Familie leidet

Zu viel Stress durch Geschäftsreisen

11.08.2011 von Andreas Schaffry
Europäische Manager stellen den Nutzen von Geschäftsflügen mit dem Flugzeug in Frage, klagen über den hohen Zeitaufwand und zu viel Stress. Gleichzeitig sind sie 2011 mehr unterwegs als je zuvor.
Manager klagen über zu viel Stress durch Geschäftsreisen. Trotzdem wollen 2011 mehr als 60 Prozent ihre Reiseaktivitäten noch ausweiten.
Foto: Polycom, Coleman-Parkes

61 Prozent der europäischen Manager wollen in diesem Jahr mehr geschäftliche Flüge absolvieren als 2010. Nur ein Drittel hat vor, weniger Geschäftsreisen durchzuführen als im Vorjahr. Im Schnitt unternahmen sie im Jahr 2010 aus geschäftlichen Gründen sieben bis acht Inlandsflüge und sechs bis sieben internationale Flüge. Inlandsflüge von Flughafen zu Flughafen dauerten im Mittel 3,6 Stunden und Flüge ins Ausland 6,3 Stunden.

Drei Wochen und mehr unterwegs

In Summe waren 29 Prozent der europäischen Führungskräfte im Jahr 2010 drei Wochen und mehr außerhalb des Büros auf Geschäftsreisen unterwegs, ein Viertel eine bis zwei Wochen. 46 Prozent waren eine Woche und weniger unterwegs. Zu diesen Ergebnissen kommt eine vom britischen Marktforscher Coleman Parkes im Auftrag von Polycom, einem Anbieter von Video-Konferenz-Systemen, europaweit durchgeführte Umfrage.

Über die Hälfte der Führungskräfte in europäischen Firmen fehlen pro Jahr wegen Reisen mehr als eine Woche im Büro.
Foto: Polycom, Coleman-Parkes

Besonders französische Manager unternehmen mit dem Flugzeug ausgedehnte Geschäftsreisen. Von diesen waren 48 Prozent länger als drei Wochen unterwegs. Dagegen verließen nur 18 Prozent der deutschen Führungskräfte ihren Arbeitsplatz für drei Wochen und mehr. Immerhin achten Führungskräfte bei ihren Flugreisen auf die Kosten: 82 Prozent gaben an, dass sie bei Flügen ins Ausland die Economy-Klasse buchen, nur 18 Prozent gönnen sich die Business-Klasse.

Flug zu spät, Meeting verpasst

Um an regelmäßigen Meetings im Inland teilzunehmen, reisen europaweit nehmen 51 Prozent der Manager per Kurzstreckenflug an. Allerdings gibt es hier zwischen den untersuchten Ländern deutliche Unterschiede. Während es von den deutschen Managern nur 30 Prozent tun, sind in Russland 77 Prozent auf diese Weise unterwegs. In Frankreich sind es 53 Prozent und in Großbritannien 41 Prozent.

Insgesamt 36 Prozent der Manager gaben zudem an, dass sie bei ein bis vier geplanten Meetings aufgrund von Flugverzögerungen zu spät kamen. Von den deutschen Führungskräften waren es sogar 46 Prozent, während britische Manager dagegen meist pünktlich waren. Von diesen kamen nur 17 Prozent zu spät. Aufgrund einer Flugverspätung haben 15 Prozent der europäischen Manager im letzten Jahr sogar zwischen einer und vier Besprechungen verpasst.

Papa auf Reisen, Familie leidet

Obwohl europäische Manager in diesem Jahr mehr Business-Flüge machen: Sie empfinden diese als stressig und sehen darin keinen wirklichen Nutzen für ihre Firma.
Foto: Polycom, Coleman-Parkes

Die Umfrage befasste sich auch damit, wie sich Geschäftsreisen auf die Lebensqualität von Führungskräften auswirken. So klagte über ein Viertel der Befragten über flugbedingten Stress. Ebenso hat die Reisetätigkeit der Manager einen negativen Einfluss auf deren Familienleben. Jeweils zehn Prozent haben deswegen schon einmal den Hochzeitstag oder den Geburtstag ihres Kindes verpasst. Jeweils 15 Prozent waren am Geburtstag ihrer Frau oder des Lebenspartners nicht daheim oder konnten deswegen nicht an einem Familienfest teilnehmen.

Nutzen von Geschäftsreisen fraglich

36 Prozent bezweifeln außerdem, dass Geschäftsreisen ihrem Unternehmen besonderen Nutzen bringen. Ein Drittel der Befragten ist der Auffassung, dass sie bei vielen Meetings nicht vor Ort sein müssen. Diese könnten ebenso gut als Videokonferenz durchgeführt werden. Und 45 Prozent sind davon überzeugt, dass ihre Firma durch den Einsatz eines Videokonferenz-Systems viel Geld sparen würde.

Im Rahmen der Studie hat Coleman Parkes Führungskräfte aus Unternehmen verschiedener Branchen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern in Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Russland befragt. Zu den befragten Managern zählten Marketing-, IT- und Vertriebsverantwortliche wie auch COOs, Direktoren und Senior-Berater.