Neue Kienbaum-Gehaltsstudie

Wie viel IT-Führungskräfte verdienen

27.06.2011 von Nicolas Zeitler
Die Wirtschaft boomt, die IT-Gehälter steigen. Für CIOs eine zwiespältige Entwicklung: Sie bekommen mehr Geld - und müssen den raren IT-Experten mehr zahlen.
Christian Näser Mitglied der Geschäftsleitung,Kienbaum: "Die Diskussion um höhere Gehälter von Frauen in der IT ist in Gang und wird etwas bewegen."
Foto: Kienbaum

Welchen Wunsch würden Sie sich mit 9000 Euro erfüllen? CIOs dürfen darüber getrost schon einmal nachdenken. Denn diese Summe überweist ihnen der Arbeitgeber, gemessen an 2010, in diesem Jahr zusätzlich. Das zeigt der Vergütungs-Report "Führungs- und Fachkräfte in IT-Funktionen 2011" der Management-Beratung Kienbaum. IT-Manager auf der Position eines "Leiter Informationsverarbeitung und Organisation" kommen laut der Studie auf Gesamtbezüge von durchschnittlich 142.000 Euro - nach 133.000 im Vorjahr. Grundgehalt und variable Vergütung zusammengenommen ist das ein Plus von fast 6,8 Prozent.

IT-Chefs mit strategischer Verantwortung sind damit die Spitzenverdiener in dem Gehalts-Ranking, für das das Gummersbacher Beratungshaus Angaben von 506 Unternehmen in Deutschland zu 6266 Stellen ausgewertet hat (bestellbar unter shop.kienbaum.de). Unter den Abgefragten waren 178 Leiter Informationsverarbeitung und Organisation. Der weniger strategisch und stärker operativ ausgerichtete Leiter IT Management war 319-mal vertreten. Führungskräfte auf dieser Position erhalten Jahresgesamtbezüge von durchschnittlich 124.000 Euro. 2010 verdienten sie 117.000 Euro.

Gehälter - Große Spanne auf Spitzenpositionen.
Foto: CIO.de

Was die Durchschnittszahlen nicht verraten, ist die große Streuung bei den Gesamtgehältern. Die zeigt sich beim Blick auf statistische Werte. So liegt das untere Quartil der Leiter Informationsverarbeitung und Organisation bei 95.000 Euro. Drei Viertel der Kollegen auf einer solchen Position verdienen also mehr. Das obere Quartil dagegen liegt bei 158.000 Euro - drei Viertel der IT-Führungskräfte desselben Ranges bekommen weniger. Ähnlich ist das Bild bei den Leitern IT-Management. Das untere Quartil liegt hier in diesem Jahr bei 89.000 Euro, das obere bei 145.000 Euro.

Kehrt man zurück zu den Durchschnittszahlen und lässt die variablen Gehaltsbestandteile außen vor, ist die Gehaltssteigerung immer noch stattlich. Für den Leiter Informationsverarbeitung und Organisation fällt das Grundgehalt dieses Jahr um 4,5 Prozent höher aus als 2010, für den Leiter IT-Management um 3,5 Prozent. Beide liegen mit diesen Zuwächsen über dem Durchschnitt. Doch auch wer nicht auf einer der beiden Spitzenpositionen arbeitet, bekommt deutlich mehr Geld. Die Studienautoren fragten 36 weitere Fach- und Führungspositionen ab, darunter SAP-Berater, Datenbankadministratoren und Leiter IT-Architektur. Über alle Funktionen hinweg erhöhten die Unternehmen die Grundgehälter um durchschnittlich 3,4 Prozent.

Den Grund für den Zuwachs sieht Christian Näser, Mitglied der Geschäftsleitung und Partner bei Kienbaum, im Wirtschaftswachstum in Deutschland. Noch vor einem Jahr sah die Lage nicht ganz so rosig aus. Die Vorjahresstudie verzeichnete bei den Grundgehältern einen Zuwachs von um die zwei Prozent. Die Boni fielen damals sogar niedriger aus als im Vorjahr.

IT-Führungskräfte - Rangfolge der Jahresgesamtbezüge.
Foto: CIO.de

Für das laufende Jahr rechnet Näser damit, dass sich die Grundgehälter von IT-Fach- und -Führungskräften weiter nach oben bewegen. Stichtag der jetzt veröffentlichten Untersuchung war der 1. Februar. "Seither hat sich noch einiges getan, und das wird auch im Laufe des Jahres so bleiben", sagt der Vergütungsexperte. Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung könnte ihm recht geben. Laut dem Monatsbericht des Bundeswirtschaftsministeriums vom Juni wird sich das seit zwei Jahren durchweg anhaltende Wirtschaftswachstum von 0,9 Prozent pro Quartal zwar ein wenig abschwächen. Der Pfeil zeigt gleichwohl weiter klar nach oben.

Der Wirtschaftsboom führt durch zweierlei Mechanismen zu höheren Gehältern für IT-Fach- und -Führungskräfte. Unternehmen suchen bei guter Auftragslage nach neuen IT-Fachkräften. Potenzielle Service-Level-Manager, User-Helpdesk-Spezialisten und Netzwerkadministratoren werden knapp. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) wies erst im Frühjahr wieder darauf hin, dass Unternehmen ihren Bedarf an IT-Experten kaum decken können. 23.600 freien Stellen für Informatiker standen nur 7000 Experten dieses Fachs gegenüber, die Arbeit suchten. Auch Näser bezeichnet die Situation als "angespannt".

Die Knappheit führt dazu, dass Firmen IT-lern mehr zahlen, um sie zu gewinnen. Wer als IT-Verantwortlicher selbst von Gehaltssteigerungen profitiert, für den ist das die Kehrseite der Medaille. "CIOs werden das zu spüren bekommen", erwartet Christian Näser. Wolle ein IT-Chef einen Fachmann von der Konkurrenz abwerben, müsse er ihn mit einem um zehn bis 15 Prozent höheren Gehalt locken. Die hohe Nachfrage erstreckt sich dem Berater zufolge über alle IT-Fachkräfte. Eine Spezies, deren Gehalt im Jahresvergleich außerordentlich stark gestiegen ist, hat sich im Vergütungs-Report jedenfalls nicht gezeigt.

Mehr Boni ausgezahlt

Bei den sieben in der Studie abgefragten Führungsfunktionen ist der Grund für höhere Gehälter in Aufschwungzeiten dagegen nicht Knappheit, sondern der Firmenerfolg. Außer beim Grundgehalt zeigt sich das besonders deutlich an den variablen Gehaltsanteilen. Die hängen in der Regel daran, dass eine Führungskraft ihre Zielvereinbarungen erfüllt. Darin stehen zum einen Firmenziele - auf die ein Manager oft nur bedingt Einfluss hat und die zu Krisenzeiten häufig nicht erreicht werden. Die individuellen Ziele einer Zielvereinbarung sind dagegen oft auch bei schlechter Wirtschaftslage erfüllbar. "Allerdings steht die Auszahlung des damit verbundenen Bonus oft unter dem Vorbehalt, dass es dem Unternehmen generell gut geht“, sagt Näser. Bei einer Flaute sinkt also der Anteil der ausgezahlten variablen Gehaltsanteile. Das war sowohl voriges als auch vorletztes Jahr häufig der Fall.

Wenig verwunderlich ist daher umgekehrt, dass laut der Erhebung von Kienbaum seit dem Ende der Krisenzeit der Anteil der ausgezahlten Boni wieder steigt. Der Anteil des Bonus an den Jahresgesamtbezügen ist bei den Führungskräften von 14 Prozent auf 18 Prozent gestiegen. Für die Leiter Informationsverarbeitung und Organisation erhöhte sich der tatsächlich ausgezahlte variable Gehaltsanteil von 17 auf 20 Prozent, für Leiter IT-Management von 14 auf 16 Prozent. In absoluten Zahlen wuchsen die Boni ebenfalls. IT-Führungskräfte bekommen durchschnittlich 4000 Euro mehr an variabler Vergütung als vor einem Jahr - durchschnittlich rund 23.000 Euro. 85 Prozent der IT-Führungskräfte bekommen leistungsbezogene Gehaltsanteile. Vor einem Jahr lag der Anteil vier Prozentpunkte niedriger.

Variable Vergütung - Die Mehrheit bekommt Boni.
Foto: CIO.de

Kienbaum-Partner Näser erwartet, dass künftig noch mehr IT-Verantwortliche eine variable Vergütung erhalten werden. Er sieht darin einen sinnvollen Anreiz - auch wenn nach der Krise vereinzelt Kritik an dem Instrument laut geworden war. So war in einer unlängst veröffentlichten Umfrage des Beratungsunternehmens Saaman nur jede zweite Führungskraft in der Lage, ihre Jahresziele zu nennen. Die Berater schlossen daraus, in wirtschaftlich unsicheren Zeiten seien Zeiträume von einem Jahr zu lang. Näser widerspricht: "Zielvereinbarungen sind oft in die Firmenstrategie eingebunden. Es würde keinen Sinn ergeben, sie laufend der Lage anzupassen - dann sagen sie wirklich nichts mehr aus."

Weniger verbreitet als bei Führungskräften sind Boni unter IT-Fachkräften. Der Anteil derer, die variable Gehaltsanteile bekommen, liegt konstant bei zwei Dritteln. Gestiegen ist allerdings die Höhe des Bonus. Statt 5800 Euro bekommen leistungsbezogen bezahlte Fachkräfte nunmehr 8100 Euro.

Höchstes Gehalt in Düsseldorf

Die eingangs genannten Streuungen bei der Gesamtvergütung von IT-Managern in derselben Funktion sind nicht das einzige Beispiel für große Gefälle in der Gehaltslandschaft. Weit auf geht die Schere auch beim Blick auf den Arbeitsort. Wer als IT-Fachkraft in Ostdeutschland arbeitet, verdient 46.000 Euro. Ein Kollege in Köln erhält durchschnittlich 65.000 Euro. Bei Führungskräften liegt die Differenz zwischen Ost- und West-Gehalt sogar bei durchschnittlich 50.000 Euro. Traditionell sind die Gehälter in Düsseldorf besonders hoch. Das zeigt auch die diesjährige Studie: Eine IT-Führungskraft in der nordrhein-westfälischen Landeshauptstadt verdient 115.000 Euro im Jahr, eine IT-Führungskraft in Ostdeutschland erhält nur 67.000 Euro.

Alter und Gehalt stehen ebenfalls direkt in Zusammenhang. Zwischen dem 30. und dem 60. Lebensjahr kann eine IT-Führungskraft ihr Einkommen mehr als verdoppeln. Wer mit 30 noch 65.000 Euro im Jahr verdient, kann mit 60 auf ein Gehalt von 135.000 Euro kommen. Bei Fachkräften ist der Gehaltsaufstieg während des Erwerbslebens nicht ganz so steil. Sie beginnen mit 48.000 Euro und steigern ihr Einkommen bis zum Alter von 60 Jahren um rund 65 Prozent.

Während bei den Gehältern insgesamt viel Bewegung herrscht, stagniert die Entwicklung bei einem speziellen Thema: Frauen in der IT. Ihr Anteil hat sich im Vergleich zur Vorjahresstudie nicht verändert. Von den Führungskräften sind sechs Prozent weiblich, von den Fachkräften 16 Prozent. Auch die Angleichung der Gehälter kommt nicht voran. Zurzeit verdienen Frauen in IT-Führungs- und -Fachpositionen zehn Prozent weniger als Männer. Voriges Jahr hatte die Differenz mit acht Prozent ihren bisher niedrigsten Stand erreicht.

Fachkräftemangel könnte zu höheren Gehältern für Frauen führen

Dass sich die Lage seither wieder verschlechtert hat, will Christian Näser daraus aber nicht ableiten. Weil der Frauenanteil so niedrig sei, habe die Veränderung von zwei Prozentpunkten geringe Aussagekraft. Ohnehin nimmt der Berater an, dass Frauen in der IT mittelfristig besser bezahlt werden. Dazu werde zum einen die kürzlich geführte Diskussion um Frauenquoten beitragen. Zum anderen werde den Frauen der Mangel an IT-Fachleuten in die Hände spielen - weil IT-Experten fehlten, müssten sich Firmen stärker um Mitarbeiterinnen bemühen. "Die Diskussion ist in Gang und wird etwas bewegen", sagt Näser.