IT-Support nicht billiger

4 Mythen über Self Services am Helpdesk

27.09.2010 von Nicolas Zeitler
Selbsthilfe-Portale ersparen der Hotline Arbeit. Dass sie aber immer Geld sparen, ist ein verbreiteter Irrglaube. Gartner widerlegt drei weitere Behauptungen.
Bis zu 40 Prozent aller Probleme am PC könnten Anwender ohne Anruf bei der Hotline über ein Portal selbst lösen, schätzen die Marktforscher von Gartner. Bisher setzen IT-Abteilungen aber nur zögerlich aufs Konzept der Selbstbedienung.
Foto: MEV Verlag

Wer sein Passwort vergessen hat, ruft nicht die Hotline an. Stattdessen ordert er eigenständig ein neues: Selbstbedienung am Helpdesk entlastet die IT-Abteilung von Support-Aufgaben. Gut konzipiert, kann sie sogar Mitarbeiter zufriedener machen, beobachtet Gartner. Das amerikanische Marktforschungs- und Beratungsunternehmen bezeichnet den Ansatz daher als "großartiges Konzept" - das allerdings bisher kaum genutzt werde.

Nur fünf Prozent aller Anfragen an den Helpdesk erledigen Mitarbeiter der Kundenunternehmen von Gartner bisher per Selbstbedienung. Auf diesem Weg regeln ließen sich nach Einschätzung von Gartner allerdings bis zu 40 Prozent der Anfragen. Vor allem falsche Annahmen über die IT-Selbstbedienung verhinderten, dass mehr Firmen das Konzept einführten, schreiben die Berater David M. Coyle und Jarod Greene in ihrem Bericht "Addressing IT Self-Service Myths and Realities for Successful Implementations". Aus Gesprächen mit Kunden haben sie die vier größten Mythen gefiltert.

Mythos 1: IT-Selbstbedienung senkt automatisch Kosten

IT-Selbstbedienung macht Gartner zufolge weniger Support auf Stufe 1 nötig. Darunter verstehen die Marktbeobachter Anfragen, die gewöhnliche Support-Mitarbeiter beantworten - auf der nächsthöheren Stufe arbeiten nach dieser Einteilung Desktop-Techniker, darüber hochspezialisierte Support-Kräfte, jeweils mit höheren Stundensätzen als die Mitarbeiter auf Stufe 1.

Auf anderen Ebenen als Stufe 1 kann das Selbstbedienungs-Prinzip den Support-Aufwand nicht verringern, so die Autoren des Gartner-Berichts. Von Support-Mitarbeitern an die IT-Anwender übertragen lassen sich ihrer Ansicht nach vor allem Anfragen zur Bedienung von Programmen, Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) oder wenn Mitarbeiter ihr Passwort zurücksetzen lassen wollen. Dass der Selbsthilfe-Ansatz bei komplizierteren Aufgaben Support-Arbeit und Geld spare, sei dagegen unwahrscheinlich. Außerdem dürften IT-Verantwortliche nicht vergessen, dass es Geld koste, einen Selbstbedienungsladen einzurichten und am Laufen zu halten - bereitstellen müsse man unter anderem Werkzeuge für Wissens-Management und zum Rücksetzen von Passwörtern. Richtig sei also allenfalls die Aussage: IT-Selbstbedienung kann Geld sparen.

Mythos 2: IT-Selbstbedienung kostet nur einmal Geld

Content Management und ständige Werbung bei den Anwendern für die Selbstbedienung am Helpdesk fressen laut den Autoren des Gartner-Berichts Zeit und Geld. Laufend müsse die IT-Abteilung die Anfragen auswerten, um herauszufinden, wo die Anwender der Schuh drückt. In Umfragen müsse man ermitteln, ob sie im Selbstbedienungs-Portal alles finden, was sie suchen, und ob die dort abrufbaren Anleitungen ihnen helfen.

Damit die Mitarbeiter das Angebot überhaupt annehmen, raten die Gartner-Experten, jeden neu Eingestellten darauf hinzuweisen und in Unternehmensanwendungen an den Stellen Hyperlinks zum Selbsthilfe-Portal zu setzen, an denen Anwender besonders oft Probleme haben. Nicht zu unterschätzen ist nach Erfahrung von Gartner der Aufwand, die Anleitungstexte im Portal aktuell zu halten.

Mythos 3: Alle Anwender sind heiß auf IT-Selbsthilfe

Wer erwartet, dass Anwender seinem Selbstbedienungs-Portal sofort nach Eröffnung die Türen einrennen, wird laut Coyle und Greene enttäuscht sein. Die Erfahrung zeige, dass eine solche Plattform im ersten Jahr ihres Bestehens meist nur spärlich genutzt werde.

Anwendern Support-Kosten vor Augen führen

Ob Mitarbeiter sich überhaupt für das Konzept begeistern lassen, hänge von ihrem Verhältnis zur Technik ab. Ein Ingenieur sei eher bereit, selbst die Lösung eines Computer-Problems anzustoßen als ein Angestellter, der grundsätzlich mit dem Rechner auf Kriegsfuß stehe, geben die Gartner-Berater zu bedenken.

Sie nennen einen Schalthebel, um mehr Mitarbeiter dazu zu bewegen, das Selbsthilfe-Portal zu nutzen. Vielen sei bisher nicht bewusst, welche Kosten ihre Aufträge an den IT-Support nach sich ziehen. Ob sie Anfragen per Mail, Telefon, Chat oder eben im Selbstbedienungs-Portal stellen: Hauptsache, ihnen wird schnell geholfen. Die IT-Abteilung müsse den Kollegen deutlich machen, dass eine Anfrage in einer simplen Angelegenheit im Selbsthilfe-Portal am wenigsten kostet.

Mythos 4: IT-Selbsthilfe ist leicht zu installieren

Eröffnet die IT-Abteilung ein Portal, in dem Mitarbeiter einfache IT-Probleme selbst lösen sollen, muss darin alles stimmen. Es sei schließlich nicht Aufgabe womöglich technikferner Angestellter, sich durch unverständliche Anleitungen zu wühlen oder in unstrukturiert aufgebauten Portalen nach der richtigen Information zu suchen.

Grundlage jedes IT-Selbsthilfe-Konzepts sind laut Gartner daher zwei Module. Zum einen brauche man ein Tool fürs Wissens-Management. Artikel müssten verschlagwortet und so angelegt werde, dass sie leicht zu finden sind. Zwingend sei außerdem ein Werkzeug zum Rücksetzen von Passwörtern. In 20 bis 30 Prozent aller Anfragen an IT-Helpdesks gehe es darum, dass Nutzer ihr Passwort vergessen haben. Würden die Support-Mitarbeiter nur von dieser Aufgabe entlastet, lasse sich die Flut der Anfragen schon spürbar senken.