QR-Code in der Großküche

Wo BYOD sinnvoll ist

01.10.2013 von Christiane Pütter
Wenn die Restaurant-Kette Tony Roma eine neue Küchenmaschine anschafft, klebt ein QR-Code daran. Ruft ein Mitarbeiter diesen über sein Smartphone ab, sieht er einen Film, der die Bedienung der Maschine erklärt. Ein Beispiel für ungewöhnliche BYOD-Nutzung.

In der IT-Szene drehen sich BYOD-Diskussionen (für "Bring your own device") meist um Bürohengste und Vertriebler im Außendienst. Dem Auftritt Gigaom.com ist das wohl zu wenig. Unter dem Titel "Enterprises find some valuable (and kinda awesome) uses für employees’ smartphones" präsentiert die Site Beispiele ungewöhnlicher BYOD-Nutzung.

Der vielleicht skurrilste Fall ist der der Restaurant-Kette Tony Roma. Diese hat in ihren Großküchen neue Schneidemaschinen für Fleisch angeschafft. Statt individueller oder gruppenweiser Schulung der Mitarbeiter prangt ein QR-Code auf der Wand neben der Maschine. Wer erstmals damit arbeitet, soll sein Smartphone zücken und nach Code-Abruf einen Film mit einer Bedienungsanleitung ansehen. "Unsere Trainings-Maßnahmen sollen die Leute dort abholen, wo sie stehen", erklärt Jessie Bray, Vice President Training und HR bei Romacorp.

Stolpersteine bei BYOD
Der Trend, wonach Mitarbeiter ihre eigenen Geräte mit ins Büro bringen (BYOD = Bring your own device) bietet viel Gesprächsstoff. Unsere US-Schwesterpublikation cio.com benennt zwölf unbequeme Aspekte, die Entscheider bedenken müssen.
BYOD als Kostenfalle
E.T. hieß der kleine Außerirdische, der in Steven Spielbergs Film ständig nach Hause telefonieren wollte. Sieht das BYOD-Programm einer Firma vor, dass diese für alle Kosten eines auch privat genutzten Telefons aufkommt, kann es teuer werden. Mitarbeiter könnten Freunde anrufen, die gerade als Backpacker in Australien sind, oder die Erbtante in Kalifornien ...
Recht und Gesetz
Jedes Unternehmen braucht eine Policy für den Umgang mit BYOD. Bei der Erarbeitung derselben müssen Juristen mit am Tisch sitzen. Zu groß ist die Gefahr, dass Policies und Richtlinen vom gesetzlich vorgeschriebenen Datenschutz abweichen.
Produktivität
Bei manchen Mitarbeitern verschieben sich die Grenzen zwischen dienstlicher und privater Nutzung ein- und desselben Gerätes sehr zugunsten des Privaten. Das heißt: Sie sind immer öfter auf Facebook unterwegs oder spielen Angry Birds. Die durch BYOD erhoffte Produktivitätssteigerung kann ins Gegenteil umschlagen.
Das Problem Cloud
Bei Anwendern sehr beliebt, bei CIOs aber gar nicht sind Services wie Dropbox. Kein IT-Chef kann vermeiden, dass Mitarbeiter Bilder einer wichtigen Präsentation in Dropbox aufbewahren. Das gilt auch für sehr sensible Daten, die das Unternehmen "eigentlich" nicht verlassen sollten.
Das Reporting der Kosten
Wer den Auftrag für ein BYOD-Programm erhält, von dem wird erwartet, dass er über Kostensenkungen berichten kann. Dass das nicht immer zutrifft, zeigen Studien des US-Marktforschers Aberdeen. Die Kosten für mobile BYOD können um bis zu 33 Prozent über denen liegen, die unternehmenseigene Handhelds verursachen.
Die Gefahr Text Messaging
Glaubt man cio.com, stellt der Diebstahl geistigen Eigentums per Text Messaging ein ernstes Problem dar. Auf diese Weise sei der Diebstahl kaum zu tracken. Wollen sich Mitarbeiter bei der Konkurrenz nützlich machen, arbeiten sie zunehmend über diesen Weg.
Nicht gemeldete Geräteverluste
Theoretisch stellen verlorene Geräte kein großes Problem dar - per Fernzugriff werden die Daten gelöscht. Faktisch aber verlegen Menschen ihre Handhelds ständig. Wenn es sich dabei um ein auch privat genutztes Gerät handelt, werden sie sehr lange suchen, bevor sie der IT-Abteilung einen Verlust melden. Im Falle wirklich verlorener Gadgets bekommen potenzielle Finder, wenn sie das Gerät knacken wollen, einen zeitlichen Vorsprung.
Streitfall I: Privatsphäre
Eine vernünftige BYOD-Policy regelt den Umgang mit privaten Daten auf den auch dienstlich genutzten Handhelds. Die Anwender müssen über diese Punke genaustens aufgeklärt werden. Im schlimmsten Fall enden Streitigkeiten vor Gericht.
Streitfall II: Arbeitszeit
Eine der großen Schwierigkeiten bei BYOD besteht in der Regelung der Arbeitszeit. Wann muss ein Arbeitnehmer verfügbar sein, wann muss er kontrollieren, ob er auf dem Gerät dienstliche Mails erhalten hat, und wann hat er frei - möglicherweise kommen auf Firmen, die BYOD praktizieren, Rechtsstreitigkeiten zu.
Die Frage des Vertrauens
Eine der Ideen hinter BYOD war, die Arbeitswelt angenehmer zu machen. Jetzt zeigt sich allerdings, dass BYOD zu Misstrauen führen kann. BYOD fördert Spekulationen über böse Absichten von Mitarbeitern oder Kollegen.
"Untote" Geräte
Es gab Fälle, in denen Angestellte die - komplett von der Firma bezahlten - Geräte zu exzessiv privat nutzten. Die Unternehmen sammelten die Handhelds ein und deponierten sie in irgendeiner verschlossenen Schublade - vergaßen aber, den Vertrag mit dem Anbieter zu kündigen und zahlten weiter.
Unerwünschte Nutzer
Der Super-Gau in puncto BYOD: Ein Mitarbeiter lässt sein Gerät mit hochsensiblen Daten im Café liegen - und ein ehrgeiziger Journalist findet es. Die Folgen für den Ruf des Unternehmens können verheerend sein.

Ein weiteres Beispiel liefert Mitsubishi Electric. Die Kundendienstler des Unternehmens können auf eine App zugreifen, die ihnen Schritt für Schritt Anweisungen gibt. Der sogenannte Maintenance Assistant arbeitet mit Augmented-Reality-Elementen und soll dem Techniker während der Arbeit die Probleme an dem jeweiligen Gerät erklären. Konkret: Der Monteur sieht das Gerät auf seinem Display und die App zeigt über blaue Pfeile oder rote Kringel an, wo etwas repariert oder erneuert werden muss. Mitsubishi geht davon aus, dass es irgendwann überhaupt keine Handbücher mehr geben wird, sondern nur noch solche Real-time Assistenten.

Um den Endverbraucher sollen sich Mitarbeiter der Standard Bank von Südafrika kümmern. Die Bankberater heißen "Access Agents" und melden sich mittels App über ihr eigenes Smartphone an den IT-Systemen an, um ein Bankkonto für den Kunden zu eröffnen. In Afrika sind die Wege oft lang - die Standard Bank will auf diesem Weg auch Kunden gewinnen, die bisher noch keinen Zugang zu Bankdienstleistungen hatten. Ein Jahr nach Einführung des neuen Konzepts hatte das Geldinstitut nach Angaben von Partner SAP rund 550.000 neue Kontoinhaber in Südafrika gewonnen.

Diese Beispiele hat Ollie Benn gesammelt. Er ist Vice President Marketing bei Zenput, einem Anbieter von Lösungen für das Management mobiler Daten. Nicht jeder schließt sich seinem Jubel an. Kritische Töne gibt es etwa von einem Gigaom.com-Leser namens "DEC": "Wenn BYOD für Unternehmen so wertvoll ist, dann sollten sie für die Geräte auch zahlen!"

BYOD ist kein vorübergehender Trend, sagt Gartner

Leif-Olof Wallin, Research Vice President beim US-Marktforscher Gartner, beobachtet, welch unterschiedliche Positionen beim Thema BYOD vertreten werden. So gebe es den engagierten CIO, der BYOD aktiv vertrete, ebenso wie den, der BYOD in seinem Unternehmen leugne – was Wallin für gefährlich hält. IT-Chefs müssten auf jeden Fall Policies aufstellen und Verantwortlichkeiten klären. Es sei nun einmal eine Tatsache, dass Mitarbeiter eigene Geräte mit in die Firma bringen. Wallin hält das nicht für einen vorübergehenden Trend.

So sieht es auch ein Gigaom-Leser mit dem Online-Namen "Dracula". Er zählt zu den BYOD-Befürwortern und schreibt, Unternehmen könnten heutzutage eben nicht mehr mit Methoden von gestern arbeiten. Eine Nutzerin namens "Sweeney May" stimmt zu. Sie kommentiert, Smartphones seien die Zukunft im Unternehmenseinsatz.