Hyperautomation in der Praxis

Wie Toyota IT-Automation auf die Spitze treibt

19.04.2023 von Paula Rooney
Toyota will zum datengetriebenen Unternehmen werden. Dazu treibt der Autobauer zum Beispiel in den USA seine Automatisierungs-Agenda mit Cloud-fokussierten Tools voran.
Toyotas neues Werk im US-Bundesstaat North Carolina ist voll und ganz auf Automatisierung ausgerichtet.
Foto: Toyota

Die Automatisierung ist seit etlichen Jahren das Lebenselixier der IT-Arbeit. Zumindest sind Initiativen zur Automatisierung von Prozesses immer schon ein wichtiger Treiber für die IT-Agenda von Unternehmen - sowohl, um Abläufe ganz gezielt innerhalb der Vertriebs- oder Marketingfunktion oder innerhalb der IT selbst zu überarbeiten. Dabei haben KI, Robotic Process Automation und digitale Transformation eine neue Ära der Hyperautomation eingeläutet. Hierbei werden alle Geschäftsprozess-Facetten, von banalen Aufgaben wie der Produktentwicklung bis hin zur Fertigung, als vernetzte Prozesse betrachtet, die sich durch Automatisierung optimieren lassen.

Dieses Konzept umzusetzen, hat sich auch Toyota North America auf die Fahnen geschrieben. Der Konzern setzt schon seit mehr als zwanzig Jahren auf die Cloud - und seit knapp vier Jahren verstärkt auf Amazon Web Services und diverse, unabhängige Automatisierungs-Tools, um seine Agenda voranzutreiben, wie Brian Kursar, Chief Technology und Data Officer sowie Group Vice President of Digital bei Toyota Motors North America, offenbart. "Die große Veränderung ist die Hyperautomatisierung. Es ist definitiv eine unternehmensweite Initiative", so der Manager, der bei Toyota rund 2.500 IT-Experten führt.

Das Mantra scheint zu funktionieren: Nach eigenen Angaben hat Toyota durch Hyperautomation bislang jährlich etwa fünf Millionen Dollar eingespart. Allein auf den Schedulern der ETL-Plattformen von Toyota laufen mindestens 100.000 automatisierte Skripte für Tausende von Datenbanken.

Hyperautomation treibt Effizienz

Obwohl mehr als 80 Prozent der Unternehmen zu einem gewissen Maß auf Automatisierung setzen, haben nur relativ wenige eine Hyperautomatisierung erreicht. Nur einzelne Unternehmen - etwa Ericsson und Johnson & Johnson - erzielen mit ihren Hyperautomation-Initiativen Einsparungen jenseits von 100 Milliarden Dollar pro Jahr, wie Frances Karamouzis, Analystin und Distinguished Vice President bei Gartner, weiß. Die Expertin erklärt: "Hyperautomatisierung ist ein disziplinierter Ansatz für drei Dinge: so viele Prozesse wie möglich zu identifizieren, zu prüfen und zu automatisieren. Das kann ein Geschäfts- oder ein IT-Prozess sein, der mit einer ganzen Reihe von Technologien automatisiert wird. Etwa KI, RPA, iPaaS oder Low-Code."

Auch wenn die Automatisierungs-Agenda von Toyota dessen Geschäfts-, Entwicklungs- und Fertigungsprozesse umfasst, hat das Unternehmen noch nicht ganz den Hyperautomation-Berg erklommen. CTDO Kursar konzentriert sich stark auf Toyotas Cloud-Engineering- und Development-Abteilung, die es allen anderen Geschäftsbereichen ermöglicht, Automatisierungsfunktionen aus der Cloud schnell und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten zu implementieren.

Brian Kursar, Chief Technology und Data Officer bei Toyota North America.
Foto: Toyota

"Durch die Implementierung von AWS-Basisdiensten wie Backstage können Entwickler und Endbenutzer beispielsweise Python-Skripte schreiben und Anwendungen erstellen, ohne sich Gedanken darüber machen zu müssen, ob sie die richtigen Ports geschlossen und die richtigen Berechtigungen in Containern festgelegt haben", veranschaulicht Kursar. Die integrierte Sicherheit der Entwicklungsplattform biete dabei vielen Mitarbeitern die Möglichkeit zur Automatisierung, fügt er hinzu. Business-Analysten und Entwickler könnten zudem eine Vielzahl von Entwicklungs-Tools verwenden, um Automatisierungs-Workflows zu erstellen. Diese reichen von Low-Code-Plattformen für Nicht-Entwickler bis hin zu anspruchsvolleren RPA- und KI-Automatisierungs-Tools für Machine-Learning-Modelle.

"Die Hyperautomatisierung von Toyota IT in der Cloud ermöglicht nicht nur erhebliche Kosteneinsparungen, sondern stellt den Geschäftsbereichen auch weitaus mehr Daten für Analysen, Modellerstellung und datengetriebene Erkenntnisse zur Verfügung", so Kursar und ergänzt: "Die Reinvestition aus der Hyperautomatisierung ist in Datenwissenschaftler geflossen, die sehr komplexe maschinelle Lernmodelle erstellen können, die zu noch mehr Kosteneinsparungen und Mehrwert führen. Das ist eine der größten Errungenschaften der Hyperautomatisierung: Die Ingenieure können sich darauf konzentrieren, Erkenntnisse zu gewinnen, um unser Unternehmen bei der Entscheidungsfindung zu unterstützen."

Automatisierungsfokus

Toyota - und auch alle anderen Automobilhersteller - sind noch weit vom Fahrzeug entfernt, das sich selbst zusammenbaut. Aber sie integrieren Automatisierung inzwischen auch in Design-, Spezifikations- und Qualitätssicherungsprozesse. Toyota setzt im Rahmen von Fertigungskontrollen zum Beispiel auf Wärmebildtechnik, um die Schweißnähte der Karosserierahmen zu überprüfen. Das ist laut CDTO Kursar ein sehr zeitaufwändiges Verfahren - führe allerdings auch zu qualitativ hochwertigeren Ergebnissen, weswegen inzwischen alle Toyota-Fahrzeuge auf diese Art und Weise getestet werden. Toyota betreibt derzeit 15 Produktionsstätten in Nordamerika und baut aktuell zusammen mit Panasonic ein neues Werk in North Carolina, um Batterien für Elektrofahrzeuge zu produzieren. "Alles, was dort gebaut wird, ist auf Daten und Automatisierung ausgerichtet", stellt Kursar in Aussicht.

Laut IDC wurden zwischen 2017 und 2021 mehr als 150 Milliarden Dollar in Automatisierungsinitiativen investiert. Dennoch hat nur etwa ein Drittel der Unternehmen mehr als 50 Prozent der Automatisierungsziele für die grundlegende Softwareentwicklung, IT und Geschäftsprozesse erreicht. "Für viele Unternehmen beginnt die Automatisierung mit Prozessen, die sie bereits vollständig verstehen. Maschinelles Lernen und KI ermöglichen es den Ingenieuren jedoch, besser zu verstehen, wie kleine Nuancen in den Betriebsparametern einen großen Unterschied im Geschäftsergebnis ausmachen können", kommentiert Dave McCarthy, Vice President bei IDC.

Ritu Jyoti, Group Vice President of AI and Automation bei IDC, fügt hinzu: "Viele Führungskräfte konzentrieren sich jetzt auf das, was IDC als Enterprise Automation 2.0 bezeichnet. Darunter versteht man einen einheitlichen Ansatz für die Automatisierung in geschlossenen Kreisläufen, bei dem künstliche Intelligenz kontinuierlich die Entscheidungsfindung und automatisierte Aktionen unterstützt, die proaktiv die Ergebnisse optimieren und bereichern, um den Geschäftswert der Automatisierung zu maximieren."

"Automatisierung ermöglicht es uns, besser zu sein als unsere Wettbewerber", ist Toyota-Entscheider Kursar überzeugt. "Indem wir so viele Prozesse wie möglich automatisieren, können wir uns auf den High Value fokussieren." (fm)

Dieser Beitrag basiert auf einem Artikel unserer US-Schwesterpublikation CIO.com.