Länder und Gründe

Wo und warum Deutsche im Ausland arbeiten wollen

28.10.2014 von Christiane Pütter
Arbeitnehmer würden nicht unbedingt aus Karrieregründen ins Ausland wechseln. Sie wollen lieber Erfahrungen sammeln, so eine Studie der Boston Consulting Group.

Der Spruch vom "global village" scheint zu greifen: Weltweit gesehen sind fast zwei Drittel der Arbeitnehmer (64 Prozent) grundsätzlich bereit, für einen Job ins Ausland zu gehen. Das zeigt die Studie "Decoding Global Talent", für die die Boston Consulting Group mehr als 200.000 Arbeitskräfte aus 189 Ländern befragt hat.

Traumziel bleibt der Westen. Platz Eins der Auswanderungswünsche sind die USA. Gut vier von zehn Befragten insgesamt (42 Prozent) zieht es dort hin. Es folgen Großbritannien und Kanada mit 37 beziehungsweise 35 Prozent. Auf Platz vier liegt mit 33 Prozent der Nennungen Deutschland.

Boston Consulting Group (BCG) "Decoding global talent" -
Wegen der Arbeit ins Ausland
In der Studie "Decoding global talent" dokumentiert die Boston Consulting Group (BCG), wo Menschen wegen der Arbeit hingehen würden und warum. Die Analyse basiert auf Angaben von mehr als 200.000 Arbeitnehmern aus 189 Ländern.
Beliebteste Länder
Einwanderungsziel Nummer Eins sind nach wie vor die USA. Es folgen Großbritannien und Kanada.
Beliebteste Städte
Richtet sich der Blick nicht auf die bevorzugten Einwanderungsländer, sondern Städte, führt London vor New York und Paris. Berlin rangiert immerhin auf Platz sechs.
Ziele der G 20
Grundsätzlich gilt, dass Menschen aus den Industrienationen vor allem aus persönlichem Interesse ins Ausland gehen. Sie interessieren sich für eine andere Kultur oder wollen ihren Horizont erweitern. Menschen aus wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern versprechen sich dagegen vor allem einen höheren Lebensstandard.
Blick nach Deutschland
Nicht die USA, sondern die Schweiz ist das begehrteste Arbeitsland der Deutschen. In die Bundesrepublik kommen vor allem Arbeitnehmer aus dem vormaligen Jugoslawien.
Was Deutsche am Ausland fasziniert
Eine andere Kultur zu erleben und den eigenen Horizont zu erweitern, nennen Deutsche als wichtigste Motive für den Gang ins Ausland. Als Karrieresprung sehen das dagegen nur 27 Prozent - im Durchschnitt sind es 59.
Was deutsche Arbeitnehmer bindet
Wer seine deutschen Arbeitnehmer im Land und im Unternehmen halten will, muss für ein gutes Betriebsklima sorgen und ihre Leistung anerkennen. Das Gehalt spielt für Deutsche bereits die drittwichtigste Rolle. Im weltweiten Durchschnitt steht es nur auf Rang acht.

Das spiegelt sich in den deutschen Auswanderungswünschen anders wider. Die Bundesbürger wollen vor allem in die Schweiz (37 Prozent) und erst dann in die USA (35 Prozent) oder nach Großbritannien (33 Prozent). Insgesamt zeigen sich deutsche Befragte weit unterdurchschnittlich mobil - lediglich 44 Prozent können sich Arbeiten im Ausland grundsätzlich vorstellen.

BCG wollte wissen, was deutsche Auswanderungswillige motiviert. Zwei Drittel reizt einfach die Erfahrung, in einer anderen Kultur zu leben (66 Prozent gegenüber 54 Prozent der Nennungen weltweit).

Deutsche sehen Auslandsaufenthalt nicht als Karrieresprung

Deutsche wollen ihren persönlichen Erfahrungshorizont erweitern (63 Prozent/65 Prozent), Berufserfahrung sammeln (61 Prozent/65 Prozent) oder sich einer Herausforderung stellen (61 Prozent/53 Prozent). Das Erlernen einer neuen Sprache steht mit 46 Prozent (global: 47 Prozent) nicht im Vordergrund, auch nicht der Aufbau neuer Netzwerke (43 Prozent/45 Prozent). Vor allem sehen Deutsche im Auslandswechsel offenbar keine Karrierechance, denn dieses Motiv nennen lediglich 27 Prozent - im deutlichen Gegensatz zu den 59 Prozent aller Befragten.

Gehalt und flexible Arbeitszeitmodelle

Die Studienautoren sind noch weiter in die deutschen Befindlichkeiten eingestiegen. Dabei zeigen sich noch mehr Abweichungen vom globalen Durchschnitt. So gilt das Gehalt bei den Deutschen als das drittwichtigste Kriterium im Job - weltweit steht es nur an achter Stelle. Dass die Arbeit interessant ist und die eine oder andere Herausforderung birgt, setzen die Deutschen auf Platz fünf und sechs. Im Schnitt rangieren diese Punkte erst an neunter und zwölfter Stelle.

Offenbar sind deutsche Arbeitnehmer überdurchschnittlich stark an flexiblen Arbeitsmodellen interessiert. Dieser Faktor zählt bei ihnen noch zu den Top Ten. Im Durchschnitt erreicht er nur Platz 23.

Weitgehend einig sind sich die Deutschen mit dem Rest der Welt aber darin, dass ein gutes Verhältnis zu den Kollegen sowie Anerkennung für ihre Leistung am wichtigsten sind.

Wer gerne in Deutschland arbeiten möchte

Soviel zum Thema "Raus aus Deutschland". Die Boston Consulting Group wollte auch wissen, welche ausländischen Arbeitnehmer ins Land kommen. Attraktiv ist die Bundesrepublik vor allem für Bewohner des ehemaligen Jugoslawien. Bosnien/Herzegowina und Serbien stehen auf den ersten beiden Plätzen vor Tunesien, Kroatien und Rumänien. Es folgen Bulgarien, Slowenien und die Niederlande. Tschechien und Mexiko schließen die Top Ten ab.

London vor New York und Paris

Ändert sich die Fragestellung nach Auswanderungszielen von Ländern auf Städte, liegt London vor New York und Paris. Berlin rangiert hinter Sidney und Madrid auf Platz sechs.

Grundsätzlich bestätigt die Studie einen Zusammenhang zwischen Wirtschaftsstärke und Auswanderungsmotivation.

Interessante neue Erfahrungen und Ziele suchen deutsche Arbeitnehmer vor allem in Ländern, die ökonomisch vergleichsweise gut dastehen.

Menschen aus weniger entwickelten Ländern verlassen die Heimat deswegen, weil sie sich einen besseren Lebensstandard und bessere berufliche Perspektiven erhoffen.