas bringen.

Laut der Managementberatung Factor P verbringen Mitarbeiter mehr als 40 Prozent ihrer Arbeitszeit mit solchen nicht-wertschöpfenden Aufgaben. Dies ist das Ergebnis einer Studie unter 110 mittelständischen Produktionsunternehmen. Dafür analysierten die Berater 300 Arbeitsprozesse auf unterschiedlichen Hierarchieebenen, insgesamt wurden dabei 2.400 Arbeitsstunden betrachtet.

Platz 10: Bürokratie
Es könnte alles so schön sein: Die Tür ist zu, das Telefon klingelt nicht und das Projekt läuft. Aber immer wieder hindert die Verwaltung den Mitarbeiter daran, effizient zu sein. Acht Prozent der Befragten gaben an, jeden Tag ein bis zwei Stunden mit Bürokratie und Verwaltungsangelegenheiten zu kämpfen. Hier ein Formular, dort ein Antrag - da geht schnell viel Zeit drauf. Nur ein Viertel der Befragten gab an, sich überhaupt nicht damit befassen zu müssen.
Platz 9: SMS und Nachrichten schreiben
Vrrmvrrm vibriert das Smartphone in der Tasche. Darauf will geantwortet werden, egal, ob die erhaltene Nachricht beruflich oder privat ist. Das frisst Zeit: Jeder zehnte gab an, täglich ein bis zwei Stunden mit SMS oder anderen Nachrichtendiensten zuzubringen. Und genau so viele verbringen sogar mehr als zwei Stunden täglich damit, Nachrichten zu tippen. Natürlich verzichten viele auch während der Arbeitszeit nicht auf die Kommunikation per SMS. Und das frisst jede Menge Zeit.
Platz 8: Facebook und Co.
Ohne Social Media geht es nicht mehr, da sind sich alle Entscheider einig. Aber mit Social Media geht jede Menge Zeit drauf: Elf Prozent der Befragten verbachten ein bis zwei Stunden auf Facebook, Twitter und Co. Und satte drei Viertel der Befragten waren bis zu zwei Stunden aktiv in Sozialen Netzwerken unterwegs. Natürlich ist Netzwerken auf diese Art auch wichtig für die Karriere. Aber der Umgang mit Xing und anderen sollte nicht den aktuellen Job gefährden.
Platz 7: Pendeln
Wer nicht gerade das Glück hat, zuhause arbeiten zu dürfen, der muss jeden Tag ins Büro pendeln. Auch das kostet Zeit: 13 Prozent der Befragten sagten, dass sie jeden Tag viel Zeit mit Pendeln zubrächten. Da kann es hilfreich sein, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Wer schon unterwegs seine Mails sichtet, kann sich im Büro selbst auf Wichtigeres konzentrieren. Oder man kommt einfach mal ohne Stau und entspannter an. Das macht jeden produktiver.
Platz 6: Kollegen
Es gibt Tage, da muss man sich im Büro ganz genau auf die Arbeit konzentrieren und kommt kaum mit der Arbeitszeit aus. Die gesprächige Kollegin hat aber nichts anderes zu tun, als uns fesselnd die kurze Pause zu stehlen.
Platz 5: Meetings
Spätestens, wenn das Meeting bei Tagesordnungspunkt 27 angekommen ist, weiß man, warum Meetings auf Platz 5 der größten Zeitfresser gelandet sind. Sie ziehen sich hin, sind oft überflüssig und bringen meist wenig Problemlösendes mit sich. Fast jeder Fünfte (18 Prozent) hockt über eine Stunde am Tag in einem Meeting, 70 Prozent sogar bis zu zwei Stunden. Da hilft nur: Entweder die Meetings selbst reduzieren oder die Zahl der Teilnehmer. Oft genug sitzen einfach die falschen Menschen im Raum, die mit der Sache nur am Rand zu tun haben.
Platz 4: Vor-sich-Herschieben
Auf Platz 4 landet die Prokrastination, auch das Vor-sich-Herschieben genannt. Fast jeder Vierte (19 Prozent) packt die Dinge nicht sofort an und verbringt jeden Tag ein bis zwei Stunden damit, eben nicht in die Excel-Tabelle zu schauen. Laut Studie gingen zehn Prozent der Befragten Probleme und Herausforderungen sofort an. Dass die Prokrastination nur begrenzt hilfreich ist, wissen alle Beteiligten selbst am Besten. Wie man den inneren Schweinehund besiegt und Zeit spart, verrät die Studie leider nicht.
Platz 3: Fernseh gucken
Platz 3 frisst nun nicht gerade Zeit im Job, zugegeben. Es gibt wohl nur wenige Berufe, in denen es erlaubt ist, fernzusehen. Aber ausgiebiger Fernsehkonsum wirkt sich trotzdem aus. 26 Prozent sagten, dass sie jeden Tag ein bis zwei Stunden vor dem Fernseher verbrachten und immerhin 16 Prozent sogar mehr als zwei Stunden. Das frisst Zeit für andere, persönliche Dinge wie E-Mails schreiben, online shoppen und Netzwerken. Stattdessen fällt das dann in die Arbeitszeit. Wer auf den Plasma häufiger verzichten kann, der ist im Job garantiert auch effizienter.
Platz 2: Surfen
Wie viele Katzenvideos kann man sich an einem Tag anschauen? Hier noch eine Witz-Seite, dort noch mal schnell Nachrichten und Fußball-Ergebnisse checken: Schon surft man an einem einzigen Tag mehr als zwei Stunden im Netz. 80 Prozent gaben an, so viel Zeit mit Surfen zu verbringen, der Rest immerhin noch ein bis zwei Stunden. Wer sich hier disziplinieren kann, der arbeitet schneller und konzentrierter. Aber was ist der Zeitfresser Nummer Eins?
Platz 1: E-Mail-Flut
Im Minutentakt kommen sie hereingeflattert, reißen aus der Konzentration und stören den geregelten Ablauf: E-Mails. Ein Drittel der Befragten bearbeitet jeden Tag ein bis zwei Stunden die Post, und 22 Prozent sogar mehr als zwei Stunden. Dabei sind viele E-Mails unwichtig, bestehen aus langen Konversationen, die unüberlegt kopiert werden oder enthalten kaum Infos. Da hilft nur noch Zero-Email. Oder einfach mal das Postfach schließen.

Immerhin: Gewerbliche Mitarbeiter arbeiten 60 Prozent ihrer Schicht wertschöpfend. Bei Angestellten, die administrativ arbeiten, war es gerademal etwas mehr als die Hälfte. Bei beiden Gruppen geht vor allem durch Informationsbeschaffung Arbeitszeit verloren. Das macht bei zu 30 Prozent der nicht-wertschöpfenden Arbeitszeit aus. Bei den gewerblichen Arbeitern folgen dann: 24 Prozent für Wege und Transport, 23 Prozent Mehrarbeit an Anlagen und dem Produkt wegen mangelnder Standards und Qualitätsprobleme. 12 Prozent sind die Arbeiter mit Warten beschäftigt, weil zum Beispiel Anweisungen fehlen.

Bei den Angestellten im Büro geht ein Viertel der nicht-wertschöpfenden Arbeitszeit für Mehrarbeit drauf, die durch unzureichende Definitionen von Rollen und Verantwortlichkeiten entstehen. 14 Prozent brauchen sie für Fehleranalyse und Fehlerkorrektur. Unnötige Dokumentation nimmt acht Prozent in Anspruch.

Und auch auf der Führungsebene kommt es zu fragwürdiger Zeitverteilung. Laut Studie führen Vorgesetzte nur 13 Prozent ihrer Arbeitszeit. Etwa ein Viertel ihres Tages verbringen sie mit Planung und Verwaltung. 22 Prozent investieren sie in operative Arbeit, wenn an der Linie etwa eine Störung behoben werden muss, der Arbeiter dazu aber nicht ausgebildet ist. 11 Prozent entfällt auf passives Steuern, indem sie auf ungeplante Vorkommnisse reagieren.

Natürlich ist es unmöglich, ausschließlich Arbeiten zu erledigen, die direkt auf die Wertschöpfung einzahlen. Allerdings besteht Optimierungsbedarf. Gerade Mittelständler seien häufig schnell gewachsen, heißt es in der Studie. Die Anpassung von Prozessen sei dabei der Befriedung der steigenden Nachfrage zum Opfer gefallen. Daraus können Probleme entstehen. Zum Beispiel beförderte Kollegen, die nicht zur Führungskraft taugen oder Prozesse, die sich nicht ändern - weil man es schon immer so gemacht hat.

Das Aufbrechen genau solcher Denkmuster ist Voraussetzung, um effizienter zu arbeiten. Prozesse müssen neu strukturiert und standardisiert werden, Verantwortlichkeiten eindeutig verteilt, Mitarbeiter wie auch Führungskräfte weiterqualifiziert werden. "Seine Ziele erreicht man nicht, in dem man auf Vorgänge reagiert, sagt Factor P-Geschäftsführer Alexander Maier, "sondern proaktiv agiert".

(Quelle: Wirtschaftswoche)