Das Urteil der Marktforscher

Wie Wearables die Unternehmen verändern

31.01.2014 von Jürgen Hill
Für viele könnten Wearables das nächste große Ding sein, das nach Tablets und Smartphones der IT-Industrie Umsatz bringt. Noch wichtiger ist ein anderes Aspekt: Wearables könnten die Unternehmensprozesse noch stärker verändern als der ByoD-Trend.
Fitte Mitarbeiter als Sparpotenzial? Mit Wearables, die Vitalfunktionen erfassen, können Unternehmen in Zukunft in einigen Ländern die Kosten für die Krankenkassenprämien senken.
Foto: Zephyr

Auf der Suche nach dem nächsten großen Ding das der Elektronikindustrie in den nächsten Jahren Umsätze beschert, zeichnet Andreas Gentner, Partner und Leiter TMT EMEA bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte einer eher düsteres Bild: Die Klassiker wie PCs, TVs, Konsolen, Smartphones und Tablets werden, so die "Deloitte TMT Predictions", die nächsten zehn Jahre stagnieren. Hoffnung geben dagegen die Wearables, die in den Augen von Gentner schon heute für milliardenschwere Umsätze gut sind. Für 2014 rechnet man bei Deloitte damit, dass der weltweite Umsatz mit diesen Produkten die fünf Milliarden Dollar-Grenze überschreitet.

Und dabei sind Wearables, so Forrester-Analyst J. P. Gownder in dem Bericht "The Enterprise Wearables Journey" kein reines Consumer-Phänomen. Vielmehr hätten sie das Potenzial, die Art und Weise wie Unternehmen arbeiten komplett zu verändern. Die Auswirkungen müssen sich dabei nicht gleich auf ganze Prozessketten erstrecken, sondern können auch nur einzelne Bereiche betreffen - etwa die Gesundheitsfürsorge im Unternehmen.

So zeigt Gownder exemplarisch in der Forrester-Analyse "Building A Fitter Business With Wearables" wie etwa "Quantified Selfs" - so heißen die Smartwatches und mit Sensoren bestückte Armbänder und Ähnliches für Fitness- und Gesundheitsbewusste - für Unternehmen einen Mehrwert haben. In Berufen mit hohen körperlichen Belastungen während des Einsatzes - etwa bei der Feuerwehr oder der Polizei - könnten so die Vitalfunktionen kontrolliert werden, um schädigende Überlastungen zu vermeiden. Aber auch ganz allgemein könnte sich der Einsatz solcher Quantified Selfs für die Unternehmen auszahlen, wenn sie etwa für sportlich aktive Mitarbeiter geringere Prämien für die Krankenversicherung zahlen müssten, so Gownder weiter.

Epson Moverio BT-200
Epson hat seine Cyberbrille verbessert und hofft nun auf Anwendungen für den Moverio Apps Market.
Netatmo JUNE
Nie wieder Sonnenbrand: In dem Schmuckstück steckt ein Sensor, der die über den Tag konsumierte UV-Menge Dosis misst und bei drohender Überdosis Alarm schlägt.
Sony Core Wristband
Gewöhnungsbedürftig: Das Sony-Gadget zeichnet über die „Lifelog“-App auf dem verbundenen Sony-Smartphone sämtliche Aktivitäten des Nutzers auf.
Sony Core Wristband
Der Träger (und möglicherweise die NSA?) weiss später genau, wann er wo unterwegs war, welche Musik er gehört hat und welche Fotos er dort geschossen hat.
CSR Bluetooth Smart Jewellery
Noch ein Prototyp: Der Modeschmuck von CSR kann via Bluetooth mit dem iPhone gekoppelt werden und informiert anschließend per LED-Blinklicht über eingegangene Nachrichten etc.
Kronoz SmartWatch
Swatch meets Smartwatch scheint die Devise des Schweizer Hersteller Kronoz zu sein.
Oculus Rift HD-Prototyp
CES-Besucher beim Test des Spiels „EVE: Valkyrie“ mit der verbesserten VR-Brille Oculus Rift HD am Intel-Stand.
Pebble Steel
Mit einem Metallgehäuse und einem ordentlichen Armband sieht die Pebble-Smartwatch schon ganz manierlich aus.
Martian Watch
Die Uhren des hierzulande noch unbekannten Smartwatch-Herstellers Martian sind relativ dezent...
Martian Watch
...warten jedoch mit interessanten Features wie Sprachsteuerung...
Martian Watch
...und konfigurierbaren Vibrationsalarm auf.

Wearables können sowohl in der realen als auch der virtuellen Arbeitswelt für mehr Effizienz sorgen.
Foto: Forrester Research

Allerdings ist dies ein Szenario, das sich so aufgrund der unterschiedlichen Gesundheitssysteme sicherlich nicht Eins zu Eins auf jedes Land übertragen lässt. Zumal Gownder bezweifelt, dass sich der ByoD-Trend, wie wir ihn bei Tablets und Smartphones erlebt haben, in dieser Form bei den Wearables wiederholt. Forrester-Analyst Gownder ist vielmehr überzeugt, dass sich hier vom Unternehmen bereitgestellte Devices durchsetzen, da diese besser auf das jeweilige Einsatzgebiet angepasst seien als Consumer Devices. Und dabei ist der Einsatz nicht nur auf das Gesundheitswesen beschränkt, sondern betrifft alle Bereich wie etwa die Logistik. die Entwicklung, die Wartung oder den Außendienst.

Der Siegeszug der Wearables im Enterprise wird Gownder zufolge rund ein Jahrzehnt dauern. Bis 2016 rechnet er nur mit ersten Pilotanwendungen, bevor das Thema dann zwischen 2017 und 2019 den Mainstream erreicht. Zwischen 2020 und 2024 würde ihre Verwendung dann zum Unternehmensalltag gehören. Dennoch, so warnt Gownder, sei diese lange Zeitspanne kein Grund für die IT-Abteilungen sich auszuruhen. Vielmehr müssten sie bereits heute beginnen, zu prüfen, wo ihre Software auf die Verwendung dieser neuen Art von Sensoren und Eingabegeräte anzupassen ist.

Vuzix M100
Reparatur und Wartung sind neben der Lagerarbeit ein starker Fall für Smart Glasses wie die Vuzix M100. Die Brille nimmt dabei nicht nur wichtige Informationen auf, sondern vermittelt dem Fachmann auch solche.
Vuzix M100 II
Die Datenbrillen zeigen den Mitarbeitern die Position der gesuchten Ware im Lager.
Vuzix M100 III
Die entsprechende Software für die Datenbrillen hat beispielsweise SAP entwickelt.
Marktaussichten
Noch sind Sport-und Fitness-Tracker ganz weit vorn im Wearable-Markt. ABI Research zufolge werden sich bis 2017 aber Smartwatches an die Spitze drängen. Der Gesamtmarkt soll sich bis 2018 ungefähr verzehnfachen
Hands free
Ob im Warenlager, bei der Kommissionierung oder Wartung von Maschinen, erlauben Smart Glasses das freihändige Arbeiten....
Hands free II
SAP hat mit Brillen von Google und Vuzix schon entsprechende AR-Lösungen vorgestellt.
Google
Im Ausland kann sich beim Lesen von Straßenschildern die Übersetzungshilfe von Google Glass bezahlt machen. Gleiches gilt natürlich auch im Lager. Denn Postsprache ist immer noch Französisch.
Google II
Google Glass ist noch gar nicht auf dem Markt, dennoch wurden wie hier von Onoffre Consulting am brasilianischen Instituto Lubeck schon mehrere OPs damit geführt, oft über Hunderte von Kilometern.
Google III
Ein Szenario, das Google für die eigenen Smart Glasses mit integriertem GPS aufzeigt, ist die Navigation einschließlich Anzeige von Mautstellen.
Metaio
AR-Spezialist Metaio hat im September 2013 die erste interaktive Bedienungsanleitung auf Google-Glass-Basis mit neuer 3D-Tracking-Technologie vorgestellt.
Metaio II
Vorläufer der Metaio-Lösung ist die eKurzinformation für Audi.
Navigationsjacke
Ein australisches Unternehmen namens We:Ex (Wearable Electronics) hat unter anderem diese Navigate Jacket entwickelt, welche die Trägerin über optische und haptische Signale sicher zum Ziel führen soll.
BioHarness
Zephyrs Bioharness 3 wird zusammen mit dem PSM Responder ECHO im amerikanischen Profisport zu Trainingszwecken eingesetzt.
Smartwatches
Smartwatches wie die Samsung Galaxy Gear, Sony Smartwatch 2, Pebble und Co. werden meist als reine Consumer-Gimmicks gesehen. Gepaart mit Health oder Fitness Tracking wird daraus aber auch schnell ein B2B-Fall.
Adidas MiCoach
Dieses MiCoach genannte System von Adidas wird unter anderem zum Training der deutschen Fußballmannschaft im Vorfeld der WM 2014 in Brasilien eingesetzt.
Zeiss Cinemizer Oled
Zeiss Bajohr Lupenbrille
Die 3D-Brillen von Zeiss werden unter anderem als Ablenkung bei Angstpatienten eingesetzt.