Jetzt auch noch HR-Manager und COO

4 neue Rollen für den CIO

27.04.2012 von Werner Kurzlechner
Firmen-Netzwerke werden zur Gewinnressource, so Ovum - was laut den Analysten für den CIO neue Aufgaben bedeutet. Ohnehin habe der IT-Chef den schwersten Job.
Mit Smartphones wirken nicht nur Menschen clever. Intelligenz ist auch vom Netzwerk gefragt.
Foto: MEV Verlag

Wenn man schwer gefordert und vielleicht für einen Moment sogar einen Tick überfordert ist, hört man ganz gerne, dass man aber auch wirklich eine schwere Aufgabe zu erfüllen habe. IT-Chefs bekommen diese Art der Bestätigung aktuell von David Molony, Analyst bei Ovum. „In heutigen Unternehmen hat der CIO den schwersten Job“, sagt Molony. „Nie war der Druck größer, aus weniger mehr zu machen – sowohl von Seiten der Vorgesetzten als auch von den End-Usern.“ Die Spitze des Eisbergs sei allerdings noch längst nicht erreicht. „Die technologische Entwicklung wird den Druck auf die immer mehr belasteten CIOs nur noch weiter verstärken.“

Das klingt zwar nicht unbedingt nach einem prickelnden Mutmacher. Und doch wohnt wieder einmal einer schwierigen Konstellation eine Chance inne, gestärkt aus ihr herauszugehen. Molony führt dies in einer aktuellen Ovum-Studie aus, die sich mit dem Phänomen intelligenter Netzwerkeauseinandersetzt. Sie stellen nach Einschätzung des Analysten die Basis dar, auf der sichvier neue Rollen für den IT-Chef ergeben. Ovum ergänzt die Studie zudem um fünf Empfehlungen, wie den gravierenden Veränderungen begegnet werden sollte.

Anwender immer anspruchsvoller

Die technologische Entwicklung könne also auch heilsam für CIOs sein, so Molony weiter: „Ein gut gemanagtes Netzwerk kann ihnen dabei helfen, immer anspruchsvolle User zufriedenzustellen und die in der Chefetage gesteckten Business-Ziele zu erreichen.“ Die zentrale Herausforderung bestehe darin, das Bombardement aufs Netzwerk produktiv zu überstehen.

Zum einen gibt es – dank Smartphones, Tablets und anderen Mobile Devices – immer mehr Geräte, die aufs Netzwerk zugreifen. Konzepte wie Bring Your Own Device (BYOD), die das Einbringen privater Endgeräte am Arbeitsplatz fördern, forcieren diese Entwicklung. Zum anderen greifen die Mitarbeiter Daten aus einer wachsenden Zahl von Quellen ab – angeschoben selbstverständlich durch die unüberschaubar gewordenen Möglichkeiten im Internet und verbunden mit einem signifikanten Macht- und Mitsprachezuwachs auf Seiten der Mitarbeiter.

Ovum-Analyst David Molony: "Seien sie ehrlich in der Evaluierung des intelligenten Netzwerkes und fragen sie sich, ob es zum Wohle der Firma arbeitet."
Foto: Ovum

Auf die Unternehmens-IT hat das nach Ansicht Molonys zweierlei Folgen. Die Basisaufgabe des CIOS sei es, allen qualifizierten Mitarbeitern und Kunden überall und zu jeder Zeit Zugang zu den IT-Ressourcen zu ermöglichen und dabei den Gebrauch privater Endgeräte zu sichern, zu analysieren und priorisieren. „Mit weiter steigendem User-Demand kommt eine neue Kostendruck-Welle auf die Firmen zu, die neue Optionen fürs Budget-Management notwendig macht“, kommentiert der Analyst.

Provider, COO und Verteiler

Neben dieser vergleichsweise klassischen Aufgabe müssen CIOs sich laut Ovum aber auch darauf einstellen, dass das Netzwerk „intelligent“ und damit zur Gewinnressource wird. „Ein intelligentes Netzwerk hat die Fähigkeit, gemischten Anforderungen von End-Usern und Kunden zu entsprechen und Traffic von verschiedensten Zugangspunkten und über diverse Übermittlungskanäle zu managen“, führt Molony aus. Die Nutzer könnten sogar eigene Anwendungen entwickeln, die das Netzwerk automatisch managt und priorisiert. Zudem unterstütze ein intelligentes Netzwerk Distribution und Ressourcen-Verbrauch nach Bedarf, sei „business-ready“ und antizipiere künftige Anforderungen. Damit transformiere ein intelligentes Netzwerk aber auch die Rolle des CIOs – und zwar auf vierfache Weise.

1. Der CIO als Service-Provider: Künftig werde der CIO das Netzwerk wie ein virtueller Service-Anbieter betrachten, prognostiziert Ovum. Über vom Unternehmen bereit gestellte und lizenzierte Kunden-LANs und die eigene Service-Management-Architektur der Firma liefere der IT-Chef portionsweise die benötigte Infrastruktur. Aus Sicht es CIOs funktioniere das Netzwerk dann ähnlich wie ein Toolkit zur Anwendungsentwicklung. Intern würden verschiedenste Betriebssysteme und Features gemeinsam genutzt, zugleich sei das Netzwerk nach außen hin offen für Dienstleistungspartner, externe Anwendungsentwickler und die Kunden. Ovum glaubt Ansätze davon bereits jetzt in großen Unternehmen beobachten zu können.

2. Der CIO als COO: Der CIO muss sich dafür wappnen, bei Migration von der alten Architektur zum intelligenten Modell vorauszumarschieren. Laut Ovum ähnelt seine Rolle dabei der eines COO: angefangen bei der Verantwortlichkeit für die Transition und dem Steuern des Geschäftsprozesswandels, der von Unternehmensseite benötigt wird. So ermöglichten viele der neuen Kommunikationsdienste eine verstärkte Kollaboration innerhalb der Belegschaft. Dennoch bedürfe es oftmals spezieller Programme, um die Mitarbeiter tatsächlich zur Zusammenarbeit zu ermuntern. Das unterscheide sich nicht viel von Mitarbeiterschulungen für neu implementierte Software, so Molony. Allerdings werde der CIO in diesem Falle für den erzielten Return on Investment (ROI) und die gewachsene Nutzung der Applikationen in der Verantwortung stehen.

3. Der CIO als interner IT-Verteiler: Das Netzwerk gewinnt an Bedeutung – für die IT, den Einsatz von Cloud-Services und für die Kommunikation insgesamt. Bei Dienstleistungsentscheidungen werde es deshalb unerlässlich sein, alle Anbieter miteinzubeziehen – die Telekommunikationsdienstleister eingeschlossen. Überhaupt sei es kaum noch machbar, IT-Services und Netzwerk-Services getrennt voneinander zu betrachten. Erste Aufgabe des CIOs sei es daher, einen geeigneten Netzwerk-Partner zu finden. Molony meint damit einen Service-Provider, der IT-Ressourcen optimal so verteilen und umverteilen kann, dass sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort verfügbar sind. Glücklicherweise hätten die Anbieter in jüngster Zeit dafür Kapazitäten aufgebaut.

4. Der CIO als Personalmanager: Neben den Mitarbeitern der eigenen Abteilung müsse der CIO die technischen Skills im gesamten Unternehmen managen, so Ovum. Hinzu komme das Management von Nutzererwartungen – in einer Welt, in der das Kundenerlebnis die Wahrnehmung der Unternehmens-IT durch die Mitarbeiter mitpräge. Wegen der zunehmenden Zahl von nicht in den Büros präsenten Remote-Mitarbeitern habe sich der CIO ferner mit einer Reihe von Geräten und Methoden auseinanderzusetzen, die Zugang zu den IT-Ressourcen ermöglichen. Vor dem Hintergrund wiederum von Mitarbeiterwartungen und Personalstrategien kommt die Aufgabe hinzu, hier für eine sichere Nutzung der Geräte und des Netzwerkes zu sorgen.

5 Tipps von Ovum

Gefordert sei eine Zusammenarbeit mit der HR-Abteilung bei der Bewertung neuer Mitarbeiter sowie der Beurteilung des vorhandenen Personals im Hinblick auf einen angemessenen und effizienten Einsatz der IT. Unnötiges Kopfzerbrechen muss das den CIOs aber nicht bereiten, meint Molony. „Es wird ein Selbstbedienungsmodell für die Mitarbeiter geben, das nach Verbrauchererfahrungen gestaltet ist und bei dem Online-Support die bevorzugte Methode ist“, so der Analyst.

„Der CIO muss strategische Entwicklungen für das Unternehmen bereitstellen“, fasst Molony zusammen. „Das hängt ab von Rechnerleistung, Budgetflexibilität und der Kontrolle, die ein intelligentes Netzwerk bringen kann.“ Fünf Tipps für die IT-Chefs von morgen hat Ovum hierzu parat. Erstens sollten die Business-Anforderungen offen und direkt angegangen werden. Dabei sei beispielsweise nicht immer und für jeden Nutzer der höchste Level an Zugängen und Kontrollen nötig. Zweitens sollten Wege gesucht werden, stärker Chancen als Kosten in den Fokus zu rücken und die Unternehmensführung von der strategischen Bedeutung des Netzwerks zu überzeugen.

Drittens sollten Partnerschaften mit IT-Dienstleistern und Technologie-Anbietern mit neuem Leben erfüllt werden. Viertens sollte die IT-Abteilung auf neue Wege der Zusammenarbeit im Unternehmen vorbereitet werden. Das betrifft die Zusammenarbeit mit der Personalabteilung ebenso wie die benötigten Hilfestellungen für alle Wissensarbeiter. Der fünfte Ratschlag sei der wichtigste, so Ovum: „Seien sie ehrlich in der Evaluierung des intelligenten Netzwerkes und fragen sie sich, ob es zum Wohle der Firma arbeitet.“ Wenn der CIO selbst mit der Service-Qualität zufrieden sei, könne er davon ausgehen, dass es Mitarbeitern und Kunden nicht anders ergehe.

Die Studie „The Intelligent Network and the Future of the CIO” ist bei Ovum erhältlich.