Im Schadensfall und gegen Betrug

Wie Versicherungen von Big Data profitieren

05.08.2014 von Stefan Gneiting
Mit Big-Data-Lösungen können Versicherungsunternehmen bisher ungehobene Datenschätze ausbeuten, ihren Kundenservice erheblich verbessern und schneller gegen Versicherungsbetrüger vorgehen

Die angespannte wirtschaftliche Lage wirkt sich auch auf Versicherungsgesellschaften aus. Wie die Fertigungsindustrie müssen sie ihre Abläufe effizienter gestalten, den Kundenservice weiter verbessern und neue erfolgversprechende Produkte auf den Markt bringen - und das alles unter größtem Kostendruck. Mit modernen Big-Data-Anwendungen bekommen die Versicherer nun ein Instrument in die Hand, das ihnen bei der Neuaufstellung hilft, wie HP in einem Viewpoint Paper erläutert.

Vor allem die Fähigkeit, mit Big-Data-Analysen auch unstrukturierte Daten zu nutzen, erweist sich für die Versicherer als wertvoll. Da ein Großteil der Kommunikation mit den Kunden per Telefon oder schriftlich verläuft, sitzen sie auf einem Datenschatz, der erst jetzt mit Big-Data-Verfahren effektiv zu heben ist. Mit den neu gewonnenen Informationen lassen sich Betrugsfälle schneller aufdecken, neue Versicherungsprodukte schaffen, Abläufe verschlanken und der Kundenservice verbessern.

Noch haben viele Versicherer das Potenzial von Big Data nicht erkannt. Laut einer Studie von Celent investierten zwar einige Versicherungsgesellschaften bereits in Big Data, doch im Großen und Ganzen tasten sie sich noch äußerst zurückhaltend an das Thema heran. So geraten sie teilweise gegenüber den auf Datensammlung spezialisierten Firmen immer weiter ins Hintertreffen.

Wie Versicherungen Daten aus Social-Media-Netzwerken und anderen Online-Kanälen nutzen können
Foto: HP Deutschland

Google und Facebook als Konkurrenten bei Datensammlung

In der Vergangenheit war die Analyse und intelligente Nutzung von Daten eine Kernkompetenz der Versicherungsunternehmen. Heute sehen sie sich mit der Konkurrenz von Unternehmen wie Google oder Facebook konfrontiert. Oft verfügen diese über mehr Informationen über die versicherten Personen als die Versicherer selbst. Zum Kerngeschäft der Informationsunternehmen gehört die Sammlung und Nutzung von beispielsweise Geo - und Aktivitätsdaten, die zielgerichtet zur Identifizierung von Risiken, deren Bepreisung und dem Angebot entsprechender Versicherungsprodukte an geeignete Kunden dienen können.

Big-Data-Lösungen können sogar die beiden wichtigen Themen Kostenreduktion und Verbesserung des Kundenservices unter einen Hut bringt: Bisher gingen Fortschritte in einem der beiden Bereiche stets auf Kosten des anderen. Das könnte sich mit Big Data ändern: Ziehen Versicherer beispielsweise bisher ungenutzte Datenquellen hinzu, können sie Risiken zuverlässiger beurteilen und Betrugsabsichten schneller aufdecken. Das verringert nicht nur die Kosten generell, sondern erlaubt auch einen schnelleren Rückfluss von Rücklagen in den Cash-Flow der Versicherer.

Die Berechtigung von Schadensforderungen lassen sich genauer einschätzen, wenn man Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen wie beispielsweise sozialen Netzwerken oder Sprachkommunikation in die Bewertung einfließen lässt. Diese und andere Datenquellen werden von den Versicherungsgesellschaften noch allzu häufig links liegen gelassen, weil sie nicht in der Lage sind, wertvolle Informationen und Hinweise aus Telefongespräche oder Schriftdokumenten zugänglich zu machen. Bisher verlassen sich die Unternehmen noch viel zu sehr auf den "sechsten Sinn" bei der Aufklärung von 'verdächtigen' Forderungen. Mit Big-Data-Analysen lassen sich schnell und zuverlässig Muster herausfiltern, die eine Bewertung von Kundenforderungen objektiver machen.

Mit Big Data gegen Versicherungsbetrug

Von einer solchen Bearbeitung profitieren auch die Kunden, da berechtigte Forderungen schneller bearbeitet werden: Genau wie betrügerische Eingaben weisen nämlich Forderungen mit geringem Betrugsrisiko ein charakteristisches Muster auf, das mit Big-Data-Analysen rasch offen gelegt werden kann. Mit einer ausreichend großen Datenbasis können Versicherungsgesellschaften zuverlässig entscheiden, welche Forderungen sie ohne aufwändige Prüfung als berechtigt zur weiteren Abwicklung durchwinken können. Eine derart beschleunigte Bearbeitung erhöht einerseits die Kundenzufriedenheit und verringert andererseits die Abwicklungskosten für den Versicherer.

Neben dem Forderungsmanagement kann Big Data den Versicherungen auf weiteren Gebieten helfen. Beispielsweise können Vermittler durch zusätzliche Informationen über Wohnviertel, das lokale Durchschnittseinkommen, Berücksichtigung eigener Schadensmeldungen in dem Gebiet und weiterer Daten detailliert die Kundenbedürfnisse ableiten und zielgerichtet passende Versicherungsprodukte offerieren.

Mit zusätzlichen Informationen lassen sich auch neue Produkte entwickeln, die auf die momentane, persönliche Lebensumstände der Versicherungsnehmer eingehen. Denkbar sind beispielweise Tagesskiversicherungen, die dem potenziellen Kunden per Mobiltelefon angeboten werden, sobald Geodaten auf einen entsprechenden Bedarf hinweisen. Ist der Abschluss der zeitlichen beschränkten Spezialversicherung mit einem Klick auf dem Smartphone möglich, erschließen sich den Versicherungsunternehmen zusätzliche Umsatzquellen.

Mit innovativen, flexiblen Produkten gewinnen Versicherer neue Kunden, binden aber auch Bestandskunden enger an sich. Sobald die Unternehmen die Datensilos aufbrechen und sämtliche verfügbaren Informationen nutzen, um ein exaktes Kundenprofil zu erstellen, kommen sie in die Lage, ein besseres Verständnis für die Bedürfnisse jedes Einzelnen zu entwickeln und ihn zielgerichtet zu bedienen. Big Data hilft so bei der Segmentierung, im Marketing und bei der Kundenbindung.

Rechtzeitige Sicherheitsvorkehrungen durch Warnung vor Unwetter

Big-Data-Anwendungen wirken sich überdies auf die Schadenfallprävention und -minimierung aus. Den Anfang bilden die schon heute von einigen Versicherern angebotenen Unwetterwarnungen: Beim Aufkommen einer bedrohlichen Wetterlage informieren sie ihre betroffenen Kunden zeitnah, um ihnen die Möglichkeit zu geben, entsprechende Sicherheitsvorkehrungen zu treffen und damit einem möglichen Schadenfall vorzubeugen oder ihn zumindest zu minimieren.

Für besseren Service, personalisierte Produkte und Preisminderungen sind Kunden bereit, persönliche Daten zu sammeln und sie an das Versicherungsunternehmen weiter zu geben. Ein Beispiel für Verwendung solcher persönlicher Zusatzinformationen ist der "Pay as you life"-Ansatz der Krankenversicherungen. Hierbei informieren Privatpersonen ihre Versicherung über beispielsweise Besuche im Fitnessstudio oder generell die Teilnahme an Sportveranstaltungen und erhalten im Gegenzug Tarif-Boni.

Versicherungsunternehmen, die sich die Vorteile von Big-Data-Anwendungen nicht entgehen lassen möchten, erhalten im HP Viewpoint Paper "Insurance with insight" konkrete Handlungsanweisungen, wie sie ein Big-Data-Projekt sinnvoll angehen.